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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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vorstellen kann.“
    Es überrascht sie nicht mehr.
Denn sie weiß mittlerweile, wie ernst es ihm ist. Dennoch fühlt sie sich nicht
zu einer Entscheidung imstande. „Stiefvaters“, korrigiert sie ihn. „Robert war
dein Vater.“ Sie schmiegt sich an ihn, hört, wie er resigniert die Luft
ausstößt.
    Er schließt sie in seine Arme.
„Das war er nie wirklich. Timothy ist für mich mein Vater.“ Er seufzt. „Wenn du
morgen nicht mit mir kommst, ist alles klar zwischen uns.“
    „Aber morgen ist Weihnacht“,
klagt sie.
    Er nickt. „Dann an Stephani“,
lenkt er ein. „Schließlich habe ich Malcom noch nicht den Treueid geleistet.“
Er löst sich von ihr, wischt ihr die tränennassen Wangen mit seinen warmen
Händen trocken und richtet ihr Gesicht mit seinem Zeigefinger unter ihrem Kinn
zu sich hoch. Genau so, wie es Malcom immer tut, fällt ihr beklommen auf. Ihr
schnürt es die Kehle zu. Warum nur hat sie es nicht schon viel früher selbst
bemerkt!
    „Sei nicht traurig. Egal, wie
es ausgeht, es kann nur erträglicher werden“, meint er tröstend.
    Sie versucht, zu lächeln.
    „Jetzt komm. Eigentlich müssen
in diesen Tagen die Waffen ruhen. Wir hätten überhaupt nicht hier sein dürfen.“
    Sie nickt zustimmend und atmet
durch. Sie hätten so einiges nicht gedurft.

Weihnacht mit
Leander
    Joan
vernimmt Musik und betritt die Große Halle. Sie steuert auf Malcom und John vor
ihr zu, während sie sich umsieht. Als sie den Spielmann erblickt, macht ihr
Herz einen Sprung. Sie verhält ihre Schritte und starrt ihn ungläubig an.
    „Du hättest mich VORHER fragen
sollen“, wirft Malcom John neben ihm vor, während er besorgt zum Spielmann
hinüber blickt, der soeben ein Spottlied über ein alles andere als sittsames
Mönchlein zum Besten gibt.
    Joan seufzt verzückt. „Ach
Malcom. ... Er ist großartig! Ich kenne ihn.“ Sie begegnet seiner überraschten
Miene und kommt neben ihn, wieder den Spielmann beobachtend. „Sein Name ist
Leander. Er unterhielt uns bereits auf Thornsby Castle“, erklärt sie und wendet
endlich den Blick von Besagtem ab. Als sie Malcoms fragende Miene gewahrt,
knufft sie ihm aufmunternd die Seite. „Du verwehrtest uns bereits die
Mitternachtsmesse. Was fürchtest du von einem einzelnen, harmlosen Spielmann?“
    Malcom atmet durch und mustert
den blond gelockten Barden misstrauisch mit vor der Brust verschränkten Armen.
„Ich weiß nicht. Ich traue ihm nicht über den Weg.“
    „Ich werde ihn nicht aus den
Augen lassen“, versichert ihm John. Dabei zwinkert er Joan heimlich zu und
schlägt Malcom auf die Schulter. „Dein Misstrauen in allen Ehren, aber sieh dir
diesen Hänfling an. Er scheint mir lediglich mit der Zunge geübt... Und heute
ist Christtag. Jeder Christ, selbst ein Meuchelmörder, würde es an solch
heiligem Tage nicht wagen, zu den Waffen zu greifen.“
    Malcom schüttelt zweifelnd den
Kopf. Mit einem gedehnten Seufzen lässt er den Blick über die belustigte bunte
Menge an der voll gedeckten Tafel schweifen. „Ich bin da anderer Meinung. ...
Aber ihr habt mich wohl überstimmt.“
    Joan küsst ihm freudig die
Wange. „Du wirst es nicht bereuen. Komm, ich habe schrecklichen Hunger.“ Sie
nimmt seine Hand und zieht ihn schwerfällig hinter sich her auf die Tafel zu.
Als sie sich nach ihm umwendet, erwischt sie ihn wieder bei einem abschätzenden
Blick auf den Spielmann. „Malcom?“
    Angesichts ihrer spöttischen
Miene hebt er ratlos die Schultern. Sie begeben sich an die Tafel und eröffnen
diese, indem sie einen riesigen Wildschweinbraten anschneiden. Joan setzt sich
mit einem großen Stück Fleisch an ihrem Dolch und lässt es sich genüsslich
munden.
    Malcom betrachtet sie grinsend
von der Seite. „Scheint, dass du das Ende der Fastenzeit in der Tat kaum
erwarten konntest“, feixt er.
    „Hm, das Fleisch zergeht auf
der Zunge.“
    Er nickt. „Es ist der Keiler,
den du erlegtest.“
    „Tatsächlich?“ Sie bemerkt die
verletzte Augenhöhle des Tieres.
    Malcom schenkt ihnen Wein ein.
    Joan schluckt den Bissen
hinunter. „Ich sollte fürwahr nicht mehr so zulangen. Blanche hat mir gestern
das Leibhemd abgeändert, weil es nicht mehr passte. Sie nähte den halben
Vormittag. Die reinste Meisterleistung.“
    Lächelnd blickt er ihr auf die
Hüften. „Du glaubst es mir ja doch nicht, wenn ich beteure, dass es so sein
muss.“
    Sie zuckt die Schultern. „Ich
nehme dich am besten einfach beim Wort und hoffe, dass du kein bloßer
Schmeichler bist.“
    Er

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