Die Rote Spur Des Zorns
Reverend Fergusson. Wiedersehen, meine Damen!« Und mit einem letzten Schwung ihres dichten schwarzen Haars verschwand sie nach draußen.
Clare nahm ihren Schlüssel aus der Gürtelschlaufe. »Und Sie beide, sind Sie so weit?«
»Ich für mein Teil, ja«, antwortete Diana. »Nächste Station ist Glens Falls. Ich muss mir die Tischdecken und Servietten für die Feier ansehen.«
»Stellt das Stuyvesant Inn denn keine Tischwäsche zur Verfügung?«, fragte Clare.
»Doch, natürlich. Aber Sie wissen ja, wie das mit Hotels und Partyservice-Unternehmen so ist. Man kriegt jede Farbe, Hauptsache weiß. Ich will helle Tischdecken mit Blumenmuster, und darauf eine dünne Folie, die mit winzigen Klammern in Form von Blumen festgemacht wird. Und Stoffservietten, die das Muster fortsetzen. Klingt das nicht atemberaubend?«
Clare fand, dass es vor allem sündhaft teuer klang, aber sie hütete ihre Zunge. »Hm«, bejahte sie.
»Tante Peggy, kann dich vielleicht Malcolm abholen?«, fragte Diana. »Es macht mir zwar nichts aus, dich zu fahren, aber ich werde den ganzen Tag mit den Vorbereitungen verbringen.«
Ihre Tante deutete auf das Handtäschchen. »Ich hab ihm schon Bescheid gesagt. Er ist unterwegs. War gerade erst aufgestanden. Du kennst ihn ja.«
Diana antwortete mit einem Blick, der besagte, dass sie Malcolm nur zu gut kannte. »Alles klar. Dann fahre ich jetzt los. Ich habe mein Handy dabei; falls er dich aus irgendeinem Grund versetzen sollte, dann ruf mich an.« Sie gab Clare die Hand. »Nochmals vielen Dank, Reverend Clare. Ich bin ja so froh, dass ich mir für den wichtigsten Tag meines Lebens Ihre Kirche ausgesucht habe.«
Die junge Frau war schon zum Portal hinaus-und den halben Gehweg hinuntergelaufen, da fiel Clare etwas ein. »Wir müssen noch einen Termin für zwei Traugespräche vereinbaren!«, rief sie ihr nach, und ohne stehen zu bleiben gab Diana ihr ein Zeichen, dass sie verstanden hatte. Clare seufzte.
»Sind heutzutage diese Gespräche immer noch erforderlich?«, fragte Peggy Landry. »Ich dachte, das wäre genauso passé wie Damenhüte in der Kirche. Die zwei haben doch schon alles zusammen gemacht, was geht.«
Clare fühlte sich an die Antwort ihrer Mutter erinnert, als ihr Bruder Brian beim Antrittsbesuch seiner Freundin das Gleiche gesagt hatte: Aber nicht unter meinem Dach.
»Wenn die Episkopalkirche einem Paar ihren Segen gibt, dann möchte sie sichergehen, dass dieses Paar auch weiß, was es tut. Ein Priester kann sich weigern, die Trauung zu vollziehen, wenn ihm die beiden nicht reif für die Verantwortung der Ehe erscheinen.«
»Im Ernst? Und kommt das vor?«
Clare schüttelte den Kopf. »Nicht sehr oft. Für gewöhnlich setzt der Priester mehr Traugespräche an oder verweist das Paar an entsprechende Berater – Sextherapeuten, Vermögensfachleute, was auch immer. Wenn man darüber nachdenkt, scheint es wirklich bizarr. Da verbringen zwei Menschen Monate mit der Auswahl des Menüs, der Blumen, der Hochzeitskleider, aber sie setzen sich gerade einmal drei Stunden hin und reden darüber, was passiert, nachdem der Bund fürs Leben geschlossen worden ist.«
Peggy lächelte zynisch. »Na, ein Bund fürs Leben ist es ja heute kaum noch.«
»Sollte es aber sein«, erwiderte Clare. Die Worte erinnerten sie an Russ, und sie verspürte einen Stich. Genug zum Thema »Ehe«. Sie wollte mehr über Bill Ingraham erfahren. Sie steckte beide Hände in die Taschen und fühlte dabei ihren Schlüsselbund. »Hören Sie, Peggy, wenn Sie sowieso ein Weilchen warten müssen, warum kommen Sie dann nicht mit ins Pfarrhaus? Es ist gleich nebenan.«
Peggy Landry hängte sich ihre Handtasche über die Schulter, und ihre langen, dünnen Finger streichelten das Leder. »Mein Neffe soll mich abholen – Mal. Der ist zwar alles andere als zuverlässig, aber er hat gesagt, er würde sofort ins Auto steigen. Wenn er mich nicht an der verabredeten Stelle findet, dann sehe ich ihn wahrscheinlich erst Dienstagmorgen wieder.«
»Wohnt er in Millers Kill?«
Peggy stieß ein kurzes Lachen aus. »Der wohnt zurzeit nirgends. Nein, stimmt nicht ganz. Momentan wohnt er in meinem Haus – so lange, bis er entweder seine Sachen geregelt kriegt oder bis mir endgültig der Geduldsfaden reißt.«
»Hat er seinen Job verloren? Oder weiß er einfach aus seinem Leben nichts zu machen?«
»Oh, das wüsste er schon, denk ich. Es fällt ihm nur schwer, ohne erkennbares Einkommen ein Leben auf großem Fuß zu führen.«
Clare
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