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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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sie
schwerfällig durchatmet. Daraufhin lächelt sie. „Dann bleibt mir wohl nichts
anderes übrig, was?“
    Ein erleichtertes Grinsen erhellt
sein Gesicht, mit dem er zustimmend nickt.
    Ihr knurrt lautstark der Magen.
„Oh Rupert, bring mir was ordentliches zu beißen“, fleht sie.
    Er lacht. „Gerne. Doch zuvor
verbinde ich dich noch schnell.“
    Sie lässt es geduldig über sich
ergehen. Er ist recht geschickt geworden, die Arbeitsgänge gehen ihm schnell
von der Hand. Anerkennend wiegt sie den Kopf. „Rupert, nun stehe ich wohl tief
in deiner Schuld.“
    Er schnieft belustigt. „Sagen
wir, eine Hand wusch die andere.“ Er hilft ihr noch ins Leibhemd hinein und
setzt sich dann neben sie. „Ich hab dir gern aus der Not geholfen, Joan. Würde
es immer wieder tun.“
    „Ich danke dir dafür. Du bist
der einzige Mensch, auf den ich mich wahrhaftig verlassen kann.“
    Auf sein betretenes Schweigen
hin räuspert sie sich. „Weißt du, Malcom ist ganz grundlos so abweisend zu mir.
Nur hat er davon keine Ahnung.“
    „Oh Joan“, stöhnt er bedrückt.
„Du musst mir nichts erklären.“ Dann kann er sich eines ärgerlichen
Kopfschüttelns nicht erwehren. „Ich hoffe, der Hornochse kommt bald zur
Besinnung“, entringt es sich ihm mit verächtlichem Gebrumme, bevor sie
schwermütig schweigen.
    „Trotzdem“, unterbricht sie die
Stille. „Wenn ich dir irgendeinen Wunsch erfüllen kann, dann lass es mich
wissen.“ Es ist bereits wie zu einem Abschlagspiel geworden, dass sie sich zum
Dank für die Hilfe des anderen ihre Dienste anbieten.
    Er erhebt sich. „Ich werde es
mir merken“, entgegnet er lächelnd, woraufhin er den alten Verband und die
gebrauchten Umschläge einsammelt. „Ich hol dir was Gutes aus der Küche“, meint
er zwinkernd.
    „Oh ja, bitte.“ Schon beim
bloßen Gedanken an Fleisch läuft ihr zu ihrer nicht geringen Verwunderung das
Wasser im Munde zusammen. Sie entsinnt sich dann jedoch enttäuscht der
Fastenzeit, die für alle anderen gilt. Ungeduldig blickt sie ihm hinterher, als
er das Gemach verlässt und sinkt wieder zurück in die weichen Kissen. Versonnen
hebt sie die linke Hand an und öffnet sie zaghaft. Sein Ring ist noch da.
Nachdenklich dreht sie ihn zwischen den Fingern. Bei der nächstbesten
Gelegenheit wird sie ihn sich an einem Lederband um den Hals hängen, damit er
nicht verloren geht. Sie gibt sich einen Ruck. Unter Ächzen richtet sie sich
auf und schlägt die Decke zurück. Behutsam schwingt sie die Beine zur Seite, um
sie aus dem Bett baumeln zu lassen. Ihr ist daraufhin etwas schwindelig, so
dass sie abwartet, bis es vergeht. Dann erhebt sie sich vorsichtig und kommt
strauchelnd auf die Füße. Unsicher wankend hält sie sich am Bett fest und bückt
sich, um unter dieses zu lugen. Der irdene Nachttopf steht wie immer bereit.
Sie zieht ihn unterm Bett hervor, hebt den Deckel ab, während sie sich schon
die trockenen Windeln eilig vom Körper streift, und nimmt augenblicklich Platz.
Aufatmend erleichtert sie sich in ihn hinein. Da vernimmt sie plötzlich Schritte
vor der Tür. Sie verkneift sich den Rest, springt auf und kippt den Topf hastig
zum offenen Fenster hinaus in die kalte Nacht. Während der Inhalt unten laut
aufs Pflaster klatscht, öffnet sich die Tür zu ihrem Gemach.
    Rupert tritt ein und betrachtet
sie verdutzt. Plötzlich dringt lautes Geschimpfe von der Straße herauf.
    Joans Augen weiten sich.
Entsetzt schlägt sie die freie Hand vor den Mund.
    Als Rupert den Topf in ihrer
Hand bemerkt, bricht er in heiteres Lachen aus. Er drängt sich an ihr vorbei
und lugt aus dem Fenster.
    „Rupert, du Schweinehund“,
schallt es von unten herauf, worauf er sich vor Lachen biegt.
    „Was fällt dir ein! Sieh
gefälligst vorher nach, dass du keinen Ahnungslosen hier unten triffst!“
    „Jetzt hab dich nicht so, Amál.
Ihr wolltet euch doch soeben ohnehin ins Badehaus aufmachen“, presst er
mühevoll hervor und verfällt in ausgelassenes Kichern.
    „Das hast du mit Absicht
getan“, verdächtigt ihn die erboste Stimme seines Bruders. „Was für eine
verdammte Schweinerei, Joans warme Pisse über uns auszuschütten! Du schreckst
wohl vor gar nichts zurück!“
    Rupert wendet sich ihr kurz zu
und schüttelt lachend den Kopf. „Joan, das war ein voller Treffer.“ Er streicht
sich die Tränen aus den Augenwinkeln. „Du hast mindestens vier Mann erwischt.“
    Sie fährt sich fassungslos
durchs Haar. „Sag ihnen nichts“, fleht sie leise.
    Er reibt sich über

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