Die rote Farbe des Schnees
eingelassenen eisernen Ringen, sowie an im
Erdboden verankerten Querbalken festgemacht sind. Die Menschen laufen vor der
wildgewordenen Kreatur kreischend in alle Richtungen auseinander. Nur die
Kinder in der Nähe von Joan bleiben mit ihren Stöcken in den Händen neugierig
wie angewurzelt stehen. Joan überlegt, ob sie diese fortscheuchen soll, als
jedoch das panische Wiehern der Pferde ihre Aufmerksamkeit bannt. Die Tiere tänzeln
nervös und schlagen verängstigt wiehernd wild mit den Hinterläufen nach dem
kläffenden Hund aus. Dabei kommen sie sich gegenseitig mit ihren kräftigen
Hufen gefährlich nahe.
Malcom tritt plötzlich mit
Gerold aus den Stallungen heraus und blickt irritiert zu den angsterfüllten
Pferden herüber. Die Wache gelangt endlich beim Hund an und sticht mit den
Lanzen nach ihm. Einer der Männer verletzt ihn an der Seite, worauf das Tier
aufjaulend zu ihm herumfährt. Joan wägt ab, ob sie einfach zum gerade unbewachten
Tor herausspazieren soll, als der Hund mit einem Male ihre Richtung einschlägt.
Die Wache kommt laut fluchend hinter ihm hergerannt. Trotz seiner Verletzung
ist das Tier enorm schnell. Joan sieht bestürzt auf die Kinder wenig vor ihr
herab. Sie sind vor Schreck wie versteinert. Der Hund steuert direkt auf sie
zu. Sie zögert keinen weiteren Augenblick. Mit ein paar langen Sätzen gelangt
sie vor die Kinder, währenddessen hat sie den Dolch aus dessen Scheide gezogen.
Der Hund nimmt Joan ins Visier und ist nur noch ein paar Sprünge von ihr
entfernt, als sie blitzschnell ausholt und den Dolch nach ihm wirft. Die Waffe
dringt ihm wohlgezielt bis zum Schaft ins linke Auge, so dass sich das Tier
überschlägt. Es gleitet stiebend auf Joan zu, bevor es reglos im Staub direkt
zu ihren Füßen liegen bleibt.
Joan tritt vorsichtig vor dem
Tier zurück und atmet auf. Es ist ein gutes Gefühl. Wie hat sie den Umgang mit
einer Waffe vermisst! Sie vernimmt Gemurmel und blickt auf. Die Wachmannschaft
ist ein paar Schritte vor ihr stehen geblieben und starrt sie verblüfft an.
Langsam nehmen die Männer ihre noch immer gesenkten Lanzen wieder hoch. Joan
bemerkt plötzlich, dass sie von vielen Menschen, die zögernd wieder aus ihren
Deckungen hervortreten, angestarrt wird. Sie schluckt. Ein solch öffentliches
Interesse ist das Letzte, was sie im Moment gebrauchen kann. Gefühlsmäßig geht
sie einige Schritte zurück Richtung Tor, als Malcom plötzlich hinter der Wache
auftaucht und die Männer leichthändig beiseite schiebt. Er steht in Rüstung nur
wenig vor ihr und blickt auf den riesigen toten Hund herab. Sie bemerkt das
schöne Wappen auf seinem Waffenrock. Eine purpurn blühende Distel auf silbernem
Grund. Es kommt ihr vertraut vor. Ihre Augen weiten sich, als ihr einfällt,
woher sie es kennt. Ihr ältester Bruder Gabriel trug es als Wappen seines
Dienstherrn. Dann gewahrt sie, dass Malcom sie mustert. Ihr werden die Knie unter
seinen Blicken weich und sie überlegt, ob sie einfach kehrt machen und
losrennen soll. Es würde ihr ein Leichtes sein, die gerüsteten Männer
abzuhängen.
„Wie lautet dein Name?“
Joan reißt entsetzt die Augen
auf. Sie hat sich keinen überlegt. „J ... Jack“, platzt es aus ihr heraus.
„Und weiter?“
„Nichts weiter. ... Nur Jack“,
erwidert sie hastig. Unter seinen grübelnden Blicken bricht ihr der Schweiß
aus. Er MUSS sie doch erkennen!
„Wie alt bist du?“
„Dreizehn, ... glaube ich.“
Gerold taucht an seiner Seite
auf und sieht als erstes ebenfalls auf das tote Tier hinab. Dann wandert sein
musternder Blick zu Joan.
Malcom räuspert sich und kommt
nun ganz nahe an sie heran. Er streckt eine Hand aus, um ihr gleich darauf mit
Daumen und Zeigefinger das Gesicht am Kinn nach oben zu drücken. Mit
verhaltenem Kopfschütteln blickt er ihr direkt in die großen, herrlich grünen Augen.
Seine Miene verrät pure Verwunderung. Plötzlich erhellt ein wissendes Grinsen
sein Gesicht, welches sie glauben lässt, dass alles verloren sei.
„Raymond, du alter Hurenbock“,
raunt er nur mehr zu sich, während er sie wieder los lässt, doch Gerold verfällt
ebenfalls ins Grienen.
Ihr fällt ein riesiger Stein
vom Herzen. Offenbar halten sie sie für einen weiteren Bastard ihres Vaters.
Ihr Geschick im Umgang mit einer Waffe ist ihrer Tarnung nur zuträglich, nein,
macht sie gar erst glaubhaft. Es hat Malcom wohl nicht einen Moment daran
zweifeln lassen, einen Knaben vor sich zu haben.
„Du trägst das Thornsby-Wappen,
die Kleider
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