Die Rueckkehr
Geräusch hörte. Sie spürte es fast mehr, als dass sie es hörte, ein tiefes dumpfes Aufschlagen, dann ein metallisches Klirren. Es kam von draußen. Es klang, als käme es aus dem Garten direkt unter dem Fenster. Sie blickte zu Nick hinüber.
Er schlief.
Sie schlüpfte aus dem Bett und versuchte, ihn dabei nicht zu wecken. Er hatte einen leichten Schlaf und war meistens hellwach, sobald er etwas Ungewöhnliches hörte, eine Angewohnheit aus Kriegszeiten. Sie wunderte sich, dass das Geräusch ihn nicht aufgeweckt hatte.
Kate ging ans Fenster und blickte in den Garten hinunter. Wieder hörte sie das dumpfe Aufschlagen und das Klingeln. Da unten könnte etwas sein, eine Gestalt, ein Schatten, mitten im Garten.
Die Gartenbeleuchtung schaltete sich um Mitternacht automatisch aus, aber sie hatte eine Fernbedienung auf dem Fensterbrett, mit der man sie einschalten konnte. Sie griff gerade danach, als der Mond wieder hinter den Wolken hervorkam. Das Mondlicht erhellte den Garten.
Da stand ein gewaltiges Pferd, hellbraun, auch wenn man die Farbe im Mondlicht schwer bestimmen konnte. Es hatte eine lange weiße Mähne und vier weiße Hufe mit langen Zottelhaaren rundherum. Es war riesig, ein Ackergaul – wie nannte man die?
Ein Percheron oder ein Clydesdale oder ein Brabanter.
Es weidete den Rasen ab und schlug ab und zu mit einem Huf auf und schüttelte den großen Kopf, wobei das Geschirr leise klirrte. Für einen langen Augenblick stand sie da und blickte auf das Tier herab, fand es herrlich, fragte sich, wie es in ihren Garten gekommen war und was sie jetzt tun sollte.
Sie wandte sich zu Nick um.
Er schlief tief und fest, auf dem Rücken, mit offenem Mund. Kate wusste, wie erschöpft er war, weil es ihr nicht anders ging. Kate, ein Kind der Südstaaten, hatte keine Angst vor Pferden, auch nicht vor großen. Im Kern waren sie alle gleich, Beutetiere, und wenn man das im Kopf behielt und sich in ihrer Gegenwart ruhig und langsam bewegte, kam man gut mit ihnen aus. Nick konnte weiterschlafen. Er brauchte es dringender als sie.
Sie warf sich ihren Morgenmantel über und huschte die Hintertreppe hinunter in den Wintergarten. Durch die Scheiben konnte sie das Tier sehen, groß wie ein Haus. Das Mondlicht leuchtete auf seinen Flanken wie Silber auf Gold. Es hielt den Kopf gesenkt und weidete. Langsam schob Kate die Glastür auf.
Ruckhaft hob das Pferd den Kopf, nahm ihre Witterung auf, schlug mit einem Huf auf, so groß wie ein Amboss, kräftig genug, um Kate erzittern zu lassen, und dann widmete es sich wieder der Aufgabe, ihren Rasen zu zerstören.
Langsam trat Kate zu ihm hin, spürte das kühle Nass des Grases unter ihren Füßen und sah ihren Schatten, den der Mond auf den Rasen warf.
Sie stand neben dem Kopf des Pferdes, beugte sich hinunter und legte ihm eine Hand auf die Stirn. Es hob den Kopf und schnaubte sie an. Sein Atem war so heiß wie ein Ofen und es roch nach Pferd und Fell und Gras. Es schwang den Kopf ein wenig nach links und blickte aus einem riesigen braunen Auge auf sie herab.
Sie sah ihr Spiegelbild darin, seltsam verzerrt, eine silbrige, in Licht gebadete Gestalt. Das Tier schnaubte erneut, trat einen Schritt zurück und entfernte sich. Es drehte sich um – nachdenklich, klobig, wie eine große Mauer aus Fell und Muskelfleisch, und trabte davon, die Hufe schlugen auf dem Gras auf, sein langer Schweif zuckte, seine schweren Flanken waren in Bewegung.
Kate folgte ihm an das Wäldchen ganz unten in ihrem Garten, einen schattigen Ort, beleuchtet von Strahlen aus Mondlicht. Es verschwand im Dunkel. Sie stand da, hörte, wie es sich auf den Felsen entfernte, hörte das Klipp-Klapp seiner Hufe auf dem Weg durch den Bach. Ganz still stand sie da und spürte, dass da etwas war, wie ein Summen, eine elektrische Spannung, die die Nacht auflud. Sie hatte keine Angst, was nach den Ereignissen der vergangenen Woche verwunderlich war. Sie hatte das Gefühl, als würde etwas sie zärtlich rufen.
Sie trat in das Wäldchen.
Alles verwandelte sich.
Kate stand jetzt am Ufer eines braunen, schlammigen Stroms. Es war heller Tag und hinter ihr brauste und toste der breite Fluss, langsam, kraftvoll und gewaltig. In der Luft hing ein Geruch nach Schlamm, Holzfeuer und blühendem Wachstum. Sie stand am Eingang einer langen Allee aus Virginiaeichen, so groß und alt, das ihr Geäst sich über dem Weg ineinander verschränkte. Am anderen Ende dieser schattigen grünen Allee stand ein großes Gutshaus mit einem
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