Die Rote Spur Des Zorns
Gegend mit einem knappen Meter Schnee überschüttete und das Haus darunter zusammenbrach.
Russ erkannte Peggy Landrys Adresse, als er in die lange Auffahrt bog. Das Haus konnte ihr erst relativ kurz gehören; ein Dot-com-Millionär aus New York City hatte es vor ein paar Jahren gekauft und für viel Geld instandgesetzt. Russ erinnerte sich noch daran, weil der Typ während seiner Sommeraufenthalte ständig Einbruchalarm gab, bis Mark Durkee hingefahren war und ihm klar machte, dass die Freiluftküche, die er an die Poolhütte hatte anbauen lassen, für einen ununterbrochenen Andrang von Schwarzbären sorgte.
Der Weg vor dem Haus war immer noch voller Autos, aber Clares scheußlicher Shelby-Cobra fiel dennoch zur Genüge auf. Russ stellte seinen Transporter in die nächstbeste Lücke und stieg aus. Er warf einen Blick an der Hausfassade hinauf: ein zweistöckiger, mit Brettern verschalter Bau in leicht ländlichem Stil und gekrönt von einem modernistischen Plattendach. Russ versuchte sich auszumalen, wie Clare – sternhagelvoll – aus einem der Fenster gesprungen war. Der Gedanke ließ ihn das Gesicht verziehen. Sie selbst hatte sich einmal als Adrenalinjunkie bezeichnet. Wie sie es je durchs Seminar und zur Priesterweihe geschafft hatte, war ihm ein Rätsel.
Er ging über den knirschenden Kies zu ihrem Wagen. Nicht das geringste Lebenszeichen, bis er sich bückte und in das dunkle Innere spähte. Clare war auf dem Beifahrersitz eingeschlafen. Er klopfte an die Scheibe und öffnete die andere Tür.
»Ja, hier!« Sie fuhr in ihrem Sitz hoch.
»Nur ruhig Blut. Sie sind nicht auf Posten eingeschlafen.« Das Licht aus dem Haus fiel bis ins Wageninnere, doch selbst in dem Halbdunkel konnte Russ erkennen, dass Clare nicht übertrieben hatte. Sie sah aus, als wäre sie unter die Räder gekommen.
»Nein, natürlich, ich war nur –« Sie blinzelte mehrmals. »Russ! Was tun Sie denn hier? Ach, halt, jetzt fällt’s mir wieder ein. Sind Sie da, um Malcolm zu verhaften?«
Er sah sich mit zusammengekniffenen Augen in dem winzigen Sportwagen um. »Ich glaube nicht, dass ich in diese Sardinenbüchse reinpasse. Warum steigen Sie nicht bei mir ein? Da können wir uns unterhalten. Los, schnappen Sie sich Ihr Handtäschchen und Ihre Schlüssel.«
Sie nickte. Einen Moment später gingen sie zu seinem Transporter, wobei Clare leise Schmerzensschreie von sich gab, während sie sich mit nackten Füßen über den Kies tastete.
Sobald beide im Innern des Wagens saßen, ließ Russ den Motor an und legte den Gang ein.
»Hey! Was machen Sie da?«
»Ich fahre Sie heim.« Er drehte den Kopf, um zurückzustoßen. »Bitte schnallen Sie sich an.«
»Sie sollten doch Malcolms Zimmer durchsuchen! Haben Sie mir denn gar nicht zugehört?«
»Doch.« Er schaltete in den ersten Gang und fuhr zielstrebig zur Landstraße hinunter.
»Sie können doch nicht einfach abhauen! Es sind illegale Drogen in diesem Haus. Und Personen, die etwas über den Mord wissen!«
»Sie haben wieder mal zu viel Law & Order gesehen, was?« Er grinste sie an. »Passen Sie auf, ich erteile Ihnen jetzt Gratis-Nachhilfe über den Justizvollzug in unserem Land. Ich bin Polizist, also Exekutivbeamter. Bevor ich in irgendjemandes Haus eindringe und es durchsuche, muss ich mir eine Genehmigung von einem Richter holen. Man nennt das Haussuchungsbeschluss. Ich überzeuge den Richter anhand der von mir vorgebrachten Indizien oder Beweise oder anhand von Zeugenaussagen, dass eine begründete Aussicht besteht, weitere Indizien oder Beweise zu finden. Es gibt zwar Gerichte, wo ein ehrlicher Beamter aufgrund seiner Angaben einen Haussuchungsbeschluss erwirken kann, aber ich, hier in Washington County, muss mich mit Richter Ryswick herumschlagen, und der sieht gern konkrete, stichhaltige Beweise, bevor er eine solche Maßnahme gestattet. Erst recht, wenn es um einen gut situierten Geschäftsmann geht. Richter Ryswick würde es mir sehr übelnehmen, wenn ich ihn aufwecke und um einen Durchsuchungsbeschluss für Peggy Landrys Haus bitte, weil eine Betrunkene behauptet, sie habe während des Gangs auf die Toilette etwas belauscht, wobei es sich vermutlich um einen Drogendeal handelt. Obwohl ich zugeben muss: Dass Sie Priesterin sind, ist ein Pluspunkt. Der hiesige Staatsanwalt entschuldigt sich gern bei den Geschworenen, dass Priester und Bischöfe leider nur selten Zeuge eines Verbrechens würden; um zu erklären, warum er diese nicht in den Zeugenstand ruft.«
»Aber ich
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