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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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des
Aufgusses versuchte man mit Honig zu übertünchen.
    „Das ist gegen das Fieber und
wird dich stärken“, erklärt Rupert.
    Es ist ihr gleich. Die Kälte
hindert sie am Einschlafen und sie wird ungehalten darüber. Plötzlich spürt sie
einen ziehenden Schmerz in ihrem Unterleib. Er kommt ihr vertraut vor, geht ihr
durch den Kopf, bevor sie vor Entsetzen erstarrt. „Nein, mein Kind“, haucht sie
verzweifelt, wobei sie sich über den ein wenig gewölbten Bauch fährt. „Lasst
mein Kind nicht gehen“, ruft sie hilflos.
    Rupert blickt bestürzt zu
Patrick auf.
    Dieser nickt. „Wir werden tun,
was in unserer Macht steht. Doch die Hauptlast liegt bei dir, Joan of Farwick.“
Er gibt den Verband in einen kleinen Kessel auf einem Schemel und tüncht etwas
weißes Brot in eine dampfende Schüssel, um es ihr dann an den Mund zu führen.
    Sie beißt gefügig davon ab und
ist vom Wohlgeschmack überrascht. Es scheint genau das zu sein, was sie
braucht. Sie schluckt und sperrt den Mund erneut auf.
    „So ist’s recht“, meint Patrick
wohlwollend.
    Rupert lacht freudig auf und
sieht ihm hoffnungsvoll dabei zu, wie er sie füttert. Immer wieder fühlt er ihr
über die schweißnasse Stirn. „Das Fieber geht allmählich runter“, äußert er
zuversichtlich.
    „Ja, und es wird wieder
heraufgehen, wenn sie aus dem Wasser ist. Du musst ihr kühle Umschläge
bereiten“, rät Patrick ihm. „Wechsle dreimal am Tage die getränkte Wundauflage
und flöße ihr viel Flüssigkeit von dem Aufguss ein. Wenn sie das Bedürfnis
verspürt, sie wieder loszuwerden, ist schon viel gewonnen. Ich werde morgen
erneut nach ihr sehen.“
    Rupert nickt.
    Patrick drückt ihm anerkennend
die Schulter. „Du bist ihr wahrlich ein guter Ehemann“, lobt er, bevor er ihnen
den Rücken zukehrt, um sich seinen Mantel umzuhängen.
    Rupert wirft Joan einen
peinlich berührten Seitenblick zu.
    Sie schließt betrübt die Augen.
    „Wir danken dir, Patrick. Deine
Hilfe soll nicht zu deinem Nachteil sein“, meint er zu ihm.
    Patrick winkt brummend ab. „Ich
will, dass sie lebt. ... In diesem Sinne bis morgen.“ Er humpelt zur Tür und
verlässt das Gemach.
    Joan zittert vor Kälte. „Hol
mich hier raus, Rupert“, bittet sie mit leiser Stimme, und spürt daraufhin, wie
er sie sicher in die Arme nimmt und leichthändig aus dem Wasser hebt. Lautlose
Tränen bahnen sich den Weg über ihre Wangen. Sie legt einen Arm um seinen Hals
und verbirgt das Gesicht an seiner Brust.
    Behutsam legt er sie auf dem
Bett ab. Dann platziert er die feuchte Auflage auf ihrer Wunde, stützt sie
wieder hoch und verbindet sie, so gut er kann. Etwas umständlich wickelt er ihr
anschließend feuchtkühle Tücher um Bauch und Waden, bevor er sie fürsorglich
zudeckt.
    Sie öffnet die geröteten Augen,
worauf sich ihre Blicke begegnen. Rupert sitzt neben ihr und lächelt ein wenig
verschüchtert.
    „Rupert.“
    Er legt ihr einen seiner großen
Finger über den Mund. „Schlaf dich gesund. Ich sehe bald wieder nach dir und
wechsle die kalten Wickel.“
    Lächelnd schließt sie die Augen
und gleitet in einen tiefen Schlaf.
    Überall ist Nebel. In Erwartung
eines ihrer früher üblichen Albträume wird Joan unruhig. Wie damals ist sie
sich dabei ganz bewusst, dass sie träumt, kann es aber dennoch nicht
unterbrechen. Ganze Nebelschwaden werden von einem leichten Wind bewegt und
ziehen höher. Sie lassen plötzlich den Blick auf einen vertrauten Felsen an
einem Seeufer frei. Jemand sitzt auf ihm und sieht ihr entgegen. Es ist Ulman,
der sie an ihren gemeinsamen Ort rief. Sie kommt vor ihn und bemerkt seine
Ernsthaftigkeit.
    „Erinnere dich deines
Versprechens, Joan.“ Über ihre Traurigkeit lächelt er warmherzig, um dann einen
Arm in Richtung zum See auszustrecken. „Sieh.“
    Sie folgt
seinem Fingerzeig und erblickt die Brücke zu Dowell Castle. Zwei Kleinkinder
stehen darauf und winken ihr lachend zu. Sie könnten unterschiedlicher nicht
aussehen. Eines mit schwarzen Locken ist größer und kräftiger. Es läuft schon
recht sicher und führt das blondgelockte, noch tapsige an der kleinen Hand.
Vertrauensvoll kommen sie auf Joan zu. Ihr Anblick rührt sie im tiefsten ihres
Herzens. Sie kniet sich auf das harte Pflaster der Brücke, klatscht lockend in
die Hände und breitet lachend die Arme aus, um sie sicher zu empfangen.
    Joan fährt
erschrocken hoch und ächzt.
    „Entschuldige, Joan. Aber ich
muss sie wechseln.“ Rupert wickelt ihr mit anteilnehmender Miene einen

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