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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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doch ihr seid umsonst auf der Suche.“
    Malcom springt ächzend auf und
schüttelt sich angeekelt.
    „Haben wir Flöhe im ach so
sauberen Bett, oder was sonst hat dich gebissen, dass du derart hochfährst.“
    Er stützt die Hände gereizt in
die Seiten. „Überspanne den Bogen nicht, Frau!“
    Sie blickt ihn schweigend an,
um daraufhin einsichtig zu nicken. „Verzeih. Doch dein plötzlicher Hang zur
Sauberkeit hat mich aufgebracht.“
    Er atmet durch und zeigt mit
dem Finger auf Leander. „Ich bin gespannt, als was du das hier bezeichnest“,
faucht er gedämpft, um die Kinder nicht zu wecken.
    Ihr trübt sich plötzlich der
Blick, bevor sie auch schon im nächsten Moment gegen die Tränen ankämpft.
Kopfschüttelnd sinkt sie auf die Matratze, wischt sich schniefend über die
Augen. Malcom bläst die Luft aus und setzt sich seufzend neben sie. Versöhnlich
zieht er sie an sich, um ihr besänftigend übers Haar zu streichen.
    „Es war wohl etwas zu viel der
Aufregung in den letzten Tagen“, meint er und küsst ihre Stirn. „Er liegt dir
mehr am Herzen, als du zuzugeben bereit bist.“
    Mit einem Nicken gibt sie ihm
schniefend recht. Dann sammelt sie sich. Durchatmend löst sie sich von ihm. „Es
macht mich ganz krank, ihm nicht anders helfen zu können, ... ihm diese Viecher
zumuten zu müssen. Er ist doch schon gestraft genug. ... So klein und wehrlos.“
    Sie sitzen schweigend nebeneinander.
Schließlich küsst er ihre Nasenspitze.
    „Sie haben also ihre Mahlzeit
beendet. ... Lassen wir ihm ein Bad angedeihen. Ich besorge warmes Wasser und
wir befreien ihn von den Biestern.“

Feurige Gemüter
    Joan
erwacht im Morgengrauen vom Weinen Roberts. Er kniet in seinem Bettchen und
sieht zu ihr herüber. Unausgeschlafen erhebt sie sich und holt ihn ins Bett. Er
sucht ihre Nähe. Sie gibt ihm die Brust, wobei sie wieder einschläft. Als sie
scheinbar kurz darauf erwacht, ist das Gemach vom Sonnenschein lichtdurchflutet.
Robert und Malcom sind verschwunden. Leander neben ihr blickt sie mit seinem
verbliebenen dunkelblauen Auge an. Er streckt eine Hand nach ihr aus und gurrt
vergnügt vor sich hin. Der Verband um seinen Kopf ist nun schmaler ausgefallen.
Er scheint ihn nicht mehr zu stören. Wenn die Wunde abgeheilt ist, wird sie ihm
eine Augenklappe anlegen. Behutsam beugt sie den Kopf über ihn. Er begrüßt sie
mit einem Lächeln und tatscht ihr übermütig ins Gesicht. Ein zarter Duft nach
dem Lavendel der Seife, mit der sie ihn gewaschen haben, entströmt ihm. Sie
lächelt zurück und küsst dem Kleinen die Stirn. Dann kann sie ihren knurrenden
Magen nicht länger ignorieren und erhebt sich, um sich anzukleiden. Seit
gestern Mittag hat sie nichts mehr zu sich genommen. Nach dessen nur mit
Widerstreben geduldetem Bad hatte sie Leander lediglich schnell ins Bett
bringen wollen und beging den Fehler, sich beruhigend neben ihn zu legen. Sie
muss unverzüglich eingeschlafen sein. Eilends stillt sie das Kind noch ein wenig,
um beim Morgenmahl unbehelligt zu bleiben, erhebt sich dann und begibt sich mit
ihm auf dem Arm eine breite Holztreppe hinab zur Großen Halle. Diese ist
prächtig. Die Holzbalkendecke ist aufwändig mit Schnitzereien und Bemalung
verziert. Vier dreilichtige Fenster spenden eine wahre Lichtflut, welche
herrliche Wandteppiche ins rechte Bild setzt. Diese sind mit meisterhaften
Stickereien geschmückt, überwiegend biblischen Motiven, und verleihen der Halle
im Zusammenspiel mit den behaglich prasselnden Feuern in zwei mannshohen
Kaminen Wohnlichkeit. Ein beträchtlicher Teil der Tafel wurde bereits
aufgehoben, die langen Eichenbretter von den Holzböcken genommen und an die
Wand gelehnt. Etliche fremde Gesichter blicken ihr neugierig entgegen. Ihre
Familie sitzt unter ihnen noch am Quertisch und lässt sich Weintrauben von
einem ausladenden Tablett munden. Sie erblickt Miriam und erschrickt über deren
bleiches, eingefallenes Gesicht. Die einst schöne Frau ist nur noch ein
kränkliches Abbild ihrer selbst.
    „Joan, komm hier herüber!“ Amál
neben Miriam hat sich erhoben und winkt ihr zu. Joan kann Malcom nirgends
entdecken, auch von Robert fehlt jede Spur.
    „Komm! Malcom hat dir ein
Präsent hinterlassen.“
    Sie umrundet die Tafel, welche
gar von einem Tischtuch bedeckt ist, und grüßt Awin und Miriam zu Amáls Seiten.
Letztere umarmt sie dabei herzlich, da sich ihre Wege seit ihrer Ankunft noch
nicht gekreuzt hatten. Miriam rutscht etwas zur Seite, damit Joan neben ihr und
Amál Platz

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