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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Schienen an
beiden Armen und Beinen, des Brustharnisches und hilft ihm schließlich aus
Kettenhaube, Kettenhemd und Kettengamaschen heraus. Seine maßgefertigte Rüstung
ist von ausgezeichneter Beschaffenheit, viel leichter als die alte ererbte
ihres Vaters, und erlaubt ihm vergleichsweise mühelose Bewegungen. Gegen Rosten
ins Metall eingebrannte Ölmischungen lassen sie bläulich, stellenweise auch
schwarz schimmern. Trotz allem würde er sich ihrer nur schwerlich allein
entledigen können. Er zieht sich das dicke, gesteppte Gambeson, welches
feindliche Schläge und Stöße zum Körper hin abfedern soll, über den Kopf und
atmet erlöst auf. In dieser Mittagshitze muss es sich in der Rüstung wie in
einem Backofen anfühlen. Malcom erhebt sich und steht in Leinenhemd, engen
ledernen Beinlingen und gespornten Stiefeln vor ihr. Er dreht ihr den Rücken
zu, um sich in Richtung der Packpferde in Bewegung zu setzen. Als er bemerkt,
dass sie ihm nicht folgt, wendet er sich nach ihr um.
    „Jack, du kommst stets mit
mir.“
    Sie nickt überrascht. „Wohin,
Sir?“
    „Im Moment Kleinvieh jagen,
bevor uns die anderen alles vor der Nase weggefangen haben.“
    Begeistert springt Joan auf.
Endlich darf sie wieder einmal auf die Jagd mitkommen! Sie gehen zu den
Packpferden hinüber, wo Malcom aus einem nebenstehenden Tragekorb einen Bogen
und eine Armbrust zum Vorschein bringt. Er reicht ihr den Bogen mitsamt einem
Köcher voller Pfeile und mustert sie abschätzend.
    „Ist eine Weile her, dass ich
hier umherstreifte. Ich nehme an, du kennst dich besser aus, als ich. Welche
Richtung schlägst du vor?“
    „Ich habe schon lange nicht
mehr gejagt, Mylord“, wendet sie ein, worauf er ein verstimmtes Brummen
vernehmen lässt.
    „Wo warst du früher mit deinem
Vater unterwegs?“
    Sie überlegt kurz und grinst.
„Aber wir brauchen die Pferde.“ Auf sein gleichgültiges Schulternzucken hin
ruckt sie mit dem Kinn nach vorn. „In der Nähe befindet sich ein kleiner See.
Dort gibt es Enten, vielleicht gar ein paar Gänse.“
    Malcom nickt zufrieden. „Dann
los.“
    Sie reiten ohne Sattel, Joan
wieder ihren Rappen, Malcom einen Fuchs, eines der zusätzlichen Reitpferde. Der
Wald hat sich ein wenig gelichtet, so dass sie die Tiere im Gelände zum Galopp
antreiben. Joan führt sie auf einen Waldpfad. Wenig später verlangsamt sie das
Tempo, um kurz darauf ihren Rappen abrupt zu zügeln. Als Malcom neben sie
kommt, weist Joan mit ausgestrecktem Arm wortlos auf die zwischen den Bäumen
schimmernde Seefläche. Er nickt einverstanden und sie sitzen ab. Die Pferde
machen sie mittels einer Leine am Halfter an zwei kleineren Bäumchen fest.
Möglichst lautlos bewegen sie sich dann auf den See zu. Noch bevor sie das Ufer
erreichen, vernehmen sie bereits die arglosen Rufe einiger Gänse. Sie können
die Tiere daraufhin im Schilf ausmachen.
    Malcom blickt sie an und macht
mit der Hand eine einladende Geste auf die Vögel zu. Er lässt ihr den Vortritt,
offenkundig, um die Treffsicherheit seines Knappen auf die Probe zu stellen.
    Mit bangem Gefühl nimmt Joan
den Bogen zur Hand, streicht zögerlich über das glatte Eibenholz. Es ist über
zwei Jahre her, dass sie ein Auerhuhn schoss. Sie kann nicht abschätzen, wie
treffsicher sie noch ist. Klopfenden Herzens entnimmt sie dem Köcher auf ihrem
Rücken etliche Pfeile und klemmt diese zwischen die Zähne.
    Malcom bedenkt es mit
verwundert gehobenen Brauen.
    Joan indes richtet ihr Augenmerk
unbeirrt zum Schilf hinüber, rastert daraufhin den Boden zu ihren Füßen suchend
ab und wird fündig. Als sie Malcom einen faustgroßen Stein reicht, nickt er
verständig. Sie legt einen Pfeil an die Sehne und wartet, dass er wirft.
    Malcom holt aus und der Stein
landet plumpsend im Wasser nahe beim Schilf.
    Unter aufgeschrecktem Schreien
fliegen die Gänse panisch hoch.
    Joan zielt und schießt ihren
ersten Pfeil ab. Noch während sich dieser in der Luft befindet nimmt sie mit
einer fließenden Bewegung einen nächsten Pfeil aus ihrem Mund, legt ihn
blitzschnell an und schickt ihn dem ersten hinterher. Der hat sein Ziel schon
erreicht und eine Gans fällt Federn lassend tot vom Himmel. Dann eine zweite,
dritte, vierte und fünfte.
    „Es reicht“, ruft Malcom aus,
während er ihr Einhalt gebietend eine Hand auf die Schulter legt.
    Joan lässt den Bogen daraufhin
mit einem weiteren angelegten Pfeil sinken und blickt in sein grinsendes
Gesicht.
    „Du sollst sie nicht gleich
ausrotten“, äußert er,

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