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Die Rote Spur Des Zorns

Die Rote Spur Des Zorns

Titel: Die Rote Spur Des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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fünfziger bis Mitte der siebziger Jahre hat General Electric in Hudson Falls und Fort Edward PCB-gefüllte Kondensatoren hergestellt. Die Reinigungsabwässer flossen in den Hudson, wo sie sich im Grundschlamm abgelagert haben und bis heute darauf warten, dass Staat, Umweltschutzbehörde oder die Leute vom Jagd-und Fischereiverband sich darüber einig werden, ob man die Schadstoffe sich selbst überlässt, in der Hoffnung, sie bauen sich ab, oder ob man das Flussbett ausbaggert.«
    Clare wies zu dem Steilhang. »Das ist aber ziemlich weit weg vom Hudson.«
    »Nicht so weit, wie Sie vielleicht annehmen. Der Hudson entspringt hier in den Bergen. Wasserläufe der Adirondacks speisen ihn und – das treibt die Bürger der Stadt ja auf die Barrikaden – auch den Millers Kill.« Er deutete auf die Felswand, die sich vor ihnen erhob. »Ende der Sechziger haben sowohl die Kondensatorenhersteller als auch die Firmen, die mit der Reinigung und Entsorgung beauftragt waren, gemerkt, dass sie ein Problem hatten. Das übliche Auswasch-Verfahren hinterließ kontaminiertes Abwasser, das, wenn es in die Umwelt freigesetzt wurde, eine Art Giftschlamm bildete. Sie haben unterschiedliche Methoden der Einlagerung ausprobiert, und eines der Entsorgungsunternehmen kam auf die Idee, zellulose-gefüllte Container mit dem Abwasser zu durchtränken – quasi nach dem Schwammprinzip –, die man an irgendeinem hoch gelegenen, trockenen Ort deponierte. Peggy Landrys Vater schloss mit ihnen einen entsprechenden Vertrag ab. Sie durften diesen Steinbruch als Deponie verwenden, und Landry teilte seinen Profit mit der Gemeinde. Natürlich hatte man damals noch nicht die Technologie, um die Behälter nachhaltig abzudichten.« Er wischte erneut seine Hände am T-Shirt ab. »Die besagte Firma ging ’74 den Bach runter, ’77 stellte General Electric den Bau der Kondensatoren ein, und ’79 ist dieses Gelände vom Staat saniert worden.«
    »Sie glauben also nicht, dass der Anstieg der PCB-Werte in Millers Kill mit den Baggerarbeiten zu tun hat?«, fragte Clare.
    Er schüttelte den Kopf. »Ausgeschlossen.«
    »Und was ist mit dem Wasser aus diesem Felsspalt dort? Speist das auch den Hudson?«
    »Ja, schon. Aber der Wasserlauf entspringt hoch oben. Die Spalte, durch die er fließt, schneidet sich durch den Berg wie ein Messer. Wurde nie als Deponie benutzt. Zu schwer zugänglich.«
    »Worauf geht dann Ihrer Meinung nach die Verschmutzung zurück?«
    »1991 wurde ein neues Kontaminationsgelände entdeckt«, antwortete er, »so weit das Wort ›neu‹ hier überhaupt zutrifft. Ein stillgelegtes Werk von General Electric. Tonnenweise verseuchtes Sediment, Sicker-Abwässer in Gestein und Grundwasser – sehr hohe Belastung. Manches davon war fast reines PCB. Das Gelände hat seit damals ein paar harte Winter und verregnete Sommer erlebt, deshalb strömen kontaminiertes Sediment und Flüssigkeiten in noch nie da gewesener Menge durch die Grundwasseradern. Die PCB-Verseuchung in Millers Kill kommt von der Allen Mill, einer stillgelegten Fabrik.« Er bekräftigte das mit einem Kopfnicken.
    »Sie scheinen sich Ihrer Sache ziemlich sicher zu sein«, meinte Clare.
    »Bin ich auch.«
    Ray lachte. »Sehen Sie, warum ich so sorglos bin, Reverend?«
    Waxman hievte seinen Rucksack wieder hoch. »Ich wollte sowieso noch mal rauffahren. Da kann ich Sie doch auch gleich mitnehmen. Der Weg ist wahnsinnig steil.«
    »Was? Schon fertig?« Ray schien beeindruckt. »Sie sind doch noch gar nicht lange da.«
    Waxman öffnete die Ladeklappe des Jeeps und hob seinen Rucksack hinein. »Sie sind eben nur das Arbeitstempo Ihrer eigenen Leute gewöhnt, Ray. Eine Viertelstunde Kaffee, eine Viertelstunde Zigarettenpause …«
    Der Polier stieß eine seiner kurzen Lachsalven aus. Waxman öffnete die Beifahrertür und forderte Clare zum Einsteigen auf. Sie zwängte sich an dem nach vorn gekippten Sitz vorbei ins Heck, wo sie zerknitterte Shirts und Shorts, leere Limonadedosen, alte Nummern einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift und eine ölige Kiste mit undefinierbaren Maschinenteilen beiseite räumte. »’tschuldigen Sie das Gerümpel«, sagte Waxman.
    Als Ray vorne einsteig, bekam der Jeep Schlagseite, und zuletzt sprang Waxman in den Wagen und knallte die Tür zu. Es hörte sich an, als bräuchte das Fahrzeug neue Zündkerzen und auch gleich einen neuen Auspuff. Clare inspizierte neugierig den Inhalt der Kiste, da fuhr der Jeep mit einem Ruck an und begann, sich den Berg

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