Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
Vom Netzwerk:
die Tür
zum Gang. Als sie auf diesen hinaustritt, empfängt sie beißende Kälte. So
wendet sie flugs, um sich ihren dicken, schön bestickten Wollmantel umzuwerfen.
Er ist dicht gewalkt, wodurch er herrlich warm hält. Überdies ist er von jener
Farbe, welche an Tannengrün erinnert und sie am besten kleidet. Malcom schenkte
ihn ihr zu Neujahr. Leise schließt sie die Tür hinter sich. Weiße Atemwölkchen
bilden sich vor Mund und Nase, als sie zum vierten Stock emporsteigt. Sie
klopft an Ulmans Tür. Dann bemerkt sie, dass in seinem Gemach alles ruhig zu
sein scheint, es dringt kein Laut an ihr Ohr. Sie schnieft resigniert und
wendet sich wieder Richtung Treppe. Als sie hinter sich ein Geräusch vernimmt,
fährt sie herum und blickt direkt in Ulmans erstauntes Gesicht.
    Er schenkt ihr ein Lächeln.
„Lady Greensleeves, was führt Euch mitten in der Nacht zu mir“, fragt er
versonnen, wobei er sich müde durch die blonden Locken fährt. Er hat sich eine
Decke um den nackten Leib gewunden.
    Joan sucht verwirrt nach den
richtigen Worten. „Wo sind die anderen? Was wurde aus der Besprechung“, fragt
sie hastig. Ihre Worte überschlagen sich.
    Er runzelt die Stirn, blickt
ihr direkt in die Augen. „Sie begießen die Vorladung in der Badestube“,
antwortet er bedächtig.
    Sie kann den Blick nicht von
ihm abwenden. Wie könnte sie diesen Augen wiederstehen, diesem sinnlichen Mund?
    Er hält ihrem Blick stand. Ihre
Hand wandert wie von selbst auf seine Wange. Er schmiegt sich dagegen, nimmt
ihre Hand in die seine und küsst sie darauf. Joan rast das Herz in der Brust,
als ob es jeden Moment zerspringen wollte. Sie kommt ganz nah an ihn heran,
ihre Lippen finden sich. Als er sie küsst, kann sie keinen klaren Gedanken mehr
fassen. Ihr ist, als würde sie ein reißender Strudel erfassen, sie wie
willenlos mit sich herumwirbeln. Er lässt plötzlich von ihr ab, und sie sehen
sich atemlos an.
    „Joan“, raunt er, während er
ihr sanft über die vollen Lippen streicht. Sie küsst zärtlich jede einzelne
seiner Fingerkuppen.
    Er schluckt. „Bist du dir
gewiss“, fragt er leise.
    Sie
schüttelt lächelnd den Kopf und setzt ihm wieder die weichen Lippen auf den
Mund. Er umfasst daraufhin sicher ihre Taille und zieht sie an sich gedrückt in
sein Gemach. Beinahe lautlos schließt sich die Tür hinter ihnen.
    Joan bewegt
sich leise die Treppe nach unten. Ein verstohlener Blick aus einem der
schlitzförmigen Fenster verrät ihr, dass es noch stockfinstere Nacht ist. Sie
war in Ulmans Arm eingeschlafen, wurde von ihm liebevoll wach geküsst. Ihr wird
das Herz schwer, als sie an ihn denkt. „Fortuna, welch grausames Spiel treibst
du mit mir! Warum lässt du mein Herz für Malcom und Ulman zugleich schlagen?“
    Plötzlich vernimmt sie von
weiter unten lustiges Stimmengewirr und wagt kaum zu atmen. Malcom und Amál
schleppen sich schweren Schrittes mit einem fröhlichen Trinklied auf den Lippen
die Treppen hoch. Dabei taumeln sie kichernd immer wieder zur Seite oder gar
zurück. Joan nimmt eilig die letzten Stufen zum dritten Stock, hastet zur Tür
ihres Gemaches und tritt leise ein. Behände entkleidet sie sich und legt sich
ins Bett. Allmählich kommt sie zur Ruhe, denkt zurück an die süße, doch
unerfüllte Nacht mit Ulman, spürt nochmals seine Küsse überall auf ihrem
Körper. Ihre Füße sind eiskalt. Plötzlich reißt sie erschrocken die Augen auf
und setzt sich hoch. Mit einem Satz ist sie aus dem Bett heraus und durchwühlt
im Dunkel ihre Kleider. Nicht lange, dann hat sie nüchterne Gewissheit, ihren
Mantel tatsächlich bei Ulman vergessen zu haben. Leise fluchend steigt sie
zurück ins Bett, als sich auch schon die Tür öffnet, um Malcom wankend
eintreten zu lassen. Er entkleidet sich im schmal durch die Türspalte
einfallenden Lichtschein der auf dem Gang befindlichen Fackel, zieht dann die
Tür heran und kommt zu ihr unter die Decke. Er ist vom Bade aufgewärmt,
schmiegt sich eng an sie. Sein Atem ist weingeschwängert.
    „Joan?“ Er küsst sie auf die
Wange, dann ihren Mund. „Du bist noch wach“, raunt er, ihr über den Busen
streichend. Joan schluckt und zögert sowohl mit einer Antwort, als auch einer
Regung. Er kommt an ihre eisigen Füße, auch sonst ist das Bett nicht angewärmt
und sie erstarrt erschrocken.
    „Joan“, flüstert er ihr ins
Ohr, nimmt ihre Hand und führt sie an seiner Brust hinab zu seinem Bauch.
    Sie weiß, dass er viel
Zuwendung braucht, wenn er etwas getrunken hat. So dreht

Weitere Kostenlose Bücher