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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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diskret in Blanches Gemach.
    Blanche wischt sich schniefend
über die Augen.
    „Wäre es dir lieber, wenn ihm
der Tod meiner Geschwister gleichgültig wäre? Er berührt ihn zutiefst.“
    Blanche nickt. „Ich weiß.
Natürlich verstehe ich das.“ Sie blickt zu Joan auf. „Es ist nicht leicht für
mich, Joan. Der Tod deiner Geschwister hängt wie ein erstickender Schatten über
deinem Vater und mir. Ich fühle mich von ihm zurückgesetzt.“
    „Ich glaube, du malst alles zu
schwarz. Er liebt dich und eure Kinder abgöttisch. Ihr haltet ihn am Leben. ...
Wenn es euch nicht gäbe, wäre er schon längst verzweifelt.“
    „Dann könnte er endlich ohne
Rücksicht auf uns seine Rache nehmen.“
    Joan atmet durch und schüttelt
den Kopf. „Er muss mit dem Verlust seiner Kinder und seines Titels klar
kommen.“
    „Er musste an einen Baum
gefesselt werden, um sich nicht zu opfern“, erwidert Blanche. Dicke Tränen
rollen ihr die Wangen herab und tropfen dunkel auf den steinernen Boden.
    Joan seufzt und nimmt sie
wieder in den Arm. „Das alles hat nichts mit dir zu tun. Er hätte dich schon
längst zur Frau genommen, wenn er dir mehr bieten könnte.“
    „Daran zweifle ich“, schluchzt
Blanche.
    „Das solltest du nicht. ... Du
tust ihm Unrecht. Als wir damals hier ankamen, wollte er dich nicht fragen,
weil er ans Bett gefesselt war. Dann erfuhr er, dass er geächtet, besitzlos und
seiner restlichen Kinder beraubt ist.“
    Blanche macht sich schniefend
von ihr los, um ihr forschend ins Gesicht zu sehen. Als Joan ein nachsichtigs
Lächeln andeutet verdreht sie reuevoll die Augen. „Oh Joan, was ist nur los mit
mir.“
    Diese seufzt. „Du hast ein Kind
entbunden, bist empfindsam und willst einfach nur Sicherheit. ... Es wird
allmählich Zeit, dass er endlich zu seinem Recht kommt.“

Vorkehrungen
fürs Hochzeitsfest
    Robert begrüsst den erwachenden
Tag wie üblich mit hungrigem Schreien. Joan zieht ihn nah an sich heran, um ihn
zu stillen. Malcom neben ihr wälzt sich stöhnend auf den Bauch herum und zerrt
sich das Kissen über den Kopf. Als das Schreien seines Sohnes schließlich
zugunsten dessen leisen Schmatzens verstummt, nimmt er das Kissen wieder herunter
und blinzelt zu ihr herüber. Joan muss über ihn lachen, was ihn schmerzerfüllt
das Gesicht verziehen lässt.
    „Gott, nicht so laut. ...
Bitte“, ächzt er mit noch rauerer Stimme als gewöhnlich, woraufhin Joan
schmunzelnd verstummt.
    „Hast du nichts gegen dieses
verfluchte Kopfweh“, fragt er kläglich.
    „Doch. Aber ehe es wirkt, ist
es schon von selbst verflogen.“
    „Oh nein. Sicher verfliegt es
nicht so leicht“, wendet er ein und setzt sich hoffnungsvoll hoch. Es endet in
einem erneuten peinvollen Stöhnen. Mit an den Kopf gelegten Händen lässt er
sich zurück auf sein Kissen fallen. „Joan“, jammert er.
    „Glaube mir“, meint sie nur
knapp zu ihm und legt Robert an die andere Brust.
    „Du bist grausam“, klagt er
daraufhin vorwurfsvoll.
    Sie antwortet ihm nicht. Nach
einer Weile blickt sie ihn an. Seine Augen sind geschlossen.
    „Malcom?“
    Er blinzelt.
    „Ich mache mir Vorwürfe“,
bekundet sie, was ihn wieder dazu bewiegt, die Hände stöhnend an die Schläfen
zu führen.
    „Weshalb?“
    „Es grämt mich, dass ich Ulman
nicht nach Fiona fragte.“
    Er antwortet nicht gleich,
verzieht stattdessen grübelnd oder auch vor Schmerz das Gesicht. Dann schüttelt
er den Kopf, unterlässt es jedoch sofort und zieht gequält die Luft ein.
„Besser, sie bringen dich nicht mit ihr in Verbindung. ... Ich denke du weißt,
wo sie ist?“
    „Das war vor über drei
Monaten.“
    „Hm. Vielleicht ist sie bei
Verwandten untergekommen“, erklärt er mit gleichmütigem Schulterzucken.
    Sie schüttelt den Kopf. „Ich
glaube, sie hatte keine mehr.“
    Malcom seufzt. „Ulman wird sie
schon nicht im Stich lassen. ... Er mag ein skrupelloser Mörder sein, doch kann
man ihm keine Hartherzigkeit nachsagen. ... Und schließlich rettete sie ihm das
verdammte Leben. ... Joan, lass mich schlafen. Mir zerspringt sonst der
Schädel.“
    Joan setzt sich hoch und legt
Robert neben ihm auf die Matratze. Der Kleine dreht sich vergnügt quietschend
auf den Bauch herum und patscht mit den Händchen auf das Laken. „Das ist es ja,
was mich beunruhigt. Du schicktest ihn auf Pilgerschaft. Er wird für ein Jahr
fort sein. Was wird in dieser Zeit aus Fiona?“ Robert speit einen Schwall Milch
auf das Laken, worauf ihn Joan geschwind wieder auf den Arm

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