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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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aufgebrochen.
    „Malcom?“
    Er dreht sich zu Amál im
Türrahmen herum, der verschlafen den zweiten Beinling an seine Bruech nestelt.
    „Was zum Teufel ist bloß ...“,
er stockt, als er die losen Ketten erblickt. „Bei allen Heiligen!“
    Shepherd und Gerold erscheinen
neben ihm und starren ebenfalls auf die leere Stelle vor dem Kamin, während sie
sich eilig etwas überziehen. Schließlich taucht John hinter ihnen auf.
    Malcom hatte Atem schöpfend
abgewartet, bis alle versammelt sind, da er sich nicht wiederholen will. „Es
muss ihm jemand geholfen haben. Er hat die Wache getötet und ist geflohen. ...
Es kann nicht lange her sein, der Wachmann ist noch warm. Wir müssen ihn
kriegen, tot oder lebendig. ... Gerold, du bleibst mit fünf Männern hier und
hältst die Stellung. Ich suche Joan. Sie ist ebenfalls raus, was ihm vermutlich
nicht entgehen wird“, gibt er atemlos zu bedenken, wobei er sich einer Truhe
bei der Tür nähert. Dieser entnimmt er seinen Wollmantel. Er ignoriert die
Flüche seiner Männer. „Nehmt die Hunde mit und seid wachsam.“ Er drängt sich an
ihnen vorbei auf den Korridor hinaus. „Womöglich ist er nicht allein“, bemerkt
er, während er, sich den Mantel überziehend, zu Joans Gemach eilt.
    Amál bleibt ihm auf den Fersen.
„Malcom, nimm mich mit! Allein ist es zu gefährlich“, ruft er aufgelöst, im
Türrahmen verhaltend.
    Malcom gürtet sein Schwert,
indes er ihn mustert. Er schüttelt den Kopf. „Ich glaube, er nimmt nicht den
Kammweg. Zu einfach für berittene Verfolger. Ich werde ihn nicht zu Gesicht
bekommen.“ Er tritt neben ihn, deutet ein flüchtiges Lächeln an und schlägt ihm
im Vorbeigehen auf die Schulter. „Ich bringe sie schon heil zurück.“
    Amál stößt beunruhigt die Luft
aus und geht ihm nach. „Versteh mich nicht falsch!“
    Malcom hebt die Hand, ohne sich
noch einmal umzuwenden und steuert schnellen Schrittes auf den Treppenturm zu.
    „Hoffentlich“, ruft ihm Amál
hinterher.
    Auf dem Hof herrscht reger
Betrieb. Waffenknechte und Stallburschen laufen aufgeregt umher. Malcom
erblickt Brix und steuert ihn an. Dabei schaut er sich um und stößt einen Pfiff
aus. Brix spitzt daraufhin die Ohren und kommt auf ihn zu getrabt. Wie üblich
ungesattelt, da sich niemand an ihn heranwagt. Malcom schwingt sich auf ihn.
Zufrieden bemerkt er, wie Heda an seine Seite kommt. Raymond tritt plötzlich zu
ihm.
    „Ray, bring ihn mir zurück“,
bittet er eindringlich. „Schont ihn nicht, wenn er Probleme macht. Er nützt uns
tot mehr, als lebendig“, weist er ihn an, wobei er Brix zu bändigen sucht.
    „Ich würde dich lieber
begleiten“, begehrt Raymond auf.
    „Nein. Besser, ich bin allein
mit ihr.“ Brix schnaubt nervös tänzelnd, so dass Malcom die Zügel locker lässt,
um ihm damit endlich freien Lauf zu geben. Das Tier trabt übermütig an und
prescht über den Hof.
    „Gott sei mit dir“, ruft ihm
Raymond besorgt hinterher.

Eine
unvergessliche Nacht
    Voller
Ungeduld treibt Malcom Brix an. Er kann die Spuren von Joans Pferd deutlich vor
sich im ausgetretenen Schnee des Kammpfades erkennen. Heda läuft ihnen
aufgeregt kläffend voraus. Brix atmet schwer, seine verschwitzten Flanken
beben. Dennoch kommen sie nur quälend langsam voran, da das schwere Tier immer
wieder bis zu den Knien in den festgetrampelten Schnee einbricht. Heda hat
Joans Witterung aufgenommen und kommt beständig wieder zurück, um kurz auf sie
zu warten und dann wieder ruhelos voraus zu stürmen. Malcom lenkt Brix nun in
den tiefen, jedoch lockeren Schnee am Wegesrand und spornt ihn an. Endlich
finden sie einen gemeinsamen Rhythmus. Schneestiebend fliegen sie dahin. In der
Stille der Nacht ist lediglich das regelmäßige Keuchen des Tieres zu vernehmen.
Heda rennt neben ihnen den Weg entlang und sprintet an der Gabelung weiter
geradeaus. Malcom ist nun ganz sicher, Joan bei den Wasserbecken zu finden. Aus
Angst, Ulman könne aufmerksam auf sie werden, vermeidet er es, sie zu rufen. Da
erkennt er den aus dem Wald aufsteigenden Wasserdampf. Heda hält direkt darauf
zu. Sie bewegen sich die steile Böschung hinab. Als vor ihnen der Braune
auftaucht, zügelt Malcom Brix. Er sitzt ab und wirft seinem verschwitzten Pferd
seinen warmen Mantel über. Zögernd geht er auf das untere Becken zu, an dessen
Rand Heda Schwanz wedelnd verharrt. Freudig jaulend blickt das Tier Richtung Becken,
tänzelt aufgeregt von einem Bein aufs andere. Als er Joans ansichtig wird,
atmet Malcom erleichtert

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