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Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman

Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman

Titel: Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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Hause sein?«
    »Ich warte schon seit dem Mittag auf sie. Ich dachte, sie wären vielleicht zu dir gegangen.«
    »Beim Sägewerk? Da haben Kinder nichts verloren!«
    »Lellek, Lellek …!«, plapperte Sophie, die sich freute, ihren großen Bruder zu sehen, dazwischen.
    »Ja, Kleines, jetzt nicht. Sie sind nicht hier, sagst du?« Alexander fluchte und lief mit großen Schritten voraus. Lina musste fast rennen, um mit ihm Schritt zu halten. Sophie auf ihrem Arm war schon reichlich schwer.
    »Wieso hast du nicht auf sie aufgepasst?«, fuhr er sie an.
    »Was?« Lina glaubte, sich verhört zu haben. »Sie waren in der Schule, und danach sollten sie eigentlich sofort nach Hause kommen!«
    Sie waren bei der Farm angekommen. Alexander fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare; das Sägemehl darin ließ sie stumpf aussehen, fast wie gepudert. »Wahrscheinlich war es deine verrückte Schwester, die meinem Bruder Flausen in den Kopf gesetzt hat.«
    »Ach, das sehe ich aber ganz anders! Es ist ja wohl dein Bruder, der ständig mit neuen Hirngespinsten kommt!« Lina atmete heftig, plötzliche Angst schnürte ihr die Kehle zu. »Bitte, Alex, wir müssen etwas tun! Wenn ihnen nun etwas zugestoßen ist. Oder falls … falls die Maori sie nun verschleppt haben …«
    »Verschleppt?« Alexander sah sie plötzlich ganz misstrauisch an. »Wie kommst du denn auf solche Ideen?«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube, das habe ich irgendwo mal gehört. Es hieß, die Maori holen sich manchmal Kinder. Und dann machen sie sie zu ihren Sklaven.«
    Sie holte tief Luft, drängte die Angst zurück, die immer mächtiger werden wollte, und zwang sich zum Nachdenken. Wo um alles in der Welt konnten die Kinder sein?
    »Mr Seip!«, entfuhr es ihr dann. »Kann er etwas damit zu tun haben?«
    Alexander lachte verächtlich. »Ich traue diesem fetten Mistkerl ja einiges zu, aber nicht, dass er die beiden entführt. Was hätte er davon?«
    »Nein, das meine ich doch nicht. Aber … gestern, nach unserem Gespräch beim Trauerkaffee. Da habe ich gesehen, wie er mit Julius gesprochen hat.«
    Alexanders Züge wurden hart. »Seip hat mit Julius gesprochen? Und das sagst du mir erst jetzt?«
    »Es ist mir doch auch erst jetzt wieder eingefallen!«
    »Hast du wenigstens gehört, worüber sie gesprochen haben?«
    »Keine Ahnung, ich stand zu weit weg und Mr Kelling redete gerade mit mir.« Lina rieb eine ihrer feuchten Handflächen am Rock ab, mit der anderen schulterte sie Sophie neu. Das kleine Mädchen war an ihrer Schulter eingeschlafen. »Ich wollte Julius später danach fragen, aber dann muss ich es wohl vergessen haben.«
    »Haben sie denn heute Morgen noch irgendetwas dazu gesagt? Oder etwas dagelassen?«
    Lina schüttelte den Kopf. »Zumindest nicht da, wo ich es finden könnte.«
    Er nickte, dann drehte er sich um und ging ohne ein weiteres Wort zu dem Schuppen über den Hof.
    Lina lief ihm nach. An der geöffneten Tür des Schuppens blieb sie stehen und spähte neugierig hinein. Hier war sie noch nie gewesen.
    Ein Licht leuchtete auf, als Alexander drinnen eine Petroleumlampe entzündete. Lina sah einige Kisten und Geräte, die dort herumstanden, und die Schlafstelle, die Alexander sich in einer Ecke eingerichtet hatte. Daneben konnte sie einen Stapel von Büchern erkennen. Viele Bücher. Da hatte sie nun schon seit Monaten mit ihm unter einem Dach gelebt und wusste doch kaum etwas über ihn.
    Er hob die Decken hoch, warf irgendetwas zur Seite, wühlte in einem Kleiderstapel. Nichts. Für einen Augenblick wirkte er ratlos, dann begann er, hastig eines der Bücher durchzublättern. »Humboldt, Ansichten der Natur«, konnte Lina auf dem Titelblatt lesen. Ein Zettel fiel heraus. Alexander hob ihn auf, schien etwas zu lesen – und fluchte.
    »Was?« Lina trat einen Schritt in den Schuppen. »Was ist? Hast du etwas gefunden?«
    Er drehte sich zu ihr um, im schwachen Schein der Lampe leuchtete sein Gesicht geisterhaft. »Ich glaube, ich weiß, wo sie sind.«

Kapitel 16
    ››Tut mir leid, aber ich verstehe gar nichts.« Lina starrte auf den Zettel in ihrer Hand, den die Flamme der Petroleumlampe beleuchtete. Sophies Köpfchen lag entspannt an ihrer Schulter.
    »Wir haben das waka genommen und suchen …«, stand da in Julius’ kindlicher Schrift. Etwas war dick durchgestrichen, dann ging es weiter. »… was. Wenn wir es gefunden haben, kommen wir zurück. Dann haben wir keine Schulden mehr.«
    Lina schüttelte verwirrt den Kopf. Ihr war ein großer Stein vom

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