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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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etlichen Gesichtern der Runde,
dass auch den anderen ihr gut gelauntes Beisammensein mit Malcom nicht
entgangen ist. Verlegen beißt sie in ihren saftigen Apfel und richtet den Blick
vor sich auf die Tafel. Dann schielt sie zu Amál hinüber. Er ist der einzige,
der keine frohe Miene macht.
    Als sich
die Ersten erheben, um sich zurückzuziehen, ist auch Amál unter ihnen. Joan
wird das zwiespältige Herz eigentümlich schwer. Zum einen dauert er sie,
andererseits fühlt sie sich zu ihm hingezogen. Nicht zum ersten Male verflucht
sie insgeheim diese boshafte Fügung des Schicksals.
    „Joan, ...
ich kann das nicht.“ Amál senkt die Klinge, um sie laut ausatmend zurück in die
Schwertscheide an seinem Gürtel zu stecken.
    Joan blickt zu Boden und nickt.
Sie kann ihn nur allzu gut verstehen. Auch sie ist befangen ihm gegenüber.
Seufzend steckt sie ebenfalls ihre Waffe weg und betrachtet seinen Rücken. „War
vielleicht doch kein so guter Einfall.“
    Er dreht sich zu ihr herum und
schaut ihr gefasst in die Augen. „So kann es nicht weiter gehen. Es ist
unerträglich.“
    Sie nickt, hebt jedoch ratlos
die Hände.
    „Was sagt eigentlich Malcom
dazu?“
    Joan zuckt die Schultern. „Er
ist so schlau, mich nicht zu bedrängen.“ Sie verstehen sich so gut wie nie
zuvor, doch er hat sie, seit er von Amál weiß, nicht noch einmal des Nachts
aufgesucht.
    Er verdreht die Augen und
blickt zur Seite in den Schnee. Kopfschüttelnd fährt er sich durch sein kurzes
blauschwarzes Haar, bevor er sie eindringlich betrachtet. „Joan“, meint er
nachdrücklich, nähert sich ihr und legt ihr seine Hände auf die Schultern. „Du
MUSST dich aber endgültig entscheiden. Es quält uns alle drei gleichsam.“ Er
beugt den Kopf etwas zu ihr hinab und gibt ihr einen Kuss auf die Stirn. Dann
lehnt er seine Stirn resigniert gegen die ihre. „Mittlerweile bin ich so weit,
alles hinzunehmen, damit es sich endlich ändert. ... Schlimmer kann selbst die
Hölle nicht sein.“
    Sie wendet sich ab. „Denkst du,
für mich ist es leichter? Ich liebe zwei Männer gleichzeitig. Es zerreißt mir
beinahe das Herz.“
    Er streicht ihr offenes Haar
zur Seite und dreht sie an der Schulter sanft wieder zu sich herum. „Eines
solltest du wissen. Wenn damals solch eine Eintracht zwischen euch beiden
geherrscht hätte, wie jetzt, dann wäre es mit uns beiden niemals so weit
gekommen. Ich hätte es nicht zugelassen.“
    Sie nickt. „Ich auch nicht.“
    Seufzend blickt er nachdenklicher
Miene zur Burg hinüber. „Wäre ich nicht der Letzte seiner Sippe, hätte er mich
vermutlich schon längst herausgefordert oder davongejagt.“
    Sie horcht auf. „Was sagst du
da?“
    Er wendet sich ihr zerstreut zu
und hebt fragend die Brauen.
    „Ihr seid blutsverwandt“, hakt
sie ungläubig nach.
    Er zuckt die Schultern. „Ich
bin sein Halbbruder. Wir haben einen gemeinsamen Vater, ... ich dachte, das
wüsstest du“, antwortet er erstaunt.
    „Nein! ... Woher denn,
verdammt!“ Verwirrt und nicht minder aufgebracht fährt sie sich durchs Haar.
Schlagartig wird ihr einiges klar. „Amál, verflucht!“
    Er beobachtet beunruhigt, wie
sie plötzlich rastlos im niedergetrampelten Schnee auf und ab geht und
scheinbar um ihre Fassung ringt.
    „Ihr seid euch so ähnlich“,
ruft sie aus und bleibt vor ihm stehen. „Du riechst sogar wie er.“
    Amáls Augen weiten sich
entsetzt. Er betrachtet sie einen Augenblick lang wie versteinert. Dann lacht
er verbittert auf, wendet sich von ihr ab und stemmt die Hände in die Seiten.
„Das ist hart.“ Er legt kurz den Kopf in den Nacken und fährt wieder zu ihr
herum. Ernüchtert blickt er sie an.
    „Du hast dich noch einmal in
ihn verliebt“, stellt er mit tonloser Stimme fest.
    Sie ist durcheinander. So sehr
sie sich auch bemüht, es kommt kein klarer Gedanke. Es ist, als würde ihr der
Schädel zerspringen. Verzweifelt drückt sie beide Hände gegen die Schläfen.
    „Und welcher Version gibst du
den Vorzug“, fragt er scharfzüngig.
    Ihr verschwimmt der Blick. Nach
einigen schweigsamen Augenblicken vernimmt sie sein Räuspern.
    „Joan, ich kann nur verlieren.
... Morgen reise ich ab.“
    „Amál“, ruft sie entsetzt, so
dass seine aufgesetzte Entschlossenheit so schnell verfliegt, wie sie kam.
Aufgelöst nimmt er ihre Hand und drückt sie eindringlich.
    „Komm mit mir. Wir könnten
heiraten. Ich bin der einzige Nachkomme meiner Mutter und meines Vaters und
werde eines Tages mehr Ländereien erben, als man sich

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