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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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geschlagen?“
    Er schnaubt verächtlich. „Es
ist nicht das erste Mal, dass ich in einem Kerker sitze. Die Wenigsten kommen
durch Flucht wieder heraus.“
    „Sondern?“
    Er räuspert sich. „Lassen wir
das. ... Wir werden abwarten, bis uns Noseless John auslöst.“
    „Und wenn er es nicht tut? Der
Steward meines Vaters hat sich offenbar auch einen Dreck um ihn geschert!“
    „Er war der Erste, den Percy
töten ließ“, offenbart er ihr, worauf sie bestürzt schweigt. Dass Percys Macht
gar bis nach Thornsby reicht, macht ihr Angst. Die Leute hatten stets erzählt,
Vaters Steward wäre in den Armen einer Magd gestorben. Es geschah, nachdem Joan
die Burg kurz zuvor verlassen hatte.
    „Ich vertraue John, und nun
Schluss damit.“ Es klingt, als wenn er keinen Widerspruch mehr duldet.
Resigniert seufzend lehnt sie sich daraufhin neben ihn gegen die kalte Wand.
„Wir werden hier langsam verrotten.“
    „Ein wenig Geduld musst du
schon aufbringen. Aber es sollte nicht ewig währen. Schließlich befinden wir
uns hier nur einen knappen Tagesritt vor Northumberland.“
    Sie stöhnt gequält auf. „Ich
hätte es fast geschafft“, ruft sie und schlägt wütend mit der Faust ins Stroh.
„Wo genau sind wir?“
    „Northmoor Castle.“
    Der Name kommt ihr bekannt vor.
Dann fällt es ihr wieder ein. Sie weilte schon einmal auf der Festung. Mit
Vater und ihrem jüngsten Bruder. Damals war alles noch in englischer Hand.
    „Willst du mir nicht endlich
alles von Vater erzählen“, fragt sie düsterer Stimmung und vernimmt, wie er
hörbar die Luft einzieht. Er lässt sich Zeit mit einer Antwort. Es scheint ihm
schwer zu fallen, darüber zu reden. Sie entsinnt sich des Brotkantens, den sie
daraufhin hervor holt und Malcom in den Schoß legt.
    Er tastet nach ihm, um das Brot
schließlich ins Wasser zu tauchen.
    Joan wartet ab. Sie will ihn
erst einmal in Ruhe essen lassen. Vielleicht findet er weniger hungrig die
richtigen Worte.
    „Iss du ihn auf“, äußert er
wenig später, indes er ihr den Brotrest reicht.
    Sie folgt seiner Aufforderung
nicht ungern.
    Er atmet tief durch. „Wie viel
weißt du schon?“
    „Hm.“ Sie hat gerade einen
großen Bissen Brot im Mund, kaut grübelnd und schluckt. „Nur das, was du mir
erzähltest. ... Dass er zu Unrecht verurteilt wurde und es irgendwie mit Percy
zusammenhängt.“
    Er seufzt. „Dann muss ich wohl
etwas weiter ausholen.“ Daraufhin räuspert er sich umständlich und atmet
nochmals durch. „Dass meine gesamte Familie bei Schotteneinfällen ermordet
wurde, ist dir vermutlich bekannt.“
    Sie ist überrascht, dass er es
erwähnt. „Ja.“
    „Es waren insgesamt zwei
Überfälle im Abstand von etwa fünf Jahren. Beim letzten wurden meine Frau und
unsere Kinder niedergemetzelt.“ Er hatte es ganz bedächtig ausgesprochen und
vergeblich versucht, die Verbitterung aus seiner Stimme herauszuhalten. „Dein
Vater und ich waren in einem der Verfolgungstrupps, denn der Earl of
Northumberland hatte in seiner Funktion als Lord of The Marches die Grenze
gegen die Schotten zu verteidigen und zu den Waffen gerufen.“ Er unterbricht
sich, um schwermütig zu seufzen.
    „Vater weilte wohl oft bei dir
auf Farwick Castle?“ Sie entsinnt sich, dass Raymond oft wochenlang unterwegs
war, ohne sie genauer einzuweihen, wohin ihn seine Reisen führten.
    „Nun ja, in den letzten Jahren
in der Tat“, erwidert er etwas ausweichend. „Jedenfalls war mir das Glück an
jenem Tage alles andere als hold. Ich wurde verletzt und blieb mit meinen
Männern zurück, um den Aufrührern den Rückweg abzuschneiden. Raymond ritt ihnen
mit einem Trupp unter Roger de Percy hinterher. Was dann geschah, weiß ich von
den letzten Worten, die Sibyll mit mir sprach, bevor sie sich ...“ Er atmet
durch. „Bevor sie starb. ... Mit Sibyll meine ich jene wunderschöne Frau, mit
der ich drei unschuldige kleine Töchter hatte. ... Sie erzählte mir, dass die
Schotten die umliegenden Dörfer überfallen hatten. Sibyll hatte noch viele der
fliehenden und Schutz suchenden Bauern in die Burg eingelassen. Die Schotten
zogen beim Anblick der geschlossenen Festung wieder ab. Sie wartete noch die
halbe Nacht, bevor die Bauern darauf drängten, hinausgelassen zu werden, um
nach dem Schaden zu sehen. Etwas später stand Percy an der Zugbrücke. Sie ließ
ihn arglos ein. Einer seiner Männer erstach meinen besten Jagdhund, worauf
Sibyll Percy zurechtwies. ... So ergab wohl ein Wort das andere. Seine Männer
waren noch

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