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Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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die Frontscheibe zu überprüfen. Auch Russ stand auf und beugte sich über die Schnauze des Bell.
    »Ich hatte da so ein ungutes Erlebnis.« Seine Stimme war kaum mehr als ein Brummeln. Offenbar wollte er nicht, dass Peggy etwas davon hörte. »Ein sehr ungutes Erlebnis.«
    Clare klopfte kurz an die Scheibe. »Dann kommen Sie darüber hinweg.«
    »Wie?!«
    Sie wich ein Stück zurück und schlenderte dann für einen letzten Blick rings um die Maschine. Dabei achtete sie auf Dinge, die nicht vorschriftsgemäß oder niet-und nagelfest sein mochten, und auf Russ. Sie musste sich nicht zum ersten Mal mit einem Mannschaftsmitglied auseinander setzen, das in Panik war. Aber sie wollte ihn unbedingt überreden. »Was war damals? Sind Sie unter Beschuss geraten? Hat ein Blitz Ihre Elektronik durchschmoren lassen?« Sie blickte zu ihm auf. »Das wird nicht passieren. Es kann gut sein, dass hier und heute jemand stirbt, wenn wir ihn nicht aus der Felsspalte holen. Also kommen Sie über die Geschichte hinweg.«
    Russ blieb wie erstarrt stehen. »Es ist nicht zu fassen. Ich habe mir das nicht nur ausgedacht, das ist eine harte Tatsache. Glauben Sie, ich würde herumlaufen und jedem mein Gemütsleben beichten? Was für eine Pastorin sind Sie überhaupt?«
    Sie drehte sich entschlossen zu ihm herum. »Das weiß ich nicht, Russ. Wahrscheinlich eine, die Hubschrauber fliegt, die redet, ohne nachzudenken, und die regelmäßig Dinge vergeigt.« Sie wischte ihre ölverschmierten Hände an ihren Shorts ab. »Aber eines kann ich Ihnen sagen.« Sie stellte sich aufrecht vor ihn, trieb ihn in die Enge, zischte ihm ihre Worte ins Gesicht. »Ich bin keine, die jemanden einfach sterben lässt, weil sie zu viel Schiss hat, in einen Hubschrauber zu steigen!« Sie deutete auf den Schuppen, ohne den Blickkontakt mit Russ zu unterbrechen. »Und jetzt knacken Sie diese Bude dort und holen mir die Kopfhörer!«
    Er wich zurück – sie sah seinen Adamsapfel auf und ab hüpfen – starrte sie an. »Ma’am«, sagte er. »Zu Befehl, Ma’am.«
    Clare folgte ihm. Trotz des Vorhängeschlosses an der Tür war der Schuppen nur ein windiges Ding, wie man es im Baumarkt oder im Gartencenter kaufen konnte. Russ umrundete ihn und ließ seine Finger prüfend über die Türkette gleiten. Dann nahm er sich eines der beiden Plexiglasfenster in den Seitenwänden vor. Er drückte dagegen und tastete die Kanten ab. »Legen Sie Wert darauf, dass es hübsch aussieht?«, fragte er.
    »Nein.«
    »Okay. Also los.« Er zog Clare zu sich heran, drehte sie um und legte ihr seine Arme um die Taille. »Ich werde Sie als Rammbock verwenden. Spreizen Sie Ihre Beine auf Fensterbreite.« Clare kam gar nicht dazu, zu antworten, denn schon hob er sie vom Boden hoch – so kraftvoll, dass ihr die Luft wegblieb. Sie zog die Beine an und brachte ihre Füße in Stellung, während er ein paar Schritte zurückwankte. Dann warf er sich nach vorne, Clares Turnschuhe prallten auf das Fenster, und die Plexiglasscheibe samt Rahmen flog in den Schuppen, wo sie an ein Regal krachte.
    Russ setzte Clare auf die Fensterkante, damit sie ins Innere schlüpfen könnte. Es war heiß wie in einem Brutkasten und alles sah so ähnlich aus, wie sie es erwartet hatte: Werkzeugregale, mehrere Fässchen Schmieröl und Hydraulikflüssigkeit, eine Einkaufstüte voll Lumpen und gleich neben dem zertrümmerten Fenster ein Metallschrank, den sie aufbrachen. Volltreffer: vier Kopfhörer, aufgehängt an einem Holzpflock. Sie nahm sich zwei und reichte sie Russ hinaus, um den Schuppen dann noch sorgfältiger zu inspizieren. Vielleicht fände sie etwas, das von Nutzen sein könnte. Die Regalbretter waren zu schwer, die Unterlagetafeln für Zeichnungen und Zettel bei weitem zu klein. Da fiel ihr Blick auf zwei zusammengeklappte ölverschmierte Liegestühle in der Ecke. Genau das Richtige. Clare packte die beiden Dinger und schob sie durch das Fenster.
    »Wozu sollen denn die gut sein?«, fragte Russ.
    »Wir werden Waxman auf irgendetwas festbinden müssen, um ihn transportieren zu können«, antwortete sie. Sie ging zu den Regalen zurück, nahm auch die Lumpentüte und warf sie hinaus. »Sie können ihn damit auf den Liegen festbinden.«
    »Wenn ihn der Transport nicht umbringt, dann diese verschmuddelten Lumpen da.«
    Clare sah ihn an. »Ich bin offen für Vorschläge, falls Ihnen etwas Besseres einfällt.« Er hob seine Hände und trat ein Stück zurück. Sie wandte sich wieder dem Innern des Schuppens zu. Also,

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