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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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verhaltenen Pfiff aus. Brix hebt
daraufhin behäbig den Kopf und äugt zu ihr herüber. Doch nicht lange, und er
grast weiter. Joan hatte offenbar nicht den exakten Ton getroffen und versucht
es nun erneut. Dieses Mal etwas energischer zwischen die Zähne hindurch. Phils
Blick indes wandert gespannt zwischen ihr und dem Pferd hin und her. Auf den
zweiten Pfiff reagiert Brix überraschend gut. Er hebt den Kopf, springt an und
kommt zu ihnen herübergetrabt.
    Begeistert lacht Joan hell auf.
    Phil schüttelt ungläubig den
Kopf.
    Sie erhebt sich und empfängt
das Tier freudig. Brix bleibt erwartungsvoll schnaubend vor ihr stehen. Sie
streichelt und lobt ihn, worauf er mit dem Kopf nickt.
    Phil ist ebenfalls
aufgestanden. Sein Mund verzieht sich zu einem Grinsen. „Es ist kaum zu
glauben.“
    „Vielleicht kann ich ihm ja
sogar noch etwas beibringen“, fällt Joan voller Eifer ein. Siegessicher lächelt
sie zu Phil hinüber, der lieber auf einen Sicherheitsabstand vertraut.
    Er zieht die Brauen hoch.
„Dagegen halte ich!“
    Joan lacht herausfordernd auf.
„Worum wetten wir? ... Ich weiß!“ Sie blickt ihn verschmitzt an. „Wer verliert,
hat die Gäule des anderen drei Tage lang zu betreuen.“
    „Abgemacht. Die kommenden drei
Tage musst du ihm was beibringen.“
    Joan nickt. „Brix musst du dann
natürlich nicht bemuttern, sonst frisst er dich mit Haut und Haar“, räumt sie
kichernd ein.
    „Du nimmst das Maul wahrhaftig
voll“, erwidert er grinsend. „Ich hau’ mich aufs Ohr. ... Viel Erfolg!“ Er
nickt ihr zu und schlendert zurück zu Gerold, der mit Malcom und ein paar
anderen Männern um ihr Feuer sitzt.
    Joan überlegt nicht lange, was
sie Brix am sinnvollsten beibringen könnte. Er soll sich auf ihr Kommando
hinlegen. Oder wenigstens auf die Vorderknie gehen, damit sie ihm den Sattel
auflegen kann. Sie will sogleich damit beginnen und lockt ihn in einen Winkel,
der vor neugierigen Blicken schützt. Behände klettert sie noch auf einen wilden
Kirschbaum in der Nähe und pflückt eine Handvoll der kleinen Früchte. Indem sie
eine davon kostet, stellt sie befriedigt fest, dass sie zuckersüß ist. „Genau
das Richtige für dich Leckermaul.“
    Doch sie muss resigniert
feststellen, dass sie es sich zu einfach vorgestellt hat. Brix verspürt nach
dem langen Marsch heute nicht die geringste Lust auf ihre Spielchen. Erneut
hält sie ihm eine der Kirschen vor die Nüstern und lässt ihn daran schnuppern.
Begierig will er sie mit den Lippen aufnehmen, doch Joan zieht ihm die Leckerei
wieder vor der Nase weg. „Runter, Brix“, ruft sie, während sie ihm mit der
flachen Hand zum vermutlich zehnten Male gegen die Vorderbeine schlägt. Doch
das Tier schüttelt nur schnaubend den Kopf.
    Sie seufzt. „Ich geb’s auf“,
und steckt sich die Kirschen in den Mund. „Du hättest sie haben können, alter
Faulpelz“, erwidert sie auf Brix’ verächtliches Schnauben hin. „Morgen gebe ich
dir noch einmal eine Gelegenheit.“ Brix schaut plötzlich aufmerksam über ihre
Schulter hinweg. Im selben Moment vernimmt Joan ein Geräusch hinter sich.
    „He! Du hast wohl zu wenig
Arbeit, was?“ Sie wird an der Schulter gepackt und grob herumgerissen. Vor ihr
steht ein überaus kräftiger, sommersprossiger Bursche mit rotblondem, glattem
Haar, welches er nach hinten gebunden hat. Er scheint nicht ganz so alt wie
Phil, ist einen Kopf größer als sie und betrachtet sie kühl aus himmelblauen
Augen.
    „Wieso?“ Joan ist überrumpelt.
„Wer bist du überhaupt?“
    Er versetzt ihr eine Ohrfeige,
dass ihr der Kopf zur Seite fliegt und die Wange brennt. „Deine Frechheit wird
dir noch vergehen. ... Merke dir: ich bin Nigel, der Knappe von Edmund. ... Und
DU hast nicht einmal das Recht, hier zu sein.“
    Sie blickt ihn trotzig an,
bevor sie ihm betont gelassen den Rücken zu kehrt, um sich an Brix’ Seite zu
schmiegen. „Was geht es dich an!“
    „Was hast du gesagt?“ Er reißt
sie wieder an der Schulter herum, so dass sie ihn anblickt.
    Joan nimmt all ihren Mut
zusammen. „Was interessiert dich das?“ Er baut sich vor ihr auf, kommt ihr
dabei so nahe, dass Brix zu ihrer Genugtuung nach ihm schnappt. Nigel jedoch
weicht ihm geschickt aus und zerrt sie am Arm mit Gewalt von ihm weg. Sie
flucht insgeheim noch darüber, als sie unversehens ein Fausthieb unter dem
linken Auge trifft und zu Boden schickt. Vor Wut aufschreiend fährt sie zu ihm
herum und tritt ihm mit voller Wucht mit der Ferse vors Schienbein. Obwohl

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