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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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kalten
Umschlag um den Bauch, woraufhin sie sich stöhnend hintenüber in die Kissen
fallen lässt. Ihr wird bewusst, dass sie sich kräftiger fühlt.
    „Wie lange habe ich
geschlafen?“
    „Eine Nacht und einen Tag“,
erwidert er, wobei er ihre Waden umwickelt. „Dein Fieber ist kräftig gesunken.
Wenn sich die Wickel hier erwärmt haben, werden wir es einmal ohne sie
versuchen.“
    „Ich habe von Robert und
Leander geträumt.“ Und von Ulman, denkt sie.
    „Das ist gut. Sie werden dich
schon sehnsüchtig erwarten.“
    „Ja. Ich würde alles geben, um
sie jetzt zu umarmen.“
    Er lächelt. „Du bist auf dem
besten Wege“, meint er zuversichtlich und winkt sie heran.
    Sie setzt sich artig hoch,
damit er den Wundverband lösen kann. Behände wickelt er ihn ihr von der Brust
und fährt sich verlegen über die Nase, als sie nun bis auf ihre Windeln und
kalten Wickel splitternackt vor ihm sitzt. In all den Tagen hat er sich noch
immer nicht an diesen Anblick gewöhnt. Sie verkneift sich ein Lächeln. Er
schlägt ihr die Bettdecke über den Unterleib und konzentriert sich auf die
Wunde. Joan blickt an sich herab. Ein fingerdickes Loch prangt eine halbe Hand
breit über ihrer linken Brustwarze. Es ist mittlerweile von Schorf überzogen,
die Wundränder weisen keine roten Säume mehr auf. Die Heilung verläuft
zufriedenstellend. Der Bolzen drang ihr zwischen zwei Rippen in den Brustkorb.
Er steckte dank Ulman wohl nicht tief. ... Sie darf nicht an ihn denken.
    „Patric sagte, dass du Glück
damit hattest, das Herz auf der rechten Seite zu tragen“, murmelt Rupert. Auf
Joans grübelnde Miene hin grinst er breit. „Das hast du wohl nicht gewusst, eh?“
    Sie starrt ihn mit großen Augen
an.
    „Hier“, bedeutet er ihr und
nimmt zur Bestätigung ihre linke Hand, um sie ihr auf die rechte Brust zu
legen.
    Als sie dort ihr Herz schlagen
fühlt, stößt sie einen überraschten Schrei aus.
    „Er sagte, in dir sei alles
verkehrt herum angeordnet. Die Leber auf der linken Seite ... Und du hast es
wirklich nicht gewusst?“
    Sie schüttelt fassungslos den
Kopf. In der Tat fiel es ihr noch nie auf, was sie nun selbst kaum glauben
kann. Vermutlich blieb es so lange im Verborgenen, da sie eine
unerschütterliche Gesundheit besitzt und noch nie zuvor auf einen Heiler
angewiesen war. Ihr kommt der unerträgliche Gedanke, dass es wie ein
verstecktes Gleichnis ist. Denn spürte sie nicht schon seit längerem, dass sie
in Herzensdingen das Herz am falschen Fleck trägt? Es lässt sie erneut an Ulman
denken und der Schmerz überwältigt sie beinahe. Doch weiß sie, ihn schnell
wieder herabzudrängen. Sie atmet durch. „Habt ihr den Schützen gefasst?“
    Rupert schüttelt den Kopf. „Wir
fanden die Armbrust, doch von ihm fehlte jede Spur.“
    Sie nickt. „Schade. Er hätte
einen guten Zeugen abgegeben.“
    „Ulman hat ihnen seinen Namen
genannt, bevor er ...“ Er stockt bei ihrem bedrückten Anblick und seufzt.
„Vermutlich fällt das Geständnis dieses hinterhältigen Mörders nicht mehr ins
Gewicht. Ulmans Aussagen werden ausreichen, um die Verhandlung für euch zu
entscheiden. Er hat Zeugnis gegen Percys Neffen abgelegt.“
    „Verriet er auch etwas über
Henry?“
    „Nein. Er blieb seinem Eid
treu, ihn nicht ans Messer zu liefern. ... Bis in den Tod.“
    Sie schweigen nachdenklich.
    „Malcom, John und Gerold waren
gestern bei Gericht und machten ihre Aussagen“, bemerkt er. „Sie benötigen die
deine vermutlich nicht mehr.“
    Joan nickt versonnen. Es soll
ihr nur recht sein. Nie wieder will sie an diesen Ort zurückkehren, wo sie die
Liebe ihres Lebens verlor. Sie könnte das Singen des Schwanes nicht noch einmal
ertragen.
    „Joan, du musst dich schnell
erholen“, unterbricht Rupert ihre trostlosen Gedanken. „Die Verhandlung ist für
übermorgen anberaumt. Danach soll es so schnell wie möglich nach Dowell Castle
zurückgehen. Heute Morgen traf ein Bote von dort ein und meldete, dass der
kleine Julian erkrankt sei. Man weiß nicht, was ihm fehlt. Es geht ihm von Tag
zu Tag schlechter.“
    Sie ist bestürzt. „Ist Amál
schon vorausgeritten?“
    „Nein. Er meinte, er könne
ohnehin nichts ausrichten.“
    Verständnislos und besorgt
zugleich schüttelt sie den Kopf.
    „Sie bauen auf deine Hilfe“,
meint er plötzlich eindringlich. „Du bist ihre letzte Hoffnung, Joan. Niemand
vermochte, ihm bisher zu helfen. Er siecht bereits seit vielen Tagen dahin und
schwindet zusehends.“
    Sie nickt, während

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