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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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„Amál, halte sie einfach
ruhig. Aidan, bestell Isa, sie möge mir bitte noch mehr Arnikatinktur besorgen.
Und hol mir von dem sauberen Wasser, wir müssen das Blut etwas abwaschen.“
Durchatmend betrachtet sie Amál. „Was ist mit Nigel?“
    Er
schüttelt langsam den Kopf, wobei er den besorgten Blick nicht von Miriams
aschfahlem Gesicht abwendet.
    Joan öffnet
die Tür zu ihrer Kemenate und erblickt Malcom auf ihrem Bett liegen. Fiona und
John sitzen ihm zu beiden Seiten. John erhebt sich, als er Joan bemerkt, und
kommt ihr entgegen. Zögernd bleibt er vor ihr stehen und atmet durch. „Gott,
Joan. ... Glaubst du, er schafft es?“
    Joan vermag sich nichts
Gegenteiliges vorzustellen. „Wenn nicht, könnt ihr mich gleich zu ihm legen.“
Als sie sich an ihm vorbeidrängen will, legt er ihr inständig eine Hand auf die
Schulter. „Verzeih meine Zweifel vorhin.“
    Matt schüttelt sie den Kopf.
„Lass doch. Wir waren alle nicht ganz bei uns.“
    „Du schon“, bemerkt er.
    Sie setzt sich neben Malcom
aufs Bett und nimmt seine Hand. Sie ist kühl, sein Gesicht noch immer bleich.
Als sie die Decke von ihm zurückstreift, bemerkt sie, dass er nackt ist. Fiona
hat ihm alles Blut abgewaschen, den Verband ordentlich angelegt. Joan schlägt
die Decke wieder über ihn. Mit einem Lächeln bedeutet sie Fiona ihren Dank.
„Hast du etwas auf seine Wunde gegeben?“
    Nickend zeigt Fiona auf die
getrockneten Kräuter an der Wand. Sie erhebt sich und tippt mit dem Finger
gegen ein Bündel Hundszunge. Es war zuvor noch nicht in Joans Besitz.
    „Danke.“
    Sie lächeln sich an.
    „Ich bin froh über deine Hilfe.
Könntest du meinen Vater versorgen? Ich will bei Malcom bleiben.“
    Fiona erhebt sich und geht zur
Tür.
    John räuspert sich vernehmlich.
„Kann ich euch allein lassen?“
    Joan dreht sich nach ihm um.
„Natürlich. Miriam könnte dich gebrauchen.“ Sie wendet sich wieder Malcom zu.
„Sie ist hier wohl nicht viel sicherer, als anderswo.“
    Er seufzt. „Zumindest kann sie
nicht so ohne Weiteres geraubt werden. ... Wer hätte derartiges ahnen können“,
ruft er aufgewühlt. „Er war so verdammt schnell. Malcom hatte es irgendwie im
Gefühl. Wir hätten ihn ernster nehmen sollen.“
    Sie nickt
schweigend und hört, wie er die Luft schwermütig ausstößt. Daraufhin schließt
er die Tür. Ihr war nicht danach, ihm im Moment Absolution zu erteilen. Sie
will nicht mehr reden. Niemand sah dieses Unheil voraus, nicht einmal Malcom.
Und nichts ist mehr daran zu ändern. Es bleibt nur, zu hoffen. Sie möchte
einfach bei ihm sein und ihm Kraft geben. Malcoms Körper ist kühl. Sein Atem
geht ruhig. Sie erhebt sich und verriegelt die Tür. Dann entkleidet sie sich,
um sich zu ihm unter die Daunendecke zu legen. Sie betet zu Gott, er möge
genesen und keinen Eiter in den Bauch bekommen, so dass dieser bretthart wird
und er elendig zu Grunde geht. Zärtlich streicht sie über seine kühlen Lippen,
die sie dann küsst. Ganz eng schmiegt sie sich an ihn und versucht, ihm etwas
von ihrer Wärme zu geben.
    „Joan,
warum weinst du?“ Besorgter Miene fährt ihr Isa mit ihrer kleinen Hand tröstend
übers Haar.
    Joan sieht zu Blanche auf,
schüttelt den Kopf und wendet sich schluchzend ab.
    „Isabella, ich erkläre es dir
später“, versucht ihre Mutter, sie mit gedämpfter Stimme von weiteren Fragen
abzuhalten.
    „Nein. Schon gut“, schnieft
Joan und blickt Isa wieder an. Sie nimmt ihre Hände. „Weißt du, ich habe mich
in der Menge des Bilsenkrautpulvers geirrt. Ich gab ihm zu viel und Malcom wacht
einfach nicht auf.“
    „Er schläft ein bisschen
länger“, schlussfolgert Isa mit kindlicher Sorglosigkeit.
    Schniefend kämpft Joan die
Tränen hinunter. „Ich hoffe es. ... Wenn man zu viel gibt, kann es tödlich
enden, weißt du.“
    Isa horcht auf. „Aber es ist
doch ein Heilkraut“, ruft sie verwirrt.
    „Schon. Doch viele Heilkräuter
sind giftig. Sie heilen lediglich, wenn man nicht zu viel von ihnen
verabreicht. Sonst geht es einem Kranken nur noch schlechter oder er stirb
gar.“
    „Warum hast du nicht besser
aufgepasst“, platzt Isa entsetzt heraus.
    Joan schüttelt den Kopf. „Ich
kann nichts dafür. Bei mir zu Hause war die Kraft des Schlafkrautes nicht halb
so stark, wie hier. Es wächst hier unter anderen Bedingungen. Man darf
vermutlich nur weniger als die Hälfte der Dosis geben.“
    Isas Augen weiten sich
plötzlich und ihr Blick geht ins Leere.
    Joan wendet sich wieder Malcom
auf ihrem Bett zu.

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