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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Sie ergreift seine kühle Hand, um sie an ihre Lippen zu
führen. Im Stillen schickt sie ein Stoßgebet gen Himmel, wie schon so oft an
diesem Tag.
    „Wann sollte er erwachen?“
    Joan sieht zu Blanche auf.
„Etwa einen halben Tag lang hätte er schlafen sollen, doch niemals zwei.“ Ihr
verschwimmt wieder der Blick. „Zu viel des Giftes wird seine Atmung lähmen und
er erstickt, ohne dass ich etwas für ihn tun könnte. Er kann nicht schlucken.
Sonst hätte ich ihm schon längst Johanniskrautöl gegen die Vergiftung
eingeflößt.“
    Blanche atmet durch, betrachtet
zuerst Malcom und dann wieder Joan bedrückter Miene. Daraufhin schüttelt sie
gefasst den Kopf. „Er ist stark. Er hat schon viel Schlimmeres durchstanden und
einen Engel, welcher sein Leben schützt. Du wirst sehen, bestimmt erwacht er
bald“, erklärt sie sicher, während sie vor Joan kommt, um sie tröstend zu
umarmen.
    „Blanche, wie gern würde ich dir
Glauben schenken. Doch bin ich nicht so zuversichtlich, wie du.“ Ihre Tränen
durchnässen den Wollumhang ihrer Freundin, welche daraufhin ihr Gesicht
zwischen die Hände nimmt und sie plötzlich mit einer herausfordernd gehobenen
Braue bedeutungsvoll anlächelt.
    Joan blickt daraufhin beschämt
zu Boden. Die letzten Tage haben ihr bewusst gemacht, dass sie ohne Malcom
nicht leben kann.
    „Joan. Leg dich zu ihm, um ihm
beizustehen. Es wird ihm vielleicht Kraft geben und dich etwas beruhigen.“
    Joan nickt. Sie kann nichts
mehr für ihn tun. Außer beten.
    „Rufe mich, wenn du mich
brauchst. Wir sind bei Raymond in meinem Gemach. ... Er gebärdet sich beinahe
so arg, wie du.“

Malcom und Joan
    Joan
erwacht im Morgengrauen. Etwas hatte sie geweckt. Im Halbdunkel wendet sie den
Kopf Malcom neben ihr zu und lauscht. Doch sie vernimmt kein Geräusch.
Daraufhin ergreift sie seine Hand. Sie ist ganz warm, was ihr Herz einen Sprung
vollführen lässt. Nackt, wie sie ist, eilt sie aus ihrem Bett und entzündet ein
Talglicht an der Fackel auf dem Gang neben ihrer Tür. Als sie ihr Gemach wieder
betritt, vernimmt sie sein leises Stöhnen. Er bewegt den Kopf.
    Hastig stellt sie das Licht auf
dem Tisch ab, kniet sich neben ihn aufs Bett und beobachtet, wie er den Kopf
zusehends unruhiger von einer Seite zur anderen wirft. Besorgt befühlt sie
seine Stirn, doch er hat kein Fieber. Die Finger seiner halb geschlossenen
Hände zucken und er bewegt die Augen unter den geschlossenen Lidern.
Erwartungsvoll legt sich Joan neben ihn auf die Seite. Sie weiß, dass
Schlafkraut starke Träume hervorruft. Ungeduldig beugt sie sich über ihn und
küsst ihn auf den Mund. Er scheint noch tief zu schlafen, seufzt jedoch. Joan
muss darüber lachen. Es ist ein befreites Lachen, bei dem sie gewahrt, welche
Last plötzlich von ihr abfällt. Wie berauscht küsst sie ihm übers Gesicht und
kümmert sich nicht um die Freudentränen, welche ihn dabei benässen.
    „Malcom, wach auf“, flüstert
sie, wobei sie mit den Lippen seine Augenlider und dann wieder seine Wangen und
den Mund berührt. Mit einem Male erwidert er ihren Kuss. Sie spürt, wie sich
seine Hand auf ihren Rücken legt.
    „Oh Malcom, wie ich dich
liebe“, bringt sie, ihn herzend, hervor. Sie blickt ihm in die nun offenen
Augen und herzt ihn daraufhin wieder, indem sie ihm lachend ungestüm das
Gesicht abküsst. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr.“
    Er nimmt ihr Gesicht zwischen
die Hände, um es lächelnd etwas von sich ab zu halten. „Versprich, mich jetzt
immer auf diese Art zu wecken.“
    Sie lacht, ist sich jedoch
seiner versteckten Frage bewusst und nickt. „Versprochen.“
    Er zieht sie wieder an sich.
    „Verzeih mir, bitte.“ Sie
umfasst ihn ganz eng.
    Er küsst ihre Stirn, findet
wieder ihren Mund und gibt ihr einen sanften Kuss. „Mach das nie wieder mit
mir“, raunt er zur Antwort, woraufhin sie ihn ansieht und den Kopf schüttelt.
Er deutet ein Lächeln an, wobei er ihr das Gesicht mit seinen Händen trocken
wischt. ... Wie Amál es vor einer scheinbaren Ewigkeit tat.
    „Joan?“
    Sie betrachtet ihn fragend und
glaubt, zu verstehen. „Er sitzt im Verlies. Wenn er noch lebt.“ Sie seufzt. „Du
hattest wieder einmal das richtige Gespür.“ Traurig schüttelt sie den Kopf. „Er
tötete Nigel und drei deiner Wachmänner.“
    Malcom nickt flüchtig zum
Zeichen, dass er verstanden hat. „Verdammt, ich glaube, es zerreißt mich
gleich“, stöhnt er, um plötzlich die Decke zurückzuschlagen.
    Joan richtet sich überrascht
auf und

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