Die rote Halle
zügig, mit federnden Schritten. Gute
Stimmung ausstrahlen, Zuversicht, das war wichtig. Aber sie wollte es auch
hinter sich bringen. Dave schloss zu ihr auf, aber sie passte auf, dass sie
Abstand hielt, und er schien ihre Distanziertheit zu spüren und lieà sie in
Ruhe.
Als der Kommissar, Dave und Janina die dunkel getäfelte Kantine
betraten, fühlte sie sich nicht das erste Mal wie in einem Sarg. Egal, wie
viele Lampen sie anschalteten, der Raum wirkte immer eng und bedrückend. AuÃer
ein paar frühen Bauarbeitern, die mit Renovierungsarbeiten in einem anderen
Teil des Flughafens beschäftigt waren, war noch niemand hier.
»Moment«, sagte der Kommissar und deutete Richtung Kaffeemaschine.
»Noch jemand?«
Als Janina und Dave den Kopf schüttelten, stellte er sich allein an.
Janina und Dave nahmen einen groÃen Tisch am Fenster in Beschlag.
»Ich frage mich, was für Untersuchungen er gemeint hat«, sagte Dave.
Die zwei Männer am Nebentisch aÃen Leberkäse zum Frühstück, und
Janina dachte an das, was sie im Gepäckleitsystem gesehen hatte. Der Gestank
klebte ihr immer noch ganz oben in der Nase und mischte sich mit dem dicken
Geruch des gebratenen Fleisches. Sie würde nie wieder Leberkäse essen.
Der Kommissar kam mit einem groÃen Kaffee und seufzte tief, als er
sich setzte.
»Ich habe eine schlaflose Nacht hinter mir«, sagte er.
Janina hatte weder Zeit noch Nerven für Lockerungsübungen vor dem
eigentlichen Gespräch. Sie verschränkte die Finger vor sich auf der Tischplatte
zu einem festen Knoten.
»Unten im Gepäckleitsystem liegt die Leiche einer Tänzerin. Rose
Berlin. Ich habe sie heute Nacht gefunden.«
Janina blickte von ihren blutleeren Händen auf, sah aus dem Fenster
auf die rote Spielplatzlok und wartete auf eine Reaktion.
Der Kommissar fluchte, weil er sich heiÃen Kaffee über die Hose
geschüttet hatte, und Dave sah aus, als ob er gleich in Ohnmacht fallen würde.
Janina nickte. Die Nachricht würde die beiden Männer von Simon ablenken. Bevor
Fragen kommen konnten, entwirrte sie ihre Hände und fuhr fort.
»Ich bin den Gedanken nicht losgeworden, dass Simon vielleicht
irgendwo im Flughafen eingesperrt sein könnte. Ich wollte ihn suchen. In der
Schalterhalle habe ich den Leichengeruch bemerkt, aus dem Gepäckleitsystem. Ich
musste wissen, ob ⦠ich bin reingegangen.« Janina wandte sich an Dave. »Sie ist
gar nicht abgereist nach eurem Streit, wie du dachtest.«
Janina wusste, dass sie mit dem letzten Satz den Verdacht direkt auf
Dave lenkte. Aber es musste sein. Für Simon.
Der Kommissar hatte sein Handy am Ohr, bevor Janina ausgeredet
hatte.
»Schulz hier. Wir brauchen Leute in der Schalterhalle. Spusi,
Taschenlampen. Ja. Ich bin gleich da.« Dann wandte er sich an Janina. »Fühlen
Sie sich in der Lage, mitzukommen?«
Janina hatte weià Gott anderes zu tun, Dringenderes.
»Muss ich? Ich ⦠habe genug Tote gesehen, in den letzten Tagen.«
Der Kommissar nickte.
»Na gut, Sie können hier warten. Ich habe noch einige Fragen an
Sie.«
»Natürlich.«
»Sie sagten, Ihr Sohn ist nach Hause geflogen?«
Janina nickte und holte ebenfalls ihr Handy hervor, um ihm die
zweite Nachricht zu zeigen, die sie in der letzten Nacht erhalten hatte.
»Sehen Sie«, sagte sie und reichte das Handy an den Kommissar
weiter. Dave sah ihm über die Schulter und las vor.
Bin angekommen, Mam. Lynda hat mich vom Flughafen
abgeholt. Wir sehen uns, ich passe auch gut aufs Haus auf. Kuss, Simon.
Dave stieà Luft aus wie ein Wal, der nach einem viel zu langen
Tauchgang endlich an die Oberfläche kommt.
»Wenn ich nicht so erleichtert wäre â¦Â«
»Ich wünschte nur, wir könnten jetzt auch einfach weg und ihm nach«,
sagte Janina leise.
»Das wird leider noch nicht so schnell gehen«, sagte der Kommissar.
»Natürlich nicht.«
»Und kannten Sie die Tote gut?«, wollte der Kommissar von Dave
wissen.
»Wir waren bis vor ein paar Tagen ein Paar.«
»Das heiÃt, Sie können sie identifizieren.«
»Ja.«
Dave sah bleich und müde aus, aber er war gefasst. Janina hatte
gewusst, dass sie zusammen gewesen waren, aber sie hatte es sich bis zu diesem
Moment nicht bewusst gemacht. Trotzdem war es ihr unmöglich, ein tröstendes
Wort zu ihm zu sagen, ihn zu berühren. Aber das alles
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