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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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unverstellt kindlicher Freude an. Sie geht lachend in die Knie und empfängt
beide mit offenen Armen. Die zwei quietschen vergnügt, als sie sie küsst und
herzt. Joan bläst ihnen die Kirschlüten von Haaren und Schultern. Der Anblick
Leanders ruft schmerzhafte Erinnerungen an seinen Vater wach. Noch nie sah er
diesem ähnlicher. Er hat nun die Augenfarbe Ulmans. Die Narbe über seiner Wange
ist dank des Bilsenkrautes nicht mehr kenntlich, die kleine Augenklappe gibt
ihm ein verwegenes Äußeres. Wie gut, dass ihm noch das Verständnis für Ulmans
Tod fehlt. Sie hört Hufgetrappel auf dem Pflaster hinter sich. So nimmt sie die
beiden in jeweils einem Arm hoch und wendet sich mit ihnen um.
    Amál ist abgesessen. Er führt
Ignis und ihren Schimmel über die Brücke bis an sie heran. Lächelnd bleibt er
vor ihnen stehen, um sie versonnen zu betrachten. „Ihr bietet den schönsten
Anblick, den sich ein Heimkehrender wünschen kann.“
    Sie lächelt. „In ihnen steckt
meine ganze Liebe, Amál.“
    Ihm entgeht der versteckte Sinn
ihrer Worte nicht, was ihn durchatmend nicken lässt. „Ich wünschte, Miriam
hätte mich so begrüßen können.“
    „Ja. ... Ich weiß“, erwidert
sie ernst. „Du bist nicht der einzige, dem der Ehegefährte fehlt.“ Leander
patscht ihr ins Gesicht, womit er ihr ein Lächeln entlockt. „Ich bin bereits
reich beschenkt, wenn mich meine Kinder erfreuen“, äußert sie, stellt die
beiden wieder auf die Füße und geleitet sie zu Agnes. Diese begrüßt Joan mit
einer herzlichen Umarmung. „Wie gut, dass Ihr wieder da seid. Robert hat oft
nach Euch gefragt.“
    Joan lächelt mit mütterlichem
Stolz, dass er bereits seine ersten Worte plappert.
    „Joan, Amál“, begrüßt Awin sie,
gefolgt von Blanche. Ihre Gesichter sind ernst. „Wie gut, dass ihr zurück seid.
Wir erwarten euch seit Tagen voller Ungeduld.“ Awin umarmt Joan und darauf ihren
Sohn. Sie mustert ihren Trupp. „Wo sind die anderen?“
    Joan senkt betrübt den Blick.
Als Heda schwanzwedelnd herantänzelt und ihr zur Begrüßung freudig die Hand
leckt, streichelt sie ihr lächelnd über den Kopf.
    „Sie kommen nach, Mutter. Sie
überführen Ulmans sterbliche Hülle.“
    Joan hört, wie Awin aufkeucht
und atmet gefasst durch.
    „Mein Gott. Welch schlechte
Nachricht.“
    Sie schweigen bedrückt.
    Awin seufzt. „Erzählt uns
später davon. ... Joan?“
    Gefragte begegnet Awins
aufforderndem Blick.
    „Bitte sieh dir Julian an. Du
bist seine letzte Hoffnung.“
    Mit einem wortlosen Nicken
setzt sich Joan Leander auf die Hüfte und führt Robert an der Hand über die
Zugbrücke. Agnes nimmt ihr die Kinder im Hof ab. Blanche ist plötzlich an Joans
Seite, um ihr lächelnd über den Bauch zu streicheln. „Dieses Mal ist es
offensichtlich“, bemerkt sie. „Doch du siehst schlecht aus, bist abgemagert.“
    „Das macht die Übelkeit“, lügt
sie, um nicht über Ulmans Tod reden zu müssen. Sie wenden sich zum Wohnturm.
Als sie bemerkt, dass Amál ihnen nicht folgt, blickt sie sich nach ihm um. Er
ist darin begriffen, Ignis in den Stall zu bringen. „Amál! Ich werde mich
deinem Sohn nur in deiner Begleitung widmen.“
    Er dreht sich überrascht zu ihr
um. „Was willst du damit bezwecken?“
    „Ich habe einen Verdacht, was
ihm fehlen könnte“, betont sie mit eindringlichem Blick, woraufhin er
breitbeinig Aufstellung nimmt.
    „Mein Pferd muss versorgt
werden. Es gibt niemanden, der es vermag.“
    Wütend stemmt sie die Hände in
die Seiten. „Ist dir dieser Gaul wichtiger, als ...“, Awin legt ihr
beschwichtigend eine Hand auf die Schulter. Joan sieht ihr erstaunt dabei zu,
wie sie sich an ihr vorbei auf ihren Sohn zu bewegt. Sie nimmt ihm wortlos die
Zügel aus der Hand, um sich plötzlich behände mit einem einzigen Satz in den
Sattel zu schwingen. Das Schlachtross legt die Ohren an und geht ob der
ungewohnten Person auf ihm ungestüm hoch auf die Hinterbeine. Dabei schnaubt es
feurig. Es vermag Awin nicht aus der Ruhe zu bringen. Sie lacht gar
herausfordernd. Die Männer grölen ihr zu. Als Ignis wieder absteigt, stellt sie
sich kurz in den Steigbügeln auf und zieht sich das Kleid so zurecht, dass es
nicht ganz so viel der nackten Haut ihrer sündig schönen Beine freigibt. „Ich
erledige das, mein Sohn“, ruft sie, wobei sie über dessen ärgerliche Miene
schmunzelt. Mit beruhigenden, fremdländischen Worten tätschelt sie Ignis den
Hals. „Rate, wer ihn versorgte, als du ihn noch nicht dein Eigen

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