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Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Flammentod überlassen. Sie kletterte wieder auf die Türkante, um in die Kabine zu spähen. »Ich glaube, ich kann mich dort runtergleiten lassen« – sie deutete auf den Bereich neben der Öffnung – »und unter dem Heckteil hindurchschlüpfen. Dann sehe ich mir die Sache mal genauer an.«
    »Und?«
    Sie inspizierte das zertrümmerte Heck. Abgesehen von dem gezackten Rand wirkte das Ganze ziemlich ungefährlich. Das Problem war die Größe. Eine relativ schlanke Frau konnte es, wie sie gesagt hatte, außen umgehen; aber für einen Mann auf einer Bahre stellte es ein erhebliches Hindernis dar. Clare blickte zu Russ auf. »Und dann bete ich um eine göttliche Eingebung. Helfen Sie mir runter?«
    Er brummelte zwar etwas, nahm aber trotzdem die Position ein, die sie vorher innegehabt hatte, indem er sich rittlings auf die Türkante setzte. Sie selbst ließ ihre Beine in die Kabine baumeln, bis ihre Schuhe das Heckteil streiften. Russ streckte seine Arme aus, und sie fassten sich mit festem Griff gegenseitig am Handgelenk. Dann schob sich Clare, leicht seitwärts gedreht, vom Türrahmen weg, wobei sie darauf achtete, möglichst wenig anzustoßen und sich nicht zu verletzen. Sie wusste nicht, wie stabil das Heckstück war, aber sie sah es schon kippen, auf Waxmans leblosen Körper fallen und ihn mit den rasiermesserscharfen Kanten zerstückeln.
    Als sie sich Wange an Wange mit den Metalltrümmern befand, berührte ihr Fuß den Winkel zwischen der Trennwand zum Cockpit und dem Boden. »Okay, Sie können mich jetzt loslassen«, sagte sie.
    Russ öffnete seinen Griff, und Clare warf sich ein Stück nach hinten, während ihre Füße lautstark am Boden auftrafen. Dann duckte sie sich unter dem Heck hindurch und konnte einen ersten Blick auf Waxman werfen.
    Es sah aus, als ruhte er mit dem Gesicht nach unten auf einem quadratischen Stück Erdboden – dem zweiten Kabinenfenster –, immer noch fest an Russ’ selbst gebastelte Bahre und Armschienen gefesselt. Sie packte den Aluminiumrahmen, um den Bewusstlosen auf den Rücken zu drehen. Bei seinem Anblick biss sie schmerzvoll die Zähne zusammen. Zusätzlich zu dem blauroten, geschwollenen Striemen, der von dem Sturz stammte, klaffte auf seiner Stirn jetzt eine stark blutende Schnittwunde, und seine Nase wirkte auf eine undefinierbare Weise schief. Clare vermutete, sie sei gebrochen. Aber sie wusste auf Anhieb, dass er noch am Leben war, denn sein Atem klang, als würde jemand einen Teekessel auf und zu drehen.
    »Er hat überlebt«, sagte sie. »Ich fürchte nur, eine Lunge könnte durchbohrt sein.«
    »Dieser Mistkerl ist nicht so leicht totzukriegen, was? ’tschuldigen Sie den Kraftausdruck.«
    Clare kauerte sich über die reglose Gestalt. Sie selbst war es, die den Ärmsten in diese Lage gebracht hatte. Wie sollte sie ihn jetzt hier herausschaffen? Sie spielte mit dem Gedanken, ihn in aufrechte Stellung zu bugsieren und dann über das Heckteil zu schieben, bis Russ an ihn herankäme. Nein, unmöglich. Umbringen würde es ihn vielleicht nicht, aber an seinen gebrochenen Knochen so viel Schaden anrichten, dass er sich letztlich noch lieber den Tod wünschte. Das leuchtend orange Fangnetz sprang ihr ins Auge. Als das Heck sich durch den Frachtraum gebohrt hatte, war das Netz zerrissen worden, sodass die Spannseile überall verstreut lagen. Clare wischte sich mit ihrer Hand den Schweiß aus den Augen. Das Netz, die Gurte, die Spannseile … Das konnte man doch verwenden.
    »Ich hab eine Idee«, rief sie.
    »Heraus damit«
    Sie zwängte sich zu der Stelle durch, wo das Fangnetz an seinen Dübeln hing, und begann es loszumachen. »Ich werde ihn, so fest es geht, in diese Spannseile einschnüren. Dann hebe ich ihn hinten, wo es schmäler wird, auf das Heck und schiebe ihn nach vorne, bis wir ihn zusammen durch die Tür hieven können.«
    »Und wenn das Ding nun runterkracht?«
    »Kann sein, dass er dann ein bisschen durchgerüttelt wird, aber nach allem, was bisher passiert ist, ist das ein Klacks. Nur von uns beiden darf keiner unter die Trümmer geraten.« Sie kickte den Rucksack von Waxmans Beinen weg, warf das Fangnetz auf die Plexiglasscheibe am Boden, stopfte die eine Hälfte unter den Körper des Verletzten und hob ihn dann an – erst die unbeweglichen Schultern, danach die Füße und zuletzt das Gesäß –, indem sie ihre Arme darunter zwängte. Als sie fertig war, lag Waxman auf dem Riemengeflecht in Position.
    Sie sammelte gerade alle Spannseile ein, die sie sehen

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