Die Rueckkehr
eindrucksvollen Balkon quer über die ganze Fassade. Der Balkon wurde von griechischen Säulen gestützt. Ein prächtiges altes Haus, ein Plantagenhaus, das Kate von einem großen Ölgemälde wiedererkannte, das im Golfclub im Speisesaal hing. Es hatte einmal Verwandten von ihr gehört. Lenore, ihre Mutter, hatte bei ihr zu Hause eine alte Schranktür besessen, gefertigt aus alten Paneelen aus diesem Plantagenhaus aus der Zeit nach dem Bürgerkrieg.
Die Paneele waren verwittert und verblichen, aber man konnte noch immer das Muster erkennen, Jasminblüten auf hellem Grund, handgemalt, Lenore zufolge von einem Künstler, den man aus Baton Rouge geholt hatte.
»Das ist die Hy-Brasail-Plantage«, sagte sich Kate. »Was mache ich hier?«
Da merkte sie, dass sie zu einem Pferdegespenst sprach, einem Pferdegespenst, das nirgends zu sehen war. Sie begriff, dass dies Wahnsinn war, aber das Seltsame wollte nicht weichen. Genauso wenig wie die Plantage.
Hy-Brasail-Plantage
Südliches Louisiana, 1840
Man schrieb den 9. Juli des Jahres 1840, es war Nachmittag. London Teague feierte heute seinen 63. Geburtstag und seine dritte Frau lag im Sterben. Ihr Name war Anora Mercer. Sie war eine gefeierte Schönheit gewesen, aus der berühmten Familie der Mercers aus Niceville und Savannah. Einst hatte London Teague sich eingeredet, dass er sie begehrte. Aber da war seine zweite Frau noch am Leben gewesen, Cathleen. Solange Cathleen lebte, war Anora eine verbotene Frucht. Im Jahr darauf legte Cathleen dann Hand an sich, und ihr wurde das Begräbnis in geweihter Erde verweigert. Nun lag sie unter der Jupiterweide im Zentrum des Irrgartens begraben. London Teagues Erfahrung nach waren meistens jene verbotenen Früchte am süßesten, von denen man nicht kostete. So war es auch bei Anora gewesen.
Nun ging auch sie von ihm.
Die Krankheit hatte sie vor drei Tagen befallen, nachts. Am Morgen wollte sie nicht aufwachen, und als sie schließlich die Augen aufschlug und zum Sprechen ansetzte, war ihre Stimme träge, wie von Alkohol umnebelt, und die Lider waren ihr schwer. Sie klagte über Mattigkeit und Schmerzen am ganzen Körper. Ihr Fieber stieg und ihre Lippen wurden trocken und rissig. Sie spürte, wie die Schwäche in ihrem Körper sich bis in die Hände ausbreitete, und nach kurzer Zeit konnte sie keinen Becher mehr an die Lippen führen. Ihr Atem ging hart und schnell. Bald rang sie nach Luft.
Die Mediziner waren eingetroffen, hatten sie durch ihre Kneifer betrachtet und sich die Koteletten gestrichen. Schüttelfrost, hatten sie unter tiefen Seufzern erklärt. Und ein Hauch Fieber vielleicht. Sie hatten den Frauen aufgetragen, nach Belieben Laudanumtinktur anzuwenden, sie zur Ader zu lassen und ins Salzbad zu legen. Dann hatten sie eine unerhört hohe Rechnung gestellt, sich an die Anlegestelle am Fluss begeben und nach einem Floß gewinkt, das sie zurück nach Vacherie trug.
Anoras Lage wurde hoffnungslos.
Die Krankheit breitete sich aus. Ihr Gesicht schwoll an und auf Bauch und Schenkeln breiteten sich Blutergüsse aus. Die Kehle wurde ihr so eng, dass sie keine feste Nahrung mehr zu sich nehmen konnte, nur noch Zitronensaft und Kamillentee und das in Brandy aufgelöste Knochenmark der Schafe. Nichts schien das Fortschreiten der Krankheit aufhalten zu können, und nun, zwei Tage später, war ihre ganze Schönheit dahin.
Aber sie hatte den Kampf nicht aufgegeben, und die Frauen pflegten sie. Um drei Uhr war in einem gemieteten Einspänner ein Pfaffe aus South Vacherie vorgefahren, ein Jesuit namens Horace Aukinlek, ein stotterndes, schieläugiges gelbsüchtiges Klappergestell. Er lungerte nun im Musikzimmer herum, sein modrig schwarzer Gehrock hing über einer Stuhllehne, seine genagelten Stiefel schändeten die zweitbeste Ottomane, er blätterte in den Psalmen, nahm ein leichtes Mahl ein und trank dazu eine Flasche Apfelmost.
Am späten Nachmittag war allen klar, dass es für Anora keine Hoffnung auf Genesung mehr gab. Schon zeichnete sich unter ihrer Haut die Totenmaske ab, schädelgleich, die Haut darüber war so straff gespannt wie die Leinwand eines Malers und hatte sich wachsgelb verfärbt.
Reitende Boten waren nach Niceville entsandt worden, um Anoras Angehörige in Kenntnis zu setzen, ihren Patenonkel John Gwinnett Mercer und dessen Familie, aber der Ort war sechshundert Meilen entfernt, und es handelte sich mehr um ein Zeichen des Respekts, als dass es in der tatsächlichen Hoffnung geschehen wäre, sie könnten
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