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Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Russ es ihr nachtat. Offenbar schimpfend, stapfte er auf die andere Seite der Zufahrt hinüber. Clare stellte den Spiegel ein und wendete so schnittig, dass der Kies aufspritzte. Sie grinste. Natürlich bedauerte sie, falls Peggy in Gefahr war, aber dennoch war sie wie elektrisiert von der Aussicht, endlich Antwort auf die Fragen um Bill Ingrahams Ermordung und die Überfälle auf Dr. Dvorak und Todd zu finden.
    Sie gab Gas und jagte mit ihrem Shelby den Zufahrtsweg hinunter. Ein rascher Blick in den Rückspiegel bestätigte, dass Russ ihr folgte. In ihrem Geiste sah sie sich den MacPhersons, Steve und Ron triumphal die Wahrheit überbringen. Habt keine Angst, weil ihr seid, wer ihr seid!, würde sie sagen und malte sich aus, wie sie dem Pfarrgemeinderat ihren Coup verkündete: Der Schuldige ist gefasst! Und wenn erst der Post-Star haarklein ihre Rolle bei Malcolms Entlarvung beschriebe! Die Teilnahme an den Mahnwachen könnte dadurch sprunghaft in die Höhe steigen. Vielleicht ließen sich sogar Diskussionsrunden in St. Alban’s damit verbinden, man könnte die Gruppe für außerkirchliche Aktivitäten mit einbeziehen und …
    Während sich in ihrem Kopf die Ideen nur so überschlugen, preschte Clare wie mit Autopilot durch die Stadt zurück, ihrer Umgebung nur gerade so weit bewusst, dass sie die Karambolage mit einem Tanklastzug vermied, der kurz vor der Auffahrt zur Route 117 angehalten hatte, um rückwärts in Stewart’s Raststätte zu stoßen. Normalerweise hätte sie mit den Fingern auf den Lenker getrommelt und auf ihre Uhr geschaut, wenn sie das Wendemanöver eines Lkws abwarten musste; an diesem Punkt ihres Tagtraums hatten Clares soziale Aktivitäten und Engagements jedoch schon eine Vielzahl neuer Pfarreimitglieder angezogen, und sie betrachtete die überquellenden Kirchbänke mit einem so verklärten Lächeln, dass der verblüffte Fahrer des Lastzugs ebenfalls lächelte und ihr zuwinkte.
    Als sie am Stuyvesant Inn vorbeifuhr, sah sie sich wegen ihres ebenso selbstlosen wie unerschrockenen Einsatzes für die Wahrheit vom Pfarrgemeinderat gefeiert und mit dem Lob des Bischofs belohnt. Der kleine Cobra sprang und hüpfte die Straße zur Baustelle hinauf, dass der Pick-up, der ihm folgte, durch eine aufwirbelnde Staubwolke tauchen musste.
    Wie Russ gesagt hatte, waren die Arbeiten vorübergehend eingestellt. Man hätte es selbst dann erkannt, hätten sich außer Peggy Landrys Volvo noch andere Fahrzeuge auf dem unasphaltierten Parkplatz befunden. Die Bagger und die Planierraupen standen an genau derselben Stelle wie bei Clares Besuch vor fünf Tagen, und die durchsichtigen Plastikplanen auf den Backsteinpaletten trugen eine grün-goldene Pollenschicht, die ihnen das Aussehen uralter, verstaubter Grabmäler verlieh.
    Clare parkte ein Stück neben Peggys Limousine und stieg aus. Heute wehte kein Gebirgslüftchen mit Tannenduft. Es war heiß, stickig und roch nach dem feuchten Humus im Wald. Russ fuhr an Peggys Wagen vorbei, um weiter weg zu parken, mit der Motorhaube Richtung Straße. Auf diese Art konnte er starten, ohne erst wenden zu müssen, begriff Clare. Wahrscheinlich suchte sich der Typ in einer Kneipe auch immer den Eckplatz aus, mit dem Rücken zur Wand und dem Blick zur Tür. Sie lehnte sich auf das Verdeck ihres Wagens und fuhr mit ihrer Turnschuhspitze durch den feinen Staub.
    Russ kam herüber. »Ihr Auto steht schon mal da. Versuchen wir’s im Büro.«
    Doch die Tür des Wohnwagens war verschlossen. »Was jetzt?«, fragte Clare.
    »Die Sache gefällt mir nicht.« Russ betrachtete den von Stiefeln und Maschinen festgestampften Boden – wie ein formloser, ausgetrockneter Teich. »Hier finden wir nie ihre Spur.« Er nahm seine Brille ab, putzte sie mit dem Zipfel seines Polohemds und sah blinzelnd in die umliegenden Wälder.
    »Peggys Auto ist das einzige weit und breit«, stellte Clare fest. »Wenn sie sich mit dem Kerl getroffen und der sie entführt hat?«
    »Ihre Handtasche ist noch im Wagen«, sagte Russ. »Wenn diesem Typen das Wasser wirklich bis zum Hals steht, dann bezweifle ich, dass er Scheckkarte, Kreditkarten und Bargeld einfach liegen ließe.«
    »Oh, das habe ich gar nicht bemerkt.«
    »Wohl nicht genau nachgeschaut, was?«
    Sie überhörte seinen Spott und deutete auf den Rand der Baustelle. »Da hinten ist ein Weg – so eine ausgefahrene Schneise zwischen den Bäumen, aber wenn ich von hier aus zu Fuß los müsste« – sie wies auf die Baustelle – »dann würde ich den

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