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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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sieht ihm dabei zu, wie er sich vorsichtig setzt. Er blickt an sich
herab und zieht die Augenbrauen zusammen.
    „Was soll das sein?“
    Sie lacht. „Windeln.“
    Er schwingt sich aus dem Bett
und kommt schwankend auf die Beine.
    „Malcom. Vorsichtig“, ruft sie
besorgt, während er sich durchatmend den Bauch hält.
    „Gott, mir ist, als würde alles
nach unten sacken. ... Joan, ich schaff es nicht mehr bis zum Erker.“
    „Dann tu dir keinen Zwang an.
Wozu trägst du Windeln?“
    „Niemals“, ruft er in höchster
Not, eilt zum Fenster beim Bett, das jedoch durch ihre Truhe verstellt ist,
woraufhin er in die Fensternische hastet. Dort reißt er das Pergament aus
seinem Rahmen heraus und schiebt sich die Windel vorn etwas nach unten.
    „Malcom“, ruft sie entsetzt.
    Doch es ist bereits zu spät,
wie ihr ein leises Plätschern und sein erleichtertes Aufatmen bezeugen. Dann
wird ihr klar, dass er Glück hatte. Es hätte ihm auch die Blase, welche das
Wasser im Körper sammelt, sprengen können, während er schlief. Denn Bilsenkraut
verhindert im Allgemeinen das Urinieren im Schlaf.
    Malcom löst die Windel ganz ab
und blickt zaghaft zum Fenster hinaus in den Hof bei der Kapelle.
    „Das hättest du VORHER machen
sollen“, wirft sie ihm vor, muss dann jedoch über ihn lachen. „Malcom“, meint
sie mit zurechtweisendem Kopfschütteln.
    Doch er zuckt gleichgültig die
Schultern. „Bin ich hier Burgherr, oder nicht“, fragt er herausfordernd, wobei
er das Fenster kurzum mit der Windel zuhängt.
    Sie lacht. „Und ich dachte,
dass nur die Hunde ihr Gebiet markieren.“
    Er kommt die Stufe der
Fensternische herab, setzt sich neben ihr aufs Bett und zieht sie an sich.
„Frech wie eh und je“, bemerkt er mit einem nachsichtigen Lächeln. „Ich muss
zugeben, es vermisst zu haben.“
    Sie tut erstaunt. „Bist du
sicher?“
    Er droht ihrer schelmischen
Miene eindringlich mit dem Finger. Dann wird er nachdenklich. „Erzähl mir von
Nigel. ... Meine Erinnerung ist wie vernebelt.“
    Sie atmet durch und legt sich
gedankenvoll zurück. „Leander hat meinen Dolch benutzt. Als ich zu mir kam,
steckte er Nigel im Bauch und dieser spie Blut. Er war nicht mehr zu retten.“
Sie blickt ihn an. „Dafür jedoch du.“
    Er nickt bedrückt, sieht dabei
auf seinen Bauch und fühlt über den dicken Verband. „Wie hast du das nur
hinbekommen“, fragt er mit anerkennendem Erstaunen.
    Sie lächelt. „Ich vernähte dich
wie einen gefüllten Braten. ... Besser gesagt, Blanche tat es. ... Wenn sie
nicht mein Unterkleid genäht hätte, wäre ich bestimmt nie auf den Gedanken
verfallen“, äußert sie versonnen.
    Die Vorstellung belustigt ihn
etwas. Dann wird er ernsthafter, streicht ihr bedächtig eine Strähne aus der
Stirn. „Wie oft willst du mir noch das Leben retten?“
    „Ich hoffe, du bringst mich
nicht noch einmal in die Verlegenheit“, antwortet sie seufzend.
    Sanft streicht er ihr übers
Haar. „Du bist mein Schicksal“, erklärt er versonnen, um ihr dann lächelnd in
die nachdenkliche Miene zu blicken.
    Sie nimmt seine Hand und
schmiegt mit geschlossenen Augen ihre Wange dagegen. „Wenn du von mir gegangen
wärst ...“ Er legt einen Finger über ihren Mund. Sie vermag ohnehin nicht, den
Gedanken zu Ende zu führen und verscheucht diesen mit schüttelndem Kopf.
Zögernd zieht sie eine Hand vor und legt sie auf seinen Verband. „Tut es weh?“
Auf sein gleichmütiges Schulternzucken hin betrachtet sie ihn abwägend. Bisher
hat er es ihr noch nie leicht gemacht, die Schwere seiner Wunden richtig
einzuschätzen. Schmerzen stören ihn nur wenig. Sie seufzt etwas ratlos.
Offenbar wird sie sich wohl einfach in Geduld üben müssen, ob die Heilung gut
voranschreitet.
    Sie legt den Kopf schräg. „Sag,
wodurch erweckte Leander eigentlich deinen Argwohn“, fragt sie interressiert.
    Malcom wiegt nachdenklich den
Kopf. „Er spielte dieses schöne Lied, welches du schon so oft für mich sangst.
... Du erwähntest einmal, dass er es an deinem letzten Abend auf Thornsby
Castle spielte. Viel Vorstellungskraft brauchte ich dann nicht mehr, um meine
Schlüsse zu ziehen.“
    Sie nickt. „Du hörst mir ja
wahrhaft aufmerksam zu“, neckt sie ihn.
    Er deutet ein Lächeln an und
wird ernst. „Ich will ihn sehen.“
    Joan runzelt die Stirn.
„Jetzt“, fragt sie ungläubig.
    Er nickt und erhebt sich vom
Bett. „Er muss gegen Percy aussagen. Und wenn ich ihn dafür halb tot prügle.“
Behände schlüpft er in seine Beinlinge

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