Die Rote Spur Des Zorns
als er mit seinem zweiten Fuß auf den Sitz trat; dann wurden sein Kopf und seine Schultern mit einer leichten Drehbewegung nach oben gezogen.
»Ich fühle mich«, sagte er fast flüsternd, »wie ein Hähnchen am Grill.« Sein anderer Arm war jetzt frei und reckte sich durch die Türöffnung. Seine Hand tastete nach einem Halt.
»Stehen Sie sicher?«, fragte Clare.
»Ja, auf beiden Beinen. Sie können mich loslassen.«
Als sie ihren Griff um sein Handgelenk lockerte, war sein Kopf auf gleicher Höhe mit der Tür und das gezackte Ende des Hecks vor seinem Bauch. Er streckte beide Arme nach draußen und legte seine Hände um die Türkante hinter seinem Kopf. »Ich schätze, wenn das Ding da nicht im Weg wäre, könnte ich mich mit einer Rolle rückwärts hochziehen«, sagte er. »Ich hab ’ne ziemliche Kraft im Oberkörper.«
»Wenn dieses Ding nicht im Weg wäre, kämen Sie viel leichter raus«, entgegnete Clare. »Aber unter den gegebenen Umständen können Sie sich nun mal nicht hochziehen. Ich möchte, dass Sie mir Ihre Hände um den Nacken legen; dann hieve ich Sie herauf.«
»Was, Nacken-Gewichtheben? Vergiss es, Schätzchen. Ich muss dreißig, fünfunddreißig Kilo mehr wiegen als Sie.«
»Ich hole Sie rauf, Russ.« Ein scharfer Unterton lag in ihrer Stimme: Furcht, dass er vielleicht doch Recht haben könnte. »Vertrauen Sie mir.«
»Ich habe Ihnen vertraut, als ich in diese verdammte Kiste gestiegen bin, und jetzt schauen Sie mich an.« Er blinzelte zu ihr hoch und versuchte zu lächeln. Dadurch rutschte seine Brille noch weiter hinab. »Verdammt. Rücken Sie das Ding da mal bitte zurecht, ja?« Clare schluckte einen Kloß im Hals hinunter, während sie ihm das Gestell auf der Nase hochschob.
Als sie wieder mit fester Stimme reden konnte, erwiderte sie: »Ich habe versprochen: weder feindlicher Beschuss noch Blitzschlag. Wenn Sie keine technische Panne erleben wollten, hätten Sie sich deutlicher ausdrücken müssen.« Sie beugte ihren Kopf zu seinem herab. »Legen Sie mir Ihre Arme um den Nacken.«
Zu ihrer Überraschung diskutierte er nicht weiter, sondern verschränkte seine Hände in ihrem Genick. »Nicht locker lassen.«
»Keine Sorge.« Sie stützte ihre Füße noch fester ab, packte mit beiden Händen sein Hemd und richtete sich ganz langsam auf. Himmel, war der schwer! Sie knirschte mit den Zähnen und keuchte, während ihre Schenkel vor Anstrengung zitterten. Er bog sich zur Seite, um dem Heckteil auszuweichen, aber sehen konnte sie nur sein Kopfhaar und das Hemd, das sich vom Oberkörper abschälte. Verdammt! Sie steckte ihre Hände unter seine Achseln, grub ihre Finger in die feuchtkalten Achselhöhlen und zog so fest, dass sie die Knochen unter seiner Haut fühlte. Schweißtropfen liefen ihr in die Augen. Sie stöhnte, während sie ihn mit der Kraft ihrer Arme und Beine hochhievte, und ihre Muskeln bebten nicht nur vor Anstrengung, sondern auch vor Angst, er könne Recht haben – dass sie es nicht schaffte. Ihre Muskeln brannten vor Schmerz, und sie fürchtete, Russ wieder zu verlieren.
Genau in diesem Moment sagte er: »Ich bin über der Kante! Schieben Sie mich ein paar Zentimeter zurück.«
Sie folgte seiner Anweisung, und plötzlich ließ er ihren Nacken los. In diesem Moment kippte sie vornüber, und er fing sie an der Hüfte auf. »Ruhig. Ganz ruhig«, sagte er. Russ saß jetzt auf dem Rand des Türrahmens. Er schob sie von der gähnenden Öffnung weg, und sie rutschte über den freiliegenden Bauch des Hubschraubers hinab. Als ihre Füße am Boden aufsetzten, brach sie zusammen.
Einen Moment trat Stillschweigen ein, das nur von ihrer beider Keuchen gebrochen wurde.
Dann sagte er: »Danke.«
Clare winkte einfach ab und drückte ihren Rücken durch. Morgen würde er sich anfühlen wie nach einer Nierenentfernung. Sie richtete sich wieder auf. »Wir müssen Waxman da rausholen.«
»Clare, er ist womöglich schon tot.«
»Ich will es aber genau wissen. Und wenn nicht, dann müssen wir tun, was wir können, um ihn dort rauszuschaffen.«
Russ schnupperte. »Riechen Sie das? Das ist Benzin! Wir müssen schleunigst …« Seine Stimme erstarb unter Clares unnachgiebigem Blick. »Zumindest wäre es eine Überlegung wert, ob wir ihm nicht mehr helfen, wenn wir auf schnellstem Wege ein Rettungsteam alarmieren.«
»Und wenn ein Funke überspringt und der Tank explodiert?« Clare ereiferte sich erst gar nicht; sie hatte sowieso schon gewonnen. Nie und nimmer würde Russ jemand dem
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