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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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gekommen und hätte die Abreise verzögert. Unter all den
Bewaffneten wagten sie sich lediglich nicht an dich heran. Es ging darum, dass
sie nicht von uns festgesetzt würden und wieder vortreffliche Zeugen gegen Percy
abgäben.“
    Joan tippt Blanche an die
Schulter. Diese dreht sich zerstreut zu ihr herum und blickt ihr ins lächelnde
Gesicht. „Dieses Mal bin ICH es, die dir Kleider zukommen lässt.“
    Blanche runzelt verständnislos
die Stirn.
    „Du brauchst Beinkleider zum
Reiten“, erklärt Joan. Ungeduldig zieht sie ihre verdutzte Freundin am Arm in
Richtung zum Wohnturm.

Raymond flieht
    Sie reiten
durch Farwick, um sich auf einem weiterführenden Pfad durch den Wald nach Süden
zu schlagen. Denn sie wagen nicht, die alte Römerstrasse zu nehmen. Im Dorf ist
man eifrig dabei, vom Brand beschädigte Häuser auszubessern oder abzureißen.
    Eine junge Bauersfrau kommt
ihnen aufgeregt entgegengeeilt und verhält in tiefer Verbeugung vor Joan, die
daraufhin ihr Pferd zügelt.
    „Mylady. Ihr seid meine letzte
Hoffnung. Ich flehe Euch an, bitte helft mir. Eines meiner Kinder ist an den
Masern erkrankt.“
    „Grundgütiger“, ruft Raymond
neben Joan. „Sie wird nichts dergleichen tun. Willst du, dass sich diese Kinder
hier auch noch anstecken?“ Mit einer verärgerten Geste weist er auf Stephanie
und Leander in den Armen von Ellinor und Joan selbst. Als er deren
vorwurfsvolle Miene gewahrt, stößt er verächtlich die Luft aus. „Das kann nicht
dein Ernst sein. Überdies haben wir keine Zeit dafür!“
    „Es wird nicht lange währen“,
erklärt ihm Joan beschwichtigend. „Führe uns zu deinem Haus“, meint sie an die
Bauersfrau gewandt, welche sich erleichtert zeigt.
    „Vergelts Euch Gott, Mylady“,
murmelt diese, um sogleich herumzufahren und ihnen eifrig vorauszueilen. „Es ist
nicht weit. Hier entlang.“
    Sie sollte Recht behalten.
Gleich in Nähe der Kirche bleibt die Frau bei einem strohgedeckten Bauernhaus
stehen, zu dessen Hof noch Ställe und eine Scheune gehören, bei denen sich eine
Vielzahl weiterer Bauersleute aufhält. Vermutlich jene, die durch den Überfall
der Schotten ohne Obdach geworden sind.
    Joan sitzt ab. „Bleibt hier
draußen, Vater. Ich werde gleich zurück sein.“ Geflissenlich ignoriert sie
dessen mürrische Miene und folgt der besorgten Bäuerin ins Haus nach. Sie betreten
den geräumigen Wohnraum, wo auf einer Pritsche ein etwa Zehnjähriger hustend im
Fieber liegt. Schweißüberströmt wälzt er sich unruhig hin und her, die
rostroten Male auf seiner Haut sind kaum zu übersehen.
    Joan drückt seiner Mutter
Leander in die Arme. „Wo ist Rian, der Heilmann?“
    „Manches Mal ist er einfach
nicht aufzufinden“, kommt die verzweifelte Antwort. „Was kann ich nur noch tun?
Sein Fieber ist so hoch ... Herrgott, warum strafst du uns so? Erst dieser
Überfall und nun die Masern!“
    Joan kniet beim Lager des
Kindes nieder und schlägt seine Decke zurück. Beim Anblick der kalten Wickel um
Bauch und Beine seufzt sie. „Du hast schon zu viel getan“, erwidert sie,
während sie schleunigst die Wickel wieder abnimmt. „Das Fieber muss sein, damit
sich sein Körper gegen die Krankheit wehren kann. Wenn es unterdrückt wird,
könnte er bleibende Schäden zurückbehalten, erblinden oder irre werden. Lass
ihm einfach seine Ruhe und versuche, ihm warmes Wasser einzuflößen. Er ist von
kräftiger Statur und wird das Fieber gut überstehen. Es gehört zum Prozess der
Heilung. Denn auf diesem Wege befindet er sich bereits.“
    Die Frau streicht sich mit
bebender Hand übers Gesicht. „Irre, sagt Ihr?“
    Joan kommt lächelnd neben sie,
um ihr Leander wieder abzunehmen. „Sei unbesorgt. Ich bin zuversichtlich, dass
er die Masern unbeschadet übersteht. Du wirst bei ihm hernach vermutlich gar
einen wacheren Geist feststellen. Denn wenn der Körper krank ist, erblüht der
Geist. Er reift mit jeder Krankheit, insbesondere durch eine solch intensive,
wodurch es zu einem Schritt näher zum eigenen Selbst kommt.“ Sie weiß es von
Gwen, hat dieser Weisen all ihr Heilwissen zu verdanken. Plötzlich wird sie
stutzig. Denn wäre es nicht eine einleuchtende Erklärung dafür, wie Joan selbst
zu ihren Fähigkeiten gekommen ist? Sie hatte im Kindbettfieber gelegen, bevor
sie begann, die Farben zu sehen … „Du kannst für seine schnelle Genesung
beten“, bedeutet sie der Bäuerin zerstreut.
    Tränen der Erleichterung rinnen
der Bauersfrau die Wangen herab, welche sie sogleich

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