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Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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abgezogen?«
    »Weshalb, das verrät uns keiner, Ma’am.« Der Große klang eher belustigt als beleidigt. »Aber irgendwas ist im Busch. Ms. Landry war kaum hier, da hat sie ’nen Anruf gekriegt und düst davon; dann taucht der Typ vom Bodenforschungsamt auf und sagt, er ist mit Opperman verabredet, aber der war nicht – ist nicht – da; danach kriegen wir ’nen Anruf von ihm, dass wir die Arbeit einstellen sollen, bis er wieder zurückkommt. Das letzte Mal hab ich so ’ne Hin-und-her-Telefoniererei erlebt, als die finanzierende Bank abgesprungen ist. Will nur hoffen, das ist hier nicht der Fall.«
    »Ich wette, einer von den Jungs, die heute nicht aufgekreuzt sind, hat ’ne falsche Bombendrohung durchgegeben, damit wir alle blaumachen können«, sagte der Desiderata-Typ. »Uns steht eh ein Urlaubstag zu; der vierte war ja ’n Sonntag.«
    Clare konnte sich ganz gut vorstellen, was hinter der Flut von Telefonaten und dem einstweiligen Baustopp steckte. »Ist Bill Ingraham normalerweise da, wenn Sie arbeiten?«
    Ray deutete mit seinem Daumen auf den Wohnwagen. »Genau hier drin. Er ist ’n Chef, der selbst mit anpackt, der Bill. War heute allerdings noch nicht da.«
    Der Typ mit dem Sex-T-Shirt kicherte hämisch. »Vielleicht hat er irgend’nen schnuckligen kleinen –«
    »Schnauze!« Ray durchbohrte ihn mit seinem Blick. Als er sich wieder an Clare wandte, hob er leicht die Stimme, damit alle ihn verstehen könnten. »Bill ist in Ordnung. Er kennt den Job von der Pike auf und hat uns immer fair behandelt. Sein Privatleben geht niemanden was an.« Er sah zu dem Sexaufklärer. »Ich für meinen Teil traue Typen nicht, die ständig über so was nachdenken. Stimmt’s?«
    Die anderen johlten vor Vergnügen, und im Nu wurde der, den sie Charlie nannten, zur Zielscheibe eines Hagels von Witzen über seine eigenen Vorlieben. Die Männer verwandelten sich allmählich von menschlichen Wesen in Schafe, als Ray Clare am Ellbogen nahm und sie ein paar Schritte wegführte.
    »Tut mir leid, dass Sie sich das anhören müssen, Ma’am. Die Burschen sind’s nicht gewöhnt, dass« – es schien, als würde er zwischen den Worten »eine Lady« und »eine Priesterin« schwanken – »sie aufpassen müssen, was sie sagen.«
    Clare verbiss sich ein Grinsen. »Danke, Ray. Ich weiß Ihre Rücksicht zu schätzen. Also, was ist nun mit der versprochenen Besichtigung? Ich soll hier ja wohl nicht allein rumklettern. Haben Sie ein paar Minuten Zeit?«
    Ray runzelte die Stirn, sah zurück zum Wohnwagen und dann wieder zu Clare. »Ich weiß nicht, Ma’am«, antwortete er. »Ohne das Okay von einem der Chefs … Sie behalten das Gelände scharf im Auge, seit diese Ökotypen so viel Krach wegen dem PCB schlagen. Nicht, dass ich glauben würde, Sie wollen hier Ärger machen«, fügte er rasch hinzu.
    Clare war sich da nicht einmal sicher. »Was sagen Sie zu dem Thema? Haben Sie irgendwelche Bedenken, wenn Sie tagein, tagaus hier arbeiten?«
    Er schüttelte den Kopf. »Für mich ist das Ganze ein Riesenquatsch. So’n Häufchen hysterische Weiber, die nichts vom Bau verstehen, hätten’s gern, wenn Bäumefällen zu ’nem Kapitalverbrechen wird. Ich schippe hier fünf Tage die Woche Dreck und atme Staub ein, und ich bin so gesund wie’n Pferd.« Er machte eine rasche Kopfbewegung in Richtung der anderen Männer. »Und diese Typen da, die hatten schon vorher ’nen Gehirnschaden.«
    Clare grinste. »Es besteht also keine Gefahr, wenn ich mich umsehe?«
    Ray erwiderte: »Nein, das nicht gerade, aber ich finde trotzdem, Sie sollten sich gedulden, bis Ms. Landry wieder da ist. Warum kommen Sie nicht morgen? Bestimmt ist bis dahin wieder alles in vollem Gang. Dann kriegen Sie eh ’nen besseren Begriff von dem, was wir machen.«
    »Ja, aber heute ist mein freier Tag.« Sie entfernte sich scheinbar beiläufig ein paar Schritte. »Ach, kommen Sie, Ray. Helfen Sie mir.« Und sie blickte voll Unschuld zu ihm auf. »Ich kann doch nichts dafür, wenn Peggy es zu unserer Verabredung nicht schafft. Ich bin da, genau wie sie gesagt hat, und das ist vielleicht meine einzige Gelegenheit, das Gelände zu besichtigen, bevor die Gebäude hochgezogen werden. Führen Sie mich herum.«
    Sie wies auf die gesamte Baustelle und dann zur nächstbesten Grube.
    »Um Himmels willen – Ma’am! Reverend!«
    »Was soll denn das hier mal werden? Der Hauptkomplex?« Sie umrundete die rechteckige Aushebung mit forschen Schritten und versuchte, sich eine intelligente

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