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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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guthieß.“
    „Redest du vom König?“
    „Ja, leider.“
    Sie schweigen.
    „Malcom wird nicht zulassen,
dass du ihn in die Schlacht begleitest“, bemerkt er schließlich zu ihrer
Überraschung.
    „Warum?“
    „Du bist noch zu jung. ... Er
hat einfach schon zu viele Knappen verloren. ... Und er kann es sich leisten,
auf die kostbaren Rüstungen und Pferde seiner gefallenen Gegner zu verzichten,
welche du einsammeln müsstest. ... Mal davon abgesehen, dass kein Schotte etwas
so Wertvolles wie eine gute Rüstung oder ein Schlachtross besitzt.“ Er streckt
die Hand aus und streicht Brix beiläufig die Flanke. Augenblicklich legt das
Tier die Ohren an, wendet den Kopf blitzartig zu ihm herum und schnappt nach
seiner Hand. Phil kann diese gerade noch vor den gebleckten Zähnen wegziehen
und weicht erschrocken einen Schritt zurück. „Siehst du! Das ist sein WAHRES Gesicht“,
ruft er verdrießlich.
    Joan ist verdutz. „Du alte
Mähre! Was ist das für ein Benehmen!“ Sie versetzt Brix einen zurechtweisenden
Klaps über das weiche Maul, so dass er beinahe verächtlich schnaubt. „Das habe
ich allerdings nicht erwartet. ... Komm, wir sollten ihn nicht länger mit
unserer Gesellschaft verwöhnen.“
    „Auf meine scheint er sowieso
nichts zu geben“, brummt Phil etwas verstimmt. „Wir sollten versuchen, zu
schlafen. Es ist spät.“

Ein Alptraum
    Joan liegt
weich, doch ihr Bett ist kalt. Feuchtigkeit kriecht ihr eisig die Rückseite des
Körpers herauf und bemächtigt sich ihrer, so dass sie durch und durch vor Kälte
zittert. Sie wagt nicht, die Augen zu öffnen. Der Geruch des Todes hängt in der
Luft. Die Totenstille um sie herum wird nur durch das kehlige Krächzen von
Raben unterbrochen. Sie ahnt, was sie erblicken wird und hat entsetzliche
Angst. Dann landet einer der Vögel krähend auf ihr, schlägt ihr haltsuchend die
Krallen in den Bauch. Sie schreckt hoch, was das Tier wieder verscheucht. Als sie
die Unzahl verwesender Toter auf dem Schlachtfeld erblickt, schließt sie
schnell wieder die Augen. Dann wird sie stutzig und blinzelt. Entsetzt reißt
sie wieder die Augen auf, als sie Malcom in ihrer Nähe im Schlamm liegend
gewahrt. Er ist tot. Zwei Krähen balgen sich um sein verbliebenes Auge.
    Joan fährt keuchend hoch. Sie
ist durch und durch nass geschwitzt. Phil ihr gegenüber bedenkt sie mit
gerunzelter Stirn, während er sein Kurzschwert gürtet. Die Mehrzahl der Männer
ist bereits auf den Beinen. Ein blutroter Himmel bezeugt ihr die soeben
aufgehende Sonne.
    Das Morgenmahl besteht aus den
Resten des Wildgeflügels vom vorherigen Tage sowie frischem Wasser aus dem
Weiher. Joan besorgt sich einen ledernen Wasserbeutel, den sie, für unterwegs
befüllt, an ihren Sattelknauf hängt. Die Männer haben lediglich ihre
zweckmäßige, schlichte Reisekleidung angelegt. Diese besteht meist aus
enganliegenden, ledernen Beinkleidern, welche unten oftmals in dünnen Schuhen
enden, und leichten, gegürteten Röcken. Einige tragen darüber offene Mäntel,
mit einer Spange oder Schnur über der rechten Schulter gehalten, oder die
Kappe, einen Reiseumhang mit Kopfloch und Kapuze. Bis auf deren Schwerter haben
die Knappen die Rüstungen ihrer Herrn auf die Packpferde verladen.
    Der nunmehr wolkenlose Himmel
verspricht einen weiteren heißen Tag.
    Joan hat ihre Kappe in der
Satteltasche verstaut. Ihr kürzeres, blondes Haar ist nun gelockt, da es nicht
mehr vom Gewicht der langen Strähnen glatt nach unten gezogen wird. Es kommt
ihr sehr gelegen, weil es sie von der alten Joan äußerlich gewaltig
unterscheidet. Zwar stellt sie vermutlich einen überaus hübschen, jungen
Knappen dar, hat jedoch problemlos unter Malcoms musterndem Blick bestanden.
    Phil löscht noch eilig das
Feuer ihrer Schlafstätte mit ein paar Wurf Erde. Joan schätzt ihn auf neunzehn
oder zwanzig Jahre. Er hat eine besonnene, sichere Art, ist kräftig gebaut und
mit seinen dunkelbraunen Locken und den großen, braunen Augen recht hübsch.
Nachdem er aufgesessen ist, reiht er sich hinter Joan ein. Malcom hat ihr Brix
anvertraut. Sie führt ihn hinter sich am Halfter, dessen Leine sie an ihrem
Sattel befestigte. Kurz darauf ist ihr Trupp bereit und sie setzten sich in
Bewegung.
    Auf der
schnurgeraden Straße herrscht anfangs noch nicht viel Betriebsamkeit. Lediglich
ein paar Bauern mit Ochsengespannen sind unterwegs. Malcom steigert das Tempo.
Joan runzelt die Stirn. Denn wenn sie diese Reisegeschwindigkeit beibehalten,
steht ihnen ein wahrlich

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