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Die rote Halle

Die rote Halle

Titel: Die rote Halle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Schmidt
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Kommissar
etwas zu, er nickte und sah dann mit müdem Gesicht auf sein dreißigköpfiges
Publikum.
    Â»Guten Morgen. Wie Sie ja alle wissen, wurde Josef Rost gestern nach
einem Zusammenbruch ins Krankenhaus eingeliefert. Die gute Nachricht, die ich
Ihnen heute mitbringe: Herr Rost ist bei Bewusstsein, und wie es aussieht, wird
er durchkommen.«
    Janina unterdrückte ein heiseres Lachen. Ja, er war bei Bewusstsein.
Aber nicht bei Verstand.
    Â»Die schlechte Nachricht ist: Diese Inszenierung der Roten Schuhe wird nicht fortgeführt.«
    Ein Murmeln ging durch die Halle, und der Kommissar machte eine
Pause, bevor er weitersprach.
    Â»Sie wundern sich vielleicht, warum ausgerechnet ein Polizist Ihnen
das mitteilt. Die Sachlage ist folgende: Wir arbeiten an zwei Kriminalfällen,
die in Zusammenhang mit Josef Rost und/oder dieser Inszenierung zu stehen
scheinen. Erstens ist Simon Zöllner, der Sohn Ihrer Kollegin Janina Zöllner,
verschwunden. Wir können jeden Hinweis brauchen, den Sie vielleicht liefern
können.«
    Ein unterdrücktes Murmeln ging durch die Reihen vor Janina, einige
Köpfe wandten sich nach ihr um. Auch DeeDees Gesicht war dabei, und Janina
bemerkte die Kälte in ihrem Blick. Sie saß bei einem der hohen Fenster,
aufrecht und ruhig. Janina schämte sich unter diesen Blicken, weil sie nicht
wusste, wo ihr Kind war. Es war, als sei die Bühne plötzlich am hinteren Ende
der Halle und als säße sie mitten darauf, und alle warteten auf ihr großes
Solo. Sie musste etwas tun. Sie musste sie von Simon ablenken. In diesem Moment
kam ihr Kommissar Schulz zur Hilfe.
    Â»Zweitens wurde ein anderer Junge tot aufgefunden. Wir müssen Sie
alle bitten, sich für eine Vernehmung zur Verfügung zu halten.«
    Janina sah, wie die Leute ihre Hintern unruhig auf den Sitzen hin
und her schoben, aber niemand sprach. Der Kommissar hob die Stimme.
    Â»Wie ich von Frau Hörn erfahren habe, können Sie alle Ihre Zimmer so
lange behalten, wie sie gebucht waren. Meine Assistentin Krissie Martin« –
Schulz deutete auf die junge Frau, die in der ersten Reihe saß, jetzt aufstand
und sich umdrehte, damit alle sie sehen konnten – »wird gleich Termine mit
Ihnen vereinbaren. Wir versuchen …«
    Janina war ebenfalls aufgestanden, bereit für ihr Solo.
    Der Entschluss war nicht bewusst getroffen, sie hatte nur das
dringende Gefühl, dass alle es hören mussten, bevor sie irgendwelche Aussagen
machten, und das hier war vielleicht der letzte Moment, in dem sie alle beisammen
waren.
    Was sie zu sagen hatte, konnte nicht warten.
    Â»Entschuldigen Sie, Herr Schulz.«
    Â»Frau Zöllner?«
    Â»Die Sache mit Simon hat sich erledigt.«
    Der Kommissar sah konsterniert aus.
    Â»Wie meinen Sie das?«
    Janina versuchte zu lächeln und mit klarer, erlöster Stimme zu
sprechen, aber sie war sich nicht sicher, ob ihre schauspielerischen Fähigkeiten
genügen würden.
    Â»Er ist wieder aufgetaucht.«
    Â»Er ist …?!«
    Dave hatte sich zu ihr umgedreht, sah sie durchdringend an.
Vielleicht hatte Janina einen Fehler gemacht. Egal wie unerträglich es war, sie
hätte sich neben ihn setzen, ihn zuerst informieren sollen. Es war ein Fehler
gewesen, ihn zu ignorieren. Und auch Kommissar Schulz’ Blick war alles andere
als erleichtert oder überzeugt.
    Janina zog ihr Lächeln noch mehr in die Breite und nickte
nachdrücklich.
    Â»Er ist nach Hause geflogen, genau wie er es gesagt hat. Nach
Vancouver. Er ist abgehauen.«
    Kommissar Schulz zog die Augenbrauen in die Höhe.
    Â»Na schön, dann möchte ich Sie und Herrn Warschauer bitte gleich im
Anschluss sprechen, wenn es möglich ist.«
    Â»Das möchte ich allerdings auch«, sagte Dave.
    Janina nickte.
    Es war ihr klar, dass sie da durchmusste, dass es keinen Weg daran
vorbei gab.
    Â»Frau DeeDee, und Sie möchte ich dann auch sprechen.«
    Â»Gerne«, sagte DeeDee nüchtern.
    Janina konnte ihr nicht ansehen, ob die Nachricht von Simons
Wiederauftauchen sie erleichterte oder freute, oder ob die ganze Sache sie
vollkommen kalt ließ.
    Â»Ich muss Sie außerdem alle bitten, sich in den nächsten Stunden
ausschließlich in Ihren Zimmern im Bettenhaus aufzuhalten, bis wir bestimmte
Untersuchungen hier im Flughafen abgeschlossen haben. Wir entschuldigen uns für
die Unannehmlichkeiten, es geht leider nicht anders.«
    Janina ging voran,

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