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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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schütteln lässt.
    „Welche die nächste nach sich
zieht. Seinem Onkel wird es nicht gefallen haben, dass du Roger tötetest.“
    „Ich hoffe darauf, dass es
keine Augenzeugen außer meinen eigenen Männern mehr gibt. Überdies war Henry de
Percy bisher versucht, die Angelegenheit zu vertuschen. Denn wenn heraus kommt,
was sein Neffe auf dem Kerbholz hatte, wird dies ein schlechtes Licht auf ihn
selbst werfen. Es wäre das Letzte, was er sich im Angesicht seines ohnehin schon
arg beanspruchten Rufes bei Hofe leisten wollte. Er hat dort einflussreiche
Feinde, denen nicht gefällt, dass er so mächtig ist. Man lauert nur darauf,
dass er einen Fehler macht, sucht einen Vorwand, um ihn zu entmachten.“
    Joan bemerkt, wie eng verstrickt
alles zusammenhängt. Malcom kalkulierte seine Züge offenbar ganz bedacht. „Es
erinnert mich an eine Partie Schach“, bemerkt sie, was er mit einem belustigt
zustimmenden Schniefen bedenkt. „Trotzdem bist du doch lediglich zur Blutrache
berechtigt, wenn du Percys Schuld beweisen kannst, habe ich Recht? Und wie soll
der gute Ruf meines Vaters wieder hergestellt werden, nun, da Percy tot ist?“
    „Durch meine Aussage, durch die
ich gleichsam auch Percys Schuld beweisen werde.“
    Joan grübelt. „Sagtest du
nicht, Henry Percy wolle die Angelegenheit vertuschen?“
    „Ja. Wird ihm nicht gefallen,
wenn die Machenschaften seines Neffen ans Tageslicht kommen. Doch diese Gefahr
gehe ich ein. Raymond zuliebe.“
    „Wieso hast du nicht schon viel
früher ausgesagt?“
    „Dann hätte Rogers Wort gegen
meines gestanden. ... Vermutlich hätte mir sein Onkel seine gedungenen Mörder
auf die Fersen geschickt. Es war zu gefährlich. Ich hatte nichts weiter gegen
ihn in der Hand, als die Aussage von Sibyll.“
    „Hat sich etwas daran
geändert?“
    „O ja. Indem er versuchte, dich
bei Stirling aus dem Wege zu räumen. ... Immerhin ist der König
höchstpersönlich Zeuge gewesen. Etwas Besseres hätte sich nicht ereignen
können.“
    Joan denkt über seine Worte
nach. „Du wolltest das so ähnlich von Anfang an bewirken, habe ich Recht? Oder
weshalb sonst hast du Jack mitgenommen, ihn dieser Gefahr der Begegnung mit
Roger Percy ausgesetzt?“
    Malcom schweigt, was sie
verächtlich schnaubend als Bestätigung auffasst. Sie wird wütend. „Du
berechnest knallhart, Malcom. Hast du je bedacht, dass es lebensgefährlich für
mich war?!“
    „Was glaubst DU denn! Du warst
nicht einen Augenblick unbewacht. ... Obendrein tust du mir Unrecht. Ich hatte
es so nicht geplant. Ich brauchte wirklich einen anständigen Knappen. Und ich
wollte dem letzten Sohn Raymonds eine Möglichkeit geben, wieder auf die Füße zu
kommen. ... Der Einfall kam mir erst unterwegs. ... Wenn ich geahnt hätte, dass
wir in der Schlacht derart aufgerieben würden, ... nie hätte ich einen solch
jungen Knappen rekrutiert.“ Aufgebracht bewegt er sich im raschelnden Stroh.
„Du hast keine Ahnung, wie oft ich es in der Zwischenzeit bereute. ... Erst
recht, seitdem du dich zu erkennen gegeben hast.“
    Joan glaubt ihm. Und
schließlich ist sie nicht ganz unschuldig an ihrer Lage. Eine Spur versöhnter
lässt sie ein schwermütiges Seufzen vernehmen. „Oh Herr, ich hoffe, du hast dir
etwas dabei gedacht. Ich weiß, deine Wege sind unergründlich. ... Wir beten
darum, dass du uns nicht verlassen hast.“
    „Zieh mich da nicht mit
hinein“, brummt Malcom verdrießlich.
    Sie weiß, dass er mit Gott
hadert. „Du solltest Gott nicht lästern, Malcom.“
    „Ich habe meine Gründe. Er hat
meinen einst unerschütterlichen Glauben auf eine harte Probe gestellt.“
    Joan beginnt zu frösteln,
vielleicht aus leidlicher Erinnerung, einst ähnliche Gedanken gehegt zu haben.
Sie sucht Malcoms wärmende Nähe. Er liegt ihr zugewandt halb auf der Seite und
zieht sie warmherzig an sich. Behaglich schmiegt sie sich gegen ihn.
    „Es wird alles gut, Malcom.
Viel schlimmer kann’s doch kaum noch kommen.“
    „Ich hoffe es“, erwidert er
gedehnt und atmet schwermütig durch.
    Eng umschlungen liegen sie im
Stroh. Sie versuchen, zu schlafen.
    „Wenn dir etwas zustößt, werde
ich es mir nie verzeihen“, raunt er.
    Sie schlägt die Augen auf, doch
es ist ebenso finster wie hinter geschlossenen Lidern. Behutsam tastet sie nach
seinem Gesicht. „Daran darfst du nicht denken, Malcom. Sonst bekommst du den
Kopf nicht frei. ... Deswegen bist du gegen eine Flucht, habe ich Recht? Du
fürchtest, mir könne etwas zustoßen.“
    Er seufzt.

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