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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Furcht. Wohin du
auch gehst, es kann dort nur besser sein, als hier“, raunt sie und schenkt ihm
ein überraschend sicheres Lächeln. Daraufhin küsst sie ihn zum Abschied auf den
Mund. Es ist ein Todeskuss, denn gleichzeitig rammt sie ihm den Dolch in die
Brust. Ihm entfährt ein leiser Seufzer. Er ist auf der Stelle tot.
    Schluchzend blickt sie ihm ins
Gesicht. Seine schönen braunen Augen sind erstarrt. Er ist mit einem Lächeln
auf den Lippen gestorben. Als sie ihm behutsam die Augen schließt, spürt sie
eindringliche Blicke und sieht nach vorn. Malcom beobachtet sie am Boden
liegend in aufgestützter Haltung. Er ist vom Pferd gestürzt. Brix steht
geduldig neben ihm. Sein Herr legt sich mit schmerzverzogenem Gesicht zur
Seite, halb auf seinen abgelegten Helm gestützt, um nicht restlos im
aufgewühlten Schlamm zu versinken. In seinen Beinen und dem Schwertarm stecken
Pfeile. Joan erhebt sich eiligst und wischt sich mit den Ärmeln ihrer Tunika
übers Gesicht.
    „Was tust du noch hier“, fragt
er sie barsch, als sie bei ihm niederkniet.
    „Dich hier rausholen“, erwidert
sie ruhig und beginnt, die in Eile abgebrochenen Pfeilschäfte in seinen Beinen
weiter zu kürzen. Sie wird sie ihm später herausziehen, damit sie dann die
Blutung sogleich stillen kann.
    Er richtet sich keuchend in den
Sitz hoch, packt sie unsanft am Ausschnitt ihrer Tunika und hält sie von sich
ab. „Verschwende nicht deine Zeit mit mir! Ich komme hier nicht mehr weg,
Jack.“
    Fuchtig reißt sie sich von ihm
los. „Wir müssen uns beeilen. Hier wird gleich die Hölle auf Erden los sein.“
Unbeirrt bricht sie alle Pfeile eine Handbreit über seinen Beinen ab und kürzt
auch jene, welche auf der Rückseite durchschlugen. Andernfalls würden sie beim
Reiten Brix verletzen. Dann wendet sie sich dem Schaft in seinem Arm zu.
    Malcom beobachtet sie nun
beinahe teilnahmslos.
    Sie erhebt sich und streckt ihm
auffordernd die Hände entgegen. „Komm hoch, Malcom.“
    Mit einem verbitterten
Auflachen lässt er sich resigniert zurück in den Schlamm sinken. „Lass mich in
Frieden, Jack. ... Und hau endlich ab. Du bist anhänglicher als ein läufiger
Köter.“
    Er ist verletzend, was wohl in
seiner Absicht liegt, um seinen Knappen von sich weg zu treiben. Gerade will
sie der Wut, die ihr den Bauch heraufsteigt, lauthals Ausdruck verleihen, als
sie Befremden in seiner Miene liest. Bestürzt geht ihr auf, dass es Phil und
ihr gilt, er ihren Kuss wohl völlig missverstanden hat und anstößig findet. „Du
kannst mich nicht beleidigen“, erwidert sie mit frostiger Gelassenheit,
woraufhin er sich wieder umständlich aufrichtet.
    „Ich komm nicht mehr hoch“,
zischt er gereizt. „Was hält dich noch bei mir?!“
    Sie verdreht hilflos die Augen.
Ganz klar, was er von Jack hält! Erneut kniet sie vor ihm nieder und rüttelt
ihn eindringlich an den Schultern. „Kämpfe gefälligst!“
    Er blickt sie nunmehr
gleichgültig an. Seine wieder ausdruckslos gewordenen Augen machen ihr
schlagartig klar, dass er bereits mit dem Leben abgeschlossen hat. Es rührt
etwas tief in ihrem Herzen. Und sie wird sich ihrer Ohnmacht bewusst. Wie nur
soll sie ihn dazu bewegen, auf sein Pferd zu steigen? Nun, da sein ruchloser
Knappe offenbar keinen Einfluss mehr auf ihn hat.
    „Ich hätte nie gedacht, dass du
so schnell aufgibst. Gibt es denn nichts mehr, wofür es sich noch zu leben
lohnt“, fährt sie ihn an. „Hast du nur für deine Rache an Percy weitergemacht?“
    Er sieht zu Boden. Sie scheint
direkt ins Schwarze getroffen zu haben.
    „Bring uns hier raus, Malcom.“
Sie erhebt sich erneut, lässt ihn nicht aus den Augen. Alles dauert bereits
viel zu lange. Ihnen läuft die Zeit davon. Die Schotten rücken unaufhaltsam auf
sie zu.
    Joan fasst einen Entschluss.
Sie sammelt sich und hockt sich neben ihn, legt ihm vertraulich eine Hand auf
den Arm. „Ich bin’s Malcom, ... Joan. Tu es für mich. Denn mir liegt an deinem
Leben.“ Es ist der einzige Weg. Sie muss an seiner Ritterlichkeit rühren und
hofft, ihm nicht ganz gleichgültig zu sein.
    Sein Gesicht ruckte bei ihren
Worten überrascht zu ihr empor. Nun spricht pure Ungläubigkeit aus ihm. Mit
einem flüchtigen Blick streift er Phil in ihrem Rücken.
    „Bring mich nach Hause,
Malcom“, bittet sie verzweifelt.
    In ihn kommt plötzlich Bewegung.
Er packt sie am Arm, mustert sie mit aufgerissenen Augen von Kopf bis Fuß und
lässt sie keuchend wieder los. Mit offenem Mund starrt er ihr ins

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