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Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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das letzte bisschen Kraft. Sein Hemd trocknete nicht, sondern wärmte sich auf, bis es ein fester Bestandteil der feuchten Luft zu sein schien. Es herrschte vollkommene Ruhe. Nur das Murmeln des Baches und das Rascheln des Farns brachen die Stille der Wälder, und selbst das Insektengesumm, das man sonst hörte, war verstummt. Russ spürte seine stärker werdende Anspannung – die schleichende Furcht, die ihn befiel, wenn er sich schutzlos feindlichem Gewehrfeuer ausgesetzt fühlte. Er wusste, das war idiotisch. Es gab keine Heckenschützen in den Adirondacks, und wenn er und Clare Angst haben mussten, dann, dass sie sich den Knöchel verrenkten oder einen Hitzschlag bekamen, nicht vor ratterndem MG-Feuer aus dem Dickicht. Grün plus Hitze plus Feuchtigkeit bedeutete nicht automatisch den Tod.
    Und in diesem Moment – sie umrundeten gerade einen steilen tannenbewachsenen Hang, hinter dem sich der Bach entlangschlängelte – erblickte er drei bewaffnete Männer in Armeeuniform.
    Er ließ die Trage zu Boden fallen und zog innerhalb einer Sekunde seinen Revolver. Clare ging neben Waxman in Deckung, während Russ sich in Schuss-Position zusammenkauerte.
    Die drei Männer, die mühselig den Berg heraufmarschiert waren, hielten inne und starrten ihn an – warfen nicht ihre Waffen weg, sondern standen einfach da, ungeordnet, verwundert, entspannt. Einer hatte die Arme in die Hüften gestemmt, ein anderer wischte sich die Stirn.
    »Hey«, sagte der Erste. »Wir sind keine –«
    »Polizei!«, brüllte Russ. »Legen Sie die Waffen weg, sofort!« Er krümmte seinen Finger über dem Abzug, und mit einem hörbaren »Klick« rastete die Trommel ein.
    »Heiliger Strohsack!«, sagte einer der Männer. »Die Kanone ist echt.« Sie warfen alle drei ihre Waffen in den Farn, tauschten dann einen schnellen Blick und hoben die Hände.
    Der Mann, der als Erster gesprochen hatte, sagte: »Wenn das Gebiet hier gesperrt ist, tut es uns leid.«
    »Wir haben die Erlaubnis des Eigentümers«, sagte der Mann hinter ihm.
    Russ senkte seinen Revolver und entspannte sich. »Wer, zum Teufel, sind Sie?«
    Die Männer tauschten abermals einen Blick. »Äh. Wir sind von der BancNorth«, sagte derjenige, der vermutlich ihr Anführer war. »Wir gehören zu einem Paintball-Team.«
    Aus dem Augenwinkel konnte Russ sehen, wie Clare von Waxmans halb verdeckter Gestalt herunterkletterte.
    »Vor zirka zwanzig Minuten kam ein Funkspruch von unserem Basislager, nicht weit von unserer Position wäre der Absturz eines Kleinflugzeugs gemeldet worden. Da haben wir beschlossen, mal nachzusehen.«
    »Die dort kennen unseren Standort«, sagte der Mann hinter ihm. »In diesem Moment sind schon Suchtrupps, Rettungsmannschaften und Rangers hierher unterwegs.« Der Rest blieb unausgesprochen: Wenn ihr uns also umlegen wollt, kommt ihr damit nicht durch.
    Russ wurde plötzlich klar, dass er wie ein Komparse in dem Film »Beim Sterben ist jeder der Erste« aussehen musste. Er steckte seinen Revolver weg und trat vor. »Bitte nehmen Sie die Hände runter. Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe. Ich bin Chief Van Alstyne von der Polizei Millers Kill.« Er deutete mit dem Daumen auf Clare, die hinter ihm stand. »Das da ist, äh, die Pilotin der Absturzmaschine, nach der Sie suchen. Wir könnten ein bisschen Hilfe gebrauchen. Wir hatten einen Schwerverletzten an Bord.«
    Die drei Banker sahen sich an. Er konnte ihre Aufregung erkennen, als sie begriffen, dass sie am Schauplatz eines echten Notfalls waren. Live und hautnah. »Ja, klar«, sagte der Anführer.
    Als sie näher kamen, bemerkte Russ die getrockneten Farbkleckse auf ihren Militärsachen. Einer trug ein Hemd, das sogar noch Bügelfalten aufwies. Sie hatten die rundlich werdenden Hüften und die makellosen Zähne erfolgreicher Geschäftsleute um die vierzig. Dass er sie für Soldaten gehalten hatte, war ein eindeutiger Beweis dafür, dass seine Kampfreflexe Amok liefen.
    »Habt ihr eine Landkarte, damit ich mir einen Begriff machen kann, wo wir sind?«, fragte er.
    »Ja, aber es geht auch einfacher«, antwortete einer der drei, ein Mann mit blassem Gesicht und mit Hitzeflecken auf den Wangen. Er fischte etwas von der Größe eines Brillenetuis heraus und reichte es Russ. »GPS. Ist ans Satellitensystem gekoppelt und zeigt uns unsere genauen Koordinaten. Hier können Sie die Landkarte vergrößern und verkleinern.« Er deutete auf Tasten am Rand des Geräts.
    »Du«, sagte der Anführer zu ihm, während Russ es

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