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Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Russ entfernt, der in seinem Gurt hing. Es wirkte wie ein stählerner Haifischrachen, der darauf wartete zuzuschnappen.
    »Okay«, sagte Clare in der Hoffnung, man werde ihr ihr Entsetzen nicht anmerken. »Bleiben Sie ganz ruhig.«
    »Keine Sorge«, antwortete Russ mit einem Hüsteln.
    »Sehen Sie Waxman?«
    »Ja. Er ist unter mir, auf dem Boden. Das heißt: Früher war’s ein großes Fenster.«
    »Was macht er für einen Eindruck?«
    »Keinen besonders guten.«
    Clare drückte gegen die Pilotentür, die sich über ihr befand. Das Ding sprang auf wie eine Luke und ließ sich immer weiter öffnen, bis es scheppernd über die Schnauze des Hubschraubers hinabfiel. Clare stemmte sich vorsichtig nach draußen. Die Scharniere waren glatt abgebrochen. Sie hockte sich auf den Türrahmen, um sich zu orientieren. Die Maschine lag auf der rechten Seite und mit abwärts gerichteter Schnauze an einem bewaldeten Hang und war zwischen mehreren starken Ahornbäumen eingekeilt. Bei ihrer Bruchlandung hatte sie eine Schneise in die Böschung gerissen, und die Splitter von etwas, das wie mehrere junge Tannen aussah, waren in den zerwühlten Boden gerammt.
    Clare zitterte trotz der schwülen Luft. Ihr war kalt, schwindlig, und sie fühlte sich so erschlagen, dass sie sich am liebsten einfach hingelegt und gewartet hätte, bis jemand ihr die Verantwortung für dieses Desaster abnahm. Doch so jemanden gab es nicht. Sie schlug sich eine Hand vors Gesicht und atmete tief durch. »Gott«, sagte sie, »mach, dass ich nicht zusammenbreche. Ich schaffe das nicht allein.«
    »Beten Sie da oben?« Russ’ Stimme drang aus der Kabinentür.
    Clare zog die Beine hoch und beugte sich über die Öffnung nebenan. Der Türgriff war verbogen und kaputt. »Ja, tu ich«, antwortete sie.
    »Dann muss ich Ihnen sagen: Zuzugeben, dass man etwas nicht schafft, das ist nicht sehr aufmunternd.«
    Sie fasste den Türgriff und drehte ihn. »Das hab ich ja auch gar nicht getan«, erwiderte sie, während sie daran zerrte. »Ich sagte: Ich schaffe das nicht allein. Oh!« Etwas im Innern des Griffes gab nach, und die Tür schnellte ein gutes Stück zur Seite. Dann blieb sie stecken.
    »Tapferes Mädchen.«
    Clare stützte sich auf Hände und Knie, um die Kabine zu inspizieren. Aus diesem Blickwinkel sah das abgerissene Heck sogar noch schlimmer aus. »Kommen Sie an die Türkante?«
    Russ verdrehte mühsam den Kopf. »Glaube schon.« Er streckte einen Arm hoch, und Clare führte seine Hand an den oberen Rand des Türrahmens, damit er sich festhalten konnte.
    »Fabelhaft. Und jetzt tun Sie bitte Folgendes: Drücken Sie mit Ihrer anderen Hand gegen die Decke und mit Ihren Füßen gegen den Boden. Ich öffne unterdessen Ihren Sicherheitsgurt. Wenn Sie frei sind, ziehe ich an diesem Arm« – sie berührte die Hand, die sich um den Türrahmen klammerte – »und Sie richten sich auf.«
    »Ich kann mich nicht hinstellen. Dann trete ich auf Waxman.«
    »Sehen Sie den Sitz unter sich? Stellen Sie Ihre Füße auf dessen Rand. Sobald Sie aufrecht stehen, probieren wir, ob wir Sie um dieses Ding herumziehen und rausholen können. Fertig?«
    »Augenblick!« Sie wartete. Er sagte kein Wort. Schließlich schob er sich mit seiner freien Hand die Brille höher auf die Nase und sagte: »Los geht’s.«
    Clare beobachtete, wie er sich zwischen Boden und Decke streckte. Sie ließ ihre Hand um den Rand seines Sitzes gleiten, ertastete die Schnalle seines Sicherheitsgurts und, »klick«, hatte sie ihn geöffnet.
    Russ’ Fingergelenke färbten sich weiß vor Anstrengung. Er hob ein Bein an, sodass es in Richtung des zweiten Passagiersitzes baumelte. Clare konnte nicht sehen, ob sein Fuß den Sitz schon berührte, aber sie sah seine Arme und sein anderes Bein zittern, während er sich bemühte, nicht in das scharfkantige Heckteil zu fallen.
    »Geschafft«, sagte er.
    »Vorsichtig.«
    »Ja, und ob!«
    Sie schob sich auf den Rahmen der Kabinentür, damit sie sich rittlings hinsetzen konnte, einen Fuß auf jeder Seite. Dann bückte sie sich, so tief es ging, um Russ und sich selbst mit der Kraft ihrer Schenkel zu halten. »Geben Sie mir Ihre Hand. Ich halte Sie aufrecht.«
    Er lachte heiser.
    »Still, und geben Sie mir Ihre Hand.« Sie verspürte eine aberwitzige Freude, dass er trotz allem einen Doppelsinn aus ihren Worten heraushören konnte. Er ließ den Rahmen los, sie schnappte sich mit einem einzigen Griff sein Handgelenk und zog ihn langsam nach oben. Ein schwaches Geräusch ertönte,

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