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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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„Blanche, flöß ihm
alles ein.“ Eilig reicht sie ihr den Kelch. Daraufhin nimmt sie von Isa die
kleine Flasche Arnikatinktur entgegen. Deren halben Inhalt gießt sie sich in
den Mund, nimmt vorsichtig Fionas Hände beiseite und sprüht Malcom die Tinktur
über die Gedärme in den Bauchraum, damit sich nichts entzündet oder gar eitert.
Hastig greift sie zum Nähzeug und beginnt, ihm den Bauch wieder zu
verschließen. Doch sie ist zu ungeschickt, woraufhin ihr Blanche ungeduldig den
Weinkelch in die Hände drückt, um mit ihr die Position zu wechseln. Beflissen
übernimmt sie das Zunähen.
    Joan indes redet beruhigend auf
Malcom ein und bekommt ihn dazu, den Wein bis zur Neige zu trinken. Er ist
schon viel ruhiger. „Verdammt, was macht ihr mit mir. Lasst mich endlich los.
Ich muss ... in diesen verfluchten ... Erker“, murmelt er und wird zunehmend
leiser.
    Amál taucht plötzlich bei ihnen
auf. Schwer atmend blickt er auf Malcom hinab, wobei er die Hände in die Seiten
stützt und sich keuchend etwas vornüber beugt.
    „Und?“ Gerold und alle anderen
betrachten ihn erwartungsvoll.
    Er nickt. „Wir haben ihn“,
bringt er atemlos hervor.
    „Tot oder lebendig“, fragt
Raymond.
    „Mehr tot ... als lebendig. ...
Er hat noch drei Waffenknechte ... getötet und wäre um ein Haar entkommen.“
    Gerold schüttelt ungläubig den
Kopf. „Welch Ausgeburt der Hölle! Er kann nur mit dem Leibhaftigen im Bunde
sein. Ich hoffe, ihr habt ihn sicher hinter Schloss und Riegel verwahrt.“
    Amál nickt. „Er sitzt im
dunkelsten Verlies.“
    „Amál.“ Joan blickt ihn
flehentlich an. „Sieh nach Nigel“, bittet sie inständig.
    Amál nickt verstehend und
entfernt sich wieder.
    Blanche beißt den Faden durch
und atmet auf. Die Männer entlassen Malcom aus ihren Griffen. Das Bilsenkraut
hat ihn gnädig einschlafen lassen. Joan weicht nicht von seiner Seite. Da spürt
sie, wie sie jemand beim Arm fasst.
    „Joan. Miriam ist verletzt.“
John blickt sie eindringlich an.
    Sie streicht Malcom noch einmal
übers Gesicht, um sich daraufhin zu erheben. „Fiona, bitte verbinde ihn und
lass ihn hoch in mein Gemach bringen.“
    Sie folgt John zu einem der
Quertische, auf welchem Miriam liegt. Man hat ihr das Kleid an der linken Seite
aufgerissen. Joan betrachtet ihren schneeweißen Bauch kurz unterhalb der
Rippen, wo Leanders Dolch steckt. Sie kann nicht sagen, wie schlimm sie
verletzt ist. Prüfend blickt sie ihr in die wachen Augen. Miriam ist etwas
bleich und hat Schmerzen, scheint jedoch in guter Verfassung.
    „Joan. Steht es schlimm um
mich“, fragt sie matt, worauf sich Joan mit ratlos zuckenden Schultern neben
sie gegen die Tischkante lehnt.
    „Du machst mir im Grunde einen
guten Eindruck. Ich werde erst einmal den Dolch herausziehen.“ Sie blickt Amál
neben ihr auffordernd an. Dieser nickt verstehend. Er setzt sich vorsichtig
neben Miriam auf die Tafel und nimmt zaghaft deren Hand. Joan indes wendet sich
wieder Miriam zu. „Du musst kurz die Zähne zusammen beißen. Versuche, ruhig zu
liegen.“
    Behutsam bettet Amál Miriams
blutüberströmten Oberkörper auf seinen Schoß, dreht sie etwas auf die rechte
Seite und nimmt sie zwischen seinen Beinen in die Zwinge. Dann ergreift er
wieder ihre Hand. Joan muss nur noch den Dolch herausziehen. Bedächtig legt sie
die Rechte um das Heft, zögert jedoch noch, da sie nichts zum Stillen einer
starken Blutung entdeckt. „Aidan, hol mir bei Malcom etwas Sauberes zum
Verbinden, schnell.“ Der besorgt in der Nähe kauernde Junge springt hoch und
rennt los.
    „Miriam, warum hast du das
getan“, fragt Amál bewegt.
    Joan nutzt die Ablenkung, um
Miriam die Waffe aus der Seite zu ziehen. Unter Stöhnen presst diese das
Gesicht gegen Amál. Joan beobachtet, wie Blut aus der kurzen Stichwunde sickert.
Nicht übermäßig viel, wie sie erleichtert feststellt. Lächelnd streicht sie ihr
übers Haar. „Vermutlich ruhten Gottes schützende Hände auf dir. ... Ich werde
dich erst einmal in Ruhe verbinden und mir die Wunde etwas später noch einmal
ansehen. Falls es dir schlechter gehen sollte, schicke nach mir. Ich bin in
meinem Gemach bei Malcom.“ Sie gewahrt, wie sich John beruhigter Miene von
ihnen abwendet. Er hatte das Geschehen zurückhaltend beobachtet. Aidan taucht
neben ihr auf und sie nimmt von ihm den Verband entgegen. Doch will sie die
Wunde noch etwas bluten lassen, damit sie sich reinwaschen kann. Denn sie weiß,
wie schnell sich Stichverletzungen entzünden können.

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