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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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versonnen.
    John blickt beunruhigt auf.
„Aber es wäre besser, wenn DU es tätest. Du bist bekannt und hast Einfluss. Und
wer weiß, was einem Boten unterwegs zustoßen könnte. Zudem tagt das Parlament
in der nächsten Woche. Deine Ladung liegt schon seit fünf Wochen auf meinem
Tisch. Du kämst genau richtig, um endlich mal wieder daran teilzunehmen.“
    Malcom jedoch schüttelt
entschieden den Kopf. „Ich würde zu viel Aufsehen erregen. Im Nu wäre herum,
dass ich am Leben bin und am königlichen Gerichtshof war. ... Abgesehen davon
will ich Raymond und Joan nicht verlassen. Sie befinden sich in erheblicher
Gefahr, selbst hier hinter diesen Mauern. Percy wird alles daransetzen, eine
Anklage gegen seine Familie zu verhindern. ... Ich will nicht noch einmal zu
spät kommen.“ Schwermütig lehnt er die Stirn gegen die Hand seines aufgestützten
Armes. „Sie haben uns bereits ins Auge gefasst.“
    John scheint verwirrt.
„Inwiefern?“
    „Joan und ich saßen über zwei
Monate in einem Kerker auf Northmoor Castle fest und warteten vergeblich auf
unsere Auslöse. Eine Lösegeldforderung scheint dich nie erreicht zu haben. ...
Ich kann da nicht mehr an ein Missgeschick glauben.“ Sorgenvoll fährt er sich
mit beiden Händen übers Gesicht. „Eines hatte es wenigstens für sich. Denn der
Herr fügte es, dass auch Ray dort einsaß und Joan ihn entdeckte.“
    John ist auffällig still
geworden, fährt gedankenvoll mit einem Finger über die Holzmaserung der Tafel.
Dann nickt er bedächtig. „Und wen beabsichtigst du, zu schicken?“ Auf Malcoms
wortloses Grinsen hin richtet er aufseufzend Augen und Hände gen Himmel.
    „Den, der die geschickteste
Zunge, das durchgreifendste Auftreten und mein unbegrenztes Vertrauen besitzt.
... Und welcher einige Zeit nicht ganz umsonst Jurisprudenz in Oxford
studierte. Ich gebe dir ein paar Männer zur Seite und alle Vollmachten, die du
benötigst.“
    John blickt ihn seufzend an und
nickt ergeben. „Zu Euren Diensten, Mylord“, antwortet er verzagt mit einer
angedeuteten Verneigung. „Und ich fühlte mich gerade erst wieder heimisch“,
klagt er.
    Malcom hebt bedauernd die
Schultern und schmunzelt. Dabei zieht er Joan versöhnlich an sich. Er küsst ihr
die Stirn. „Wo hast du dich herumgetrieben“, fragt er ihn zerstreut.
    John bläst schwermütig die Luft
aus. „Ich wünschte, dich mit besseren Neuigkeiten empfangen zu können. Doch
zwei deiner nördlichen Dörfer wurden von den Schotten verheert. Engedey ist
darunter.“
    Malcom blickt bestürzt auf.
„Wann?“
    „Vor zwei Tagen.“
    „Wie schlimm ist es?“
    John zuckt die Schultern. „Das
Übliche. ... Im Großen und Ganzen kamen sie dieses Mal noch recht glimpflich
davon. Es gab nur wenige Tote. Meist Alte, die es nicht mehr rechtzeitig in den
rettenden Wald schafften. Etwa ein halbes Dutzend geschändeter Weiber,
zumindest jene, die es öffentlich gestanden. Doch sie trieben die Hälfte des
Großviehs mit sich fort und erschlugen den Rest. Engedey hat es am schlimmsten
erwischt. Sie plünderten dein zweitgrößtes Dorf vollständig. Und sie beraubten
Vater Isidor der Reliquie, die dein Vater aus dem Heiligen Land mitgeführt
hatte.“
    Malcom war dazu übergegangen,
sich bei Johns Schilderungen mit auf der Tafel aufgestützten Ellenbogen durch
die Haare zu raufen. Auf letztere Offenbarung hin horcht er entsetzt auf. „Sie
wagten sich nach Farwick?“
    John nickt. „Wohl nur zwei bis
drei dieser vermaledeiten Hurensöhne. Isidor hatte bis auf den Splitter des Heiligen
Kreuzes noch alles von Wert im Dachstuhl der Kirche verstecken können.“
    Malcom schüttelt düster den
Kopf. „Gut, dass Robert es nicht mehr erleben musste. Ihm war der Splitter
wertvoller, als sein Leben. Auch wenn Isidor stets dessen Echtheit bezweifelte,
weil schon so zahlreiche Fälschungen davon kursieren.“
    „Ja. Schätze, dein Vater würde
sich im Grabe herumdrehen, wenn er davon wüsste“, erwidert Gerold. Er wiegt den
Kopf. „Für ihn MUSSTE der Splitter einfach echt sein. Immerhin tauschte er ihn
mit Timothy gegen Awin, seine zu spät erkannte große Liebe.“
    Joan horcht auf. „Dein Vater
tauschte eine Frau gegen eine Reliquie ein“, fragt sie verwirrt.
    „Eine schöne adlige Sarazenin,
die er als Kriegsbeute mit heim bringen wollte. Auf dem langen Rückweg beschwatzte
ihn Timothy so lange, bis er schließlich in den Tausch einwilligte“, erklärt
Malcom geduldig.
    Joan weiß, dass besagter
Timothy einst Dienstherr

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