Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
Vom Netzwerk:
verdammtes Wunder, dich hier vergnügt bei Speis und Trank zu sehen.“ Er
küsst ihre Stirn.
    Sie lacht. „Du weißt doch, ich
gebe niemals auf.“
    „Was musstest du Gevatter Tod
versprechen, dass er dich wieder aus seinen Klauen entließ“, feixt er, doch
seine Miene ist unvermutet ernst.
    Joan blickt ihn nachdenklich
an. Ihr ist auch die Aufmerksamkeit von Malcom und Blanche zuteil, die sie
verstohlen mustern. Sie muss ihnen wohl eine Antwort geben. Eine, die alles
verständlich macht, ohne zu verwirren. „Es geschah aus Liebe“, erklärt sie, was
die Wahrheit ist.
    Raymond stutzt verwirrt.
    Blanche drängt ihn etwas zur
Seite, um Joan Robert zu reichen.
    „Wie meinst du das“, fragt er
verstört.
    Joan indes wendet sich wieder
auf die Seite, so dass Blanche ihr das Kind anlegen kann. Sie stillt ihren Sohn
im Liegen. „Er ist gewachsen“, stellt sie verwundert fest und kann den Blick
nicht von ihm lösen. „Wie kommt es, dass meine Milch, während ich fieberte,
nicht versiegte?“
    „Als du allmählich gesundetest,
legten wir dir Robert immer wieder mal an“, erklärt Blanche. „Wir ließen ihn
nur wenig trinken, damit es dich nicht noch mehr schwächt. Aber es reichte aus,
deine Milch am Fließen zu halten.“
    Joan nickt verstehend.
    „Wie hast du das gemeint“,
drängt Raymond unbeirrt.
    Joan wendet sich ihm wieder zu.
Dabei wägt sie ab, wie viel sie ihm anvertrauen kann. „Was ich damals erlebte,
kann ich nur schwer beschreiben. Ihr würdet mir ohnehin keinen Glauben
schenken.“
    Er schüttelt jedoch beharrlich
den Kopf. „Soll das heißen, du wärest aus Liebe wieder lebendig geworden“, hakt
er ungläubig nach.
    Sie zuckt die Schultern. „Aus
Liebe wieder UMGEKEHRT, trifft es wohl besser“, erklärt sie wortkarg, streift
Malcom neben ihr mit flüchtigem Blick und wendet sich wieder ihrem Sohn zu.
„Ich fühlte Malcoms Schmerz.“
    Raymond bläst fassungslos die
Luft aus. Sie spürt Malcoms Blick, dem sie jedoch ausweicht. „Ich sagte doch,
du wirst mir nicht glauben“, bemerkt sie und sieht ernsthaft zu ihrem Vater
auf. „Und dies zählt noch zu den verständlicheren Geschehnissen, die mir
wiederfuhren.“ Sie liest Befremden in seiner Miene.
    „Du erinnerst mich nicht zum
ersten Male an deine Mutter“, raunt er zu ihrer Überraschung. Es geschieht
leider nur allzu selten, dass er ihre Mutter erwähnt. Ihrem fragenden Blick
hält er jedoch nicht stand, so dass sie ohnmächtig seufzt. Wie oft hatte sie
ihn schon nach ihrer Mutter gefragt! Es hatte Raymond stets mit
Verschlossenheit reagieren lassen.
    „Eine Liebe, die den Tod
überwindet“, folgert er versonnen. „Das geht in die Familienannalen ein!“

Im Bunde mit dem
Leibhaftigen?
    „Ach
Malcom, lass mich doch endlich wieder mit euch zusammen speisen. Ich bin ja nun
wahrlich kräftig genug, den Treppenturm zu nehmen“, fleht Joan rücksichtsvoll
flüsternd, um Robert nicht zu wecken, und erhebt sich vom Bett. „Wie lange bin
ich hier bereits eingesperrt? Es muss doch bald Pfingsten sein!“
    Malcom belächelt ihre masslose
Übertreibung nachsichtig, bemerkt dann jedoch ihre ratlose Miene. „In etwa zwei
Wochen ist Christi Himmelfahrt“, erklärt er ihr daraufhin.
    Es besagt ihr, dass etwas
weniger als ein Monat verstrich, seit sie Ostern ins Fieber fiel. Ein Umstand,
den sie kaum fassen kann. „Viel zu lange“, befindet sie zerknirscht.
    Er hatte sie abschätzend
beobachtet und gibt bei ihrer grimmigen Miene nun seufzend nach. Denn er muss
erkennen, dass ihrem Freiheitsdrang nicht länger mit Beschwichtigungen
beizukommen ist. „Ich hole die Amme. Sie kann ebenso gut hier auf Robert Acht
geben, während er schläft.“
    „Er wird auch weiterhin bei uns
schlafen. Dass sie ihn stillte und er weit weg von uns schlief, gehört der
Vergangenheit an“, erklärt sie bestimmt, was ihn beim Anblick ihres verärgerten
Gesichtes lächeln lässt. Beschwichtigend küsst er ihre Stirn.
    „Sie hat es doch nur gut
gemeint. Du solltest ungestört zu Kräften kommen. ... Niemand will Robert von
dir fern halten.“
    Joan atmet durch. Sie weiß,
dass er Recht hat. Doch das geschäftige Gebaren der Amme um ihren Sohn macht
sie ganz wütend. Sie will endlich allein für ihn sorgen.
    „Du bist eine sehr fürsorgliche
Mutter, Joan. Betrachte sie einfach als deine Unterstützung.“
    „Gut“, meint sie mit fester
Stimme. „Schließlich bin ICH seine Mutter.“
    Er drückt ihr einen Kuss auf
die Nasenspitze. „Die beste, die er haben

Weitere Kostenlose Bücher