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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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den
schmerzenden Bauch und hängt den Kopf wieder zum Fenster hinaus. „Bruder, du
weißt doch, ich war noch nie ein guter Verlierer beim Würfeln“, ruft er.
    „Du Satansbraten! Das sollst du
bereuen! Ich werde Krähenfraß aus dir machen, du Rabenaas, du ...“
    „Ja, du siehst mich hier oben
bereits beben! Doch nicht aus Furcht“, antwortet er halb erstickt, da er sich
vor Lachen schüttelt. Als etwas neben ihm krachend gegen einen der
offenstehenden Fensterläden schlägt, zieht er sich vorsichtshalber zurück und
schließt die Läden. Noch einige Augenblicke vernehmen sie ihre lautstarken
Proteste und wütenden Schmähungen. Es wird vom geräuschvollen Knallen der
Hoftür geschluckt, welche sie hinter sich zuschlagen.
    Rupert hat sich wieder halbwegs
eingekriegt und fährt sich ächzend übers Gesicht. „Oh Gott. So gut hab’ ich
lange nicht mehr gelacht.“
    „Rupert, sie werden dich
massakrieren“, ruft Joan bestürzt, doch er schüttelt glucksend den Kopf.
    „Keine Angst, mein Bruder liebt
mich. In einem halben Jahr hat er es mir sicher verziehen.“ Er seufzt gedehnt
und fasst sie genauer ins Auge. „Und du? ... Scheinbar kann ich dich nun
getrost allein lassen. Ich muss den Dreck der letzten Tage loswerden.“ Er lacht
wieder. „Ich werde anstelle meines Bruders ins Badehaus gehen. Das wird ihm den
Rest geben.“
    Joan schüttelt belustigt den
Kopf, um daraufhin eindringlich mit dem Finger zu drohen.
    Er hebt beschwichtigend die
Hände. „Die Predigt kannst du dir sparen. Ich sage nur: nie wieder käufliche
Liebe.“
    Sie lächeln vergnügt. Rupert
räuspert sich schließlich und nickt in Richtung einer Holzschüssel mit süßem
Brei und einem daneben stehendem Becher. „Stärke dich. Ich sehe morgen früh
wieder herein.“
    Eilig begibt sie sich zur
Schüssel und beginnt, begierig zu löffeln. Beim Geschmack von Hühnerfleisch
stöhnt sie genüsslich auf. Ruperts sehnsüchtigen Blicken begegnet sie mit
verschmitztem Grinsen. „Hat was für sich, in der Fastenzeit krank zu werden“,
nuschelt sie mit vollem Mund.
    Er stöhnt. „Nur, wenn man es
nicht verbergen muss“, und winkt ab. „Du bist doch als Schwangere ohnehin vom
Fasten ausgenommen. Verdammt grausam für uns, diese Düfte aus der Küche
ertragen zu müssen“, bemerkt er, während er sich zur Tür wendet.
    „Danke, Rupert“, entgegnet sie
mit vollem Mund und zwängt noch einen Schluck prickelnden Apfelweines hinein.
    Er nickt.
„Freut mich, dass du wieder zu deiner gewohnten Esslust zurückgefunden hast“,
bemerkt er noch, hebt dann die Hand zum Gruß und verlässt sie. Joan leert den
Becher mit dem Cidre, stopft sich wieder den Mund mit süßem Brei voll und
verhält kurz im Kauen. Die laute Schelte, welche Rupert im Treppenaufgang
empfängt und sein begleitendes schadenfrohes Lachen sind nicht zu überhören.
    Joan
erwacht wie üblich im Morgengrauen. Dieses Mal jedoch nicht durch die
aufkommende Helligkeit. Das Kind in ihrem Bauch schlägt Purzelbäume. Lächelnd
streichelt sie sanft über die Wölbung, widmet sich ganz diesem neuen Leben, das
in ihr heranwächst. Trotz ihres üppigen Nachtmahles verspürt sie bereits wieder
Hunger. „Du verlangst nach Nahrung, hab ich recht? ... Es soll dir nicht
verwehrt werden.“ Sie setzt sich auf und schwingt die Beine über die Bettkante.
Ihr ist nicht mehr schwindelig. So erhebt sie sich und kleidet sich an. Als sie
die Tür öffnen will, schlägt ihr diese entgegen und lässt sie beinahe mit
Rupert zusammenprallen.
    Mit erfreuter Miene kommt er
neben sie und winkelt einen Arm an, damit sie sich unterhaken kann. „Wir sind
die letzten.“
    Sie stöhnt. „Wie üblich“, und
lässt sich von ihm die Treppen hinab in den kleinen Saal führen. Ihr Erscheinen
wird mit lautem Grölen honoriert. Holzkrüge werden im Takt gegen die Tische
geschlagen, gutgemeintes Klopfen gegen ihren Rücken lässt sie nach vorn rucken.
    „He, ihr Grobiane zerbrecht sie
ja“, erbost sich Rupert, was diese etwas sanfter werden lässt. Er geleitet Joan
zu ihrem angemessenen Sitzplatz. Ein wenig steif lässt sie sich neben Malcom
nieder. Herausfordernd erwidert sie seine Blicke. Er nickt ihr schweigend zu
und widmet sich wieder dem trockenen Brot vor ihm. Sie bemerkt, wie schlecht er
aussieht. Seine Haut ist fahl, dunkle Augenringe zeugen von schlaflosen
Nächten. Er vernachlässigt sich. Ein räudiger Stoppelbart ziert sein
ernsthaftes Gesicht, die schwarzen Locken hängen ihm lose und wirr bis

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