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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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dabei zu verletzen. Überdies würde
sie nimmer alle Reste sauber entfernen können. Und es würde Leander sehr
wahrscheinlich Schmerzen bereiten. Sie entnimmt ihrer Gürteltasche die kleine
Flasche mit Bilsenkrautabsud gegen die Narbenbildung und tränkt eine Stofflage
damit, die sie auf seine Wange über die striemenförmige Wunde legt.
    „Im Namen Gottes, ... was ist
das!“ Raymond ist neben sie getreten und starrt erschreckt auf Leander herab.
    Joan wendet sich diesem wieder
zu und legt ihm einen frischen Verband um. „Er hatte einen grausamen Start ins
Leben, Vater. ... Doch er ist zäh. Er wird es überstehen.“
    Raymond streicht sich mit
beiden Händen bestürzt übers Gesicht, wie, um Leanders Anblick zu verscheuchen.
    „Was ist in der Flasche“, fragt
Rupert interessiert, der sich neben ihren Vater gesellt hat.
    Joan ist ob seiner Wissbegier
verwundert und zögert mit einer Antwort. „Ich bin nicht sicher, ob es gut für
dich wäre, wenn du um den Inhalt wüsstest“, erwidert sie stattdessen, kann sich
jedoch eines Grinsens nicht erwehren. Es ist, als würde ihn das Bilsenkraut
magisch anziehen.
    Er stellt den Kopf abwägend
schräg. „Schlafkraut?“ Auf ihr Seufzen hin klatscht er erfreut in die Hände.
„Kaum zu fassen, wofür es alles gut ist. ... Wogegen ist es denn?“
    „Narbenbildung“, murmelt sie
misstrauisch. Auch wenn er ihr den Hinweis mit den Maden gab, ist ihr sein
Interesse an der Heilerei neu. Sie nimmt sich vor, die Flasche nicht aus den
Augen zu lassen.
    Blanche erhebt sich und
überreicht Stephanie wieder ihrer Amme. Ellinor setzt die Kleine auf ihr Pferd,
um sich geschickt hinter sie zu schwingen. Aidans Beinlinge sitzen ihr wie
angegossen.
    Joan erhebt sich und blickt
auffordernd in die Runde. „Jemand muss Leander nehmen. Ich reite ab jetzt mit
Blanche zusammen.“
    Die Männer erheben sich aus dem
Gras und gehen zu ihren Pferden, während Rupert mit nach Leander ausgestreckten
Armen an sie herantritt.
    Raymond ist plötzlich neben
ihr. „Lass nur“, bemerkt er mit einem umständlichen Räuspern. „Ich werde ihn
nehmen.“
    Sie kommen nun erheblich
schneller voran, als zuvor. Als es dämmert, schlagen sie ihr Nachtlager
oberhalb eines kleinen Baches auf. Joan legt sich mit Leander auf dicke
Schafsfelle nahe des Feuers und achtet darauf, dass es während der Nacht nicht
erlischt. Im Morgengrauen verzehren sie etwas Brot zu Trockenfleisch aus ihren
Satteltaschen und saftigen kleinen Äpfeln von einem wilden Baum. Als sie den
Hadrianswall passieren, atmen alle ein wenig auf. Sie nehmen von nun an die
Römerstraße und halten nach Malcom Ausschau. Von fahrenden Krämern kaufen sie
ihre Nahrung für den Tag.
    „Ob wir es noch zur Hochzeit
schaffen“, überlegt Blanche hinter ihr laut.
    Joan zuckt die Schultern. „Es
ist mir mittlerweile einerlei. Wichtiger ist, dass wir wohlbehalten in Dowell
eintreffen. Je schneller wir vorankommen, umso besser.“
    Die Sonne versinkt als roter
Feuerball hinter einem Berg zu ihrer Rechten.
    „Wir sollten uns einen
Lagerplatz suchen.“ Gerold ist neben sie gekommen.
    „Ja, ich habe einen bestimmten
im Gedächtnis. Malcom nahm ihn auf dem Weg nach Stirling, wie du dich
vermutlich entsinnst.“
    Gerold nickt. „Wir müssten ihn
bald erreichen.“
    Wenig später erkennt sie den
Abzweig wieder und reitet hinter Gerold einen schmalen Pfad entlang. Als sie
Rauch von einem Feuer vernimmt, macht ihr Herz einen Freudensprung. Die kleine
Lichtung tut sich vor ihnen auf. Joan gewahrt Malcom, der mit John auf sie
zukommt. Er stutzt, als er Raymond und Blanche erkennt.
    Joan zügelt ihren Schimmel und
schwingt sich aus dem Sattel. Heda kommt freudig kläffend angerannt, um
schwungvoll an ihr hoch zu springen. Sie krault ihr kurz durchs Fell, hilft
noch Blanche vom Pferd herunter und geht auf Malcom zu. Dieser lauscht Gerold
soeben aufmerksam. Er blickt sie zerstreut an und zieht sie an sich.
    „Wir sind zu dem Schluss
gekommen, dass sie auf Farwick Castle nicht mehr sicher sind“, erklärt Gerold.
    Malcom seufzt gedehnt und
blickt konsterniert zu den Baumwipfeln vor ihnen empor. Er nickt. „Wie konnte
ich nur den dummen Fehler begehen und diesem Hundsfott Glauben schenken.“
    „Wer konnte ahnen, dass er sich
nicht an seine Abmachung hält! Es muss ihn mächtig gewurmt haben, dass wir ihn
derart in der Hand hatten“, bemerkt John, worüber Malcom nickt. Er schlägt
Gerold auf die Schulter.
    „Ihr habt richtig gehandelt. Jetzt
kommt. Alles

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