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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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noch sein ekelhaftes Keuchen und ihr
wird schlecht. ... Nein, es klingt nicht ekelhaft. ... Es ist der rhythmische
Atem eines wunderschönen, schneeweißen Pferdes, das kraftvoll durch den
verschneiten Wald trabt. Es ist auf der Suche nach ihr, schnaubt ungeduldig und
zornig den weißen Atem in die kalte Morgenluft. Sie hört seinen Schrei und kann
sich plötzlich wieder bewegen. Es hat sie endlich gefunden ... und zermalmt ihn
erbarmungslos unter seinen mächtigen Hufen!
    Joan
vergräbt das Gesicht wimmernd an Malcoms Brust. Er hält sie fest in den Armen
und redet besänftigend auf sie ein. Es bewirkt, dass sie ruhiger wird,
allmählich zu sich kommt. Sie streicht sich kraftlos über die schweißnasse
Stirn und ist unglaublich müde. Doch sie fühlt sich befreit. Völlig ermattet
ergibt sie sich dem Drang, einzuschlafen.
    Joan kommt
allmählich zu sich. Sie spürt eine wohlige Wärme auf ihrem Gesicht und öffnet
die Augen. Das Pergament vor ihrem Fenster ist zurückgeschlagen und lässt die
hellen Strahlen der winterlichen Morgensonne ins Halbdunkel des Zimmers direkt
auf ihr Bett einfallen. Das Krächzen einer Dohle wird schallend an ihr Ohr
getragen. Joan wendet das Gesicht zur anderen Seite aus dem gleißend blendenden
Licht heraus und blickt direkt in Malcoms tiefblaue Augen. Er liegt neben ihr
auf der Seite, hat den Kopf auf die Hand seines angewinkelten Armes gestützt
und betrachtet sie ruhig. Sie lächelt ihn an und dreht sich ihm zugewandt auf
die Seite.
    Er erwidert ihr Lächeln,
während er ihr versonnen eine Haarsträhne aus dem Gesicht hinters Ohr streicht.
„War es so schlimm?“
    Sie bemerkt seinen blutigen
Mundwinkel und tastet daraufhin zärtlich mit dem Finger darüber. Dann nickt
sie. „Ich hatte gute Gründe, mich nicht erinnern zu wollen.“ Ganz nah rutscht
sie nun an ihn heran, legt seine freie Hand auf ihren Bauch und dreht sich mit
ihr wieder auf den Rücken. Ihr Blick richtet sich gegen den Baldachin ins
Leere. „Ich muss noch ein Kind gewesen sein. Sonst hätte ich mich gegen diesen
feigen Hund wehren können.“ Durchatmend blickt sie ihn wieder an. „Es erklärt,
warum ich nicht mehr unberührt war, als ich dich traf.“
    Er betrachtet sie mitfühlend,
wobei er über ihre Hand streicht. „So ähnlich hatte ich es befürchtet“, gesteht
er, um plötzlich geplagt aufzustöhnen. Er lässt sich zurückfallen und atmet
hörbar aus. „Ich hoffe, du verzeihst mir, dass ich derart an dir zweifelte“,
bedeutet er ihr gequält.
    Nachdenklich lässt sie den
Blick auf ihm ruhen. Nie hätte sie für möglich gehalten, dass ihm eine
Herzenssache so nahe gehen, ihn derart sprachlos und in sich gekehrt aus der
Bahn werfen könnte. Auch wenn seine vermeintlich harte Schale in ihren Augen
schon lange zu bröckeln begann, ihr das tunlichst verborgene weiche Herz in
seiner Brust längst offenbar ist. – Sie wird wohl nie über ihn auslernen.
    Mit bekümmerter Miene streicht
er ihr über die Wange. „Du bist das unschuldigste aller Lämmer.“
    Zu seiner Verwunderung lacht
sie und setzt sich hoch. „Ich WAR es vielleicht einmal.“ Etwas zögerlich beugt
sie sich über ihn, nimmt seine Hände und legt sie prüfend gegen ihr Gesicht.
„Dann traf ich dich, Farwick.“
    Er muss lachen und beobachtet
belustigt ihre abwartende Miene, welche sich nun zu seiner Freude wieder
erhellt und allmählich zu ihrer alten Verschmitztheit zurückfindet. „Und?“ Er
betrachtet sie eher heiter, als erwartungsvoll.
    Sie schüttelt erleichtert den
Kopf. „Scheinbar haben wir meine bösen Geister vertrieben.“

Ein
zwiespältiges Herz
    „Ah! Jetzt
weiß ich“, ruft Joan erkenntnisvoll aus und lächelt Fiona glückselig an. „Ein
Absud der Hundszunge. Nun, ich hätte ihr zwar Arnika vorgezogen, selbst wenn
ich die Blätter besessen hätte, da ich zu wenig Erfahrung damit habe. Doch ich
werde es mir merken. Malcoms Wunde ist nicht mehr brandig und heilt jetzt gut.“
Sie gibt ihr das Bündel getrockneter und gewissenhaft gebundener Kräuter
zurück, welches Fiona wieder an seinen angestammten Platz an der Wand der
großen Speisekammer neben der Küche hängt. Sie lächelt Joan scheu an, bevor sie
nervös ihre Hände über der dreckigen Schürze betrachtet. Mit verlegener Miene
versteckt sie ihre schmutzigen Finger unter dieser. Scheinbar trägt man ihr nur
die niedersten Arbeiten auf, womit sie nicht auf saubere Kleidung achten muss,
da sie ohnehin nicht mit den Herrschaften in Kontakt kommt. Und

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