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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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bietet ihm trotzig die
Stirn. „Um zu reden.“
    Malcom lacht erbost. „Das macht
es nicht ungeschehen. ... Da gibt es nichts mehr schönzureden. Ich will deine
Beweggründe nicht hören.“ Er macht eine einladende Geste. „Aber bitte, wenn du
reden willst, ... nur zu. Ich gehe derweil vor die Tür. ... Wenn du fertig
bist, lass es mich wissen, damit ich hier wieder meine vertraute Einsamkeit
genießen kann. ... Ich kann mich nicht schnell genug wieder daran gewöhnen.“
    Mit vernichtendem Blick geht er
an ihr vorbei zur Tür, um sich dann noch einmal mit der Hand auf der Klinke
nach ihr umzuwenden. „Bei Gott, ich hätte nicht geglaubt, dass du eine solche
Dirne sein könntest. Mein Fehler war, dir zu vertrauen, ... dir nicht nach
höfischer Sitte einen meiner Männer als Wächter zur Seite zu stellen, um dir
erst gar nicht Gelegenheit zu geben, mit Ulman ...“ Er atmet durch, um nicht
die Beherrschung zu verlieren, wobei er die Tür wütend aufreißt. „Was soll’s“,
faucht er ungehalten, während er hinaus tritt und die Tür geräuschvoll hinter
sich zuwirft.
    Sie schluckt bestürzt, ist wie
vor den Kopf gestoßen. Dass er sie derart abweisen würde, hätte sie sich nicht
in ihren schlimmsten Träumen ausgemalt. Zutiefst verletzt geht sie zur Tür und
öffnet diese. Er lehnt scheinbar gelassen mit dem Rücken zu ihr am Türrahmen,
hat abwartend die Arme über der Brust verschränkt. Joan rauscht wortlos an ihm
vorbei und vernimmt kurz darauf das laute Zuschlagen seiner Tür.

Rückkehr nach
Dowell Castle
    Das
Abendmahl hatte Joan verschoben, um Malcom nicht zu begegnen. Es ist
erstaunlich ruhig im Haus. Sie steht in der Küche, stiehlt sich wie ein Dieb
bei Nacht von den Bratenresten auf einem Tablett und kommt sich unendlich
schäbig dabei vor. Als sie gesättigt ist, nimmt sie die Treppen in den ersten Stock
und klopft an Amáls Tür. Auf sein Rufen tritt sie ein.
    Er ist damit beschäftigt, seine
Sachen in den Satteltaschen zu verstauen, wobei er sie mustert. „Wo hast du
gesteckt?“
    Joan schüttelt den Kopf. „Ich
will nicht darüber reden.“
    „Aber ich. ... Habt ihr
geredet?“
    Sie atmet durch. „Er hat mich
elegant rausgeschmissen.“
    Überrascht richtet er sich auf.
    „Wie verlief die Verhandlung“,
lenkt sie ab.
    Nachdenklich betrachtet er sie
noch einen Augenblick, um sich dann zu räuspern. „Die Beweislage ergab, dass Ray
unschuldig ist. Sie haben ihn begnadigt.“
    Mit einem erleichterten
Aufatmen schließt Joan einen Moment lang dankbar die Augen.
    „Percy muss als Lehnsherr
seines Neffen für dessen Missetaten gerade stehen und Malcom ein Wehrgeld für
den Tod seiner Frau und der Kinder sowie den entstandenen Schaden zahlen. Zwar
ist die Tat im Grunde durch Rogers Tod gesühnt, doch offiziell stellt man sich
dumm, was Mals genommene Blutrache betrifft. Denn es gibt keine Zeugen, die
noch am Leben sind. Und offenbar hatte König Edward selbst kein geringes
Interesse daran, die Percys öffentlich bestraft zu sehen.“
    Sie nickt. „Wem fällt nun
Thornsby zu?“
    „Es geht wieder an Ray. Er
erhält Land und Titel zurück. Sie beraten demnächst über ein ebenbürtiges Lehen
für Malcom. Edward hat es ihm zugesichert. Es muss nur noch ein geeignetes
gefunden werden.“
    „Welch freudige Nachrichten“,
meint sie lächelnd. „Wie hat es Malcom aufgenommen?“
    Er zuckt die Schultern. „Wenn
er Freude empfand, hat er sich nicht viel anmerken lassen. ... Er gab den
Männern einen aus. Tut es noch jetzt. Mir wurde es zu bunt. Ich will morgen
nicht übernächtigt aufbrechen.“
    „Du reitest allein“, fragt sie
erstaunt.
    „Nein. Du wirst mich begleiten.
Zusammen mit meinen Männern. Malcom kommt mit dem Rest, den Packpferden und
Ulmans Sarg nach.“
    Als er Ulman erwähnt, senkt sie
betrübt den Blick.
    „Hier.“
    Sie sieht zu ihm auf und
runzelt die Stirn über das kleine Buch, welches er ihr reicht.
    „Der alte Patrick lässt es dir
zukommen. Er hätte den Inhalt sowieso im Kopf, meinte er.“
    Von einem freudigen Aufschrei
begleitet nimmt sie ihm das Kräuterbuch des Alten aus der Hand. Gerührt fährt
sie über den ledernen Einband. „Es ist unbezahlbar. Wie kann ich es ihm nur
danken?“
    „Indem du ihm schreibst, wenn
du Ergänzungen vornimmst“, erwidert Amál lächelnd. „So trug er es mir auf.“
    Sie umarmt ihn fröhlich und
will sich daraufhin zur Tür wenden.
    „Joan?“
    Erwartungsvoll dreht sie sich
zu ihm herum.
    „Versprich, es nochmals zu
versuchen,

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