Die Rueckkehr
getöteten US- Marshals sowie ein Polizeifunkgerät und das Handy des verletzten Detectives an sich genommen. Personen, die Angaben zum Aufenthaltsort von Mr Deitz machen können, werden gebeten, sich mit der nächstgelegenen Polizeidienststelle in Verbindung zu setzen und sich ihm nicht zu nähern, der Gesuchte gilt als bewaffnet und gefährlich.«
»Das wäre ich auch, wenn man mich in so einer Aufmachung durch die Gegend schleifen würde.«
Endicott lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, blickte mit halbgeschlossenen Augen auf den Bildschirm, nippte an seinem Espresso – an dem er sich fast die Lippen verbrannte. Vielleicht sollte er klagen, wie die alte Hexe, die McDonalds verklagt hatte.
Deitz ist also draußen.
Das macht die Sache schwieriger.
Oder vielleicht auch einfacher.
Er beugte sich vor, schlug ein paar Tasten an und rief den Landstrich zwischen Niceville und dem Nordrand von Cap City auf Google Earth auf.
Da gab es vor allem Acker- und Weideland mit ein paar verstreuten Gestüten und etwas, das aussah wie eine große Kiesgrube oder ein Steinbruch ungefähr eine Meile von der Hauptstraße ab, ein schmaler Feldweg führte dorthin. Der Cap City Thruway war ein vierspuriger Bau, der sich in trägen Kurven aus Cap City nach Nordwesten in Richtung Niceville wand und von dem ein paar Landstraßen abzweigten. Sah nach einer üblen Gegend für einen Flüchtling aus, und Endicott hatte gesunden Respekt vor den Männern und Frauen im tiefen Süden, ihrer Haltung zum Waffenbesitz und dem leisen Hang zur Selbstjustiz in der Kultur hier unten.
Wenn ich Byron Deitz wäre, ausstaffiert wie ein Zirkusclown, würde ich dann als Zielscheibe in der Gegend herumspazieren und mir von einem dahergelaufenen Landarbeiter mit einer Remington 700 den Rumpf durchlüften lassen?
Das würde ich nicht tun.
Ich würde mir Einlass in eines der Ranchhäuser verschaffen, die ich hier auf Google Earth sehe, und meinen jungenhaften Charme – und eine meiner geborgten Pistolen – spielen lassen und mir die Garderobe aufhübschen und, wenn möglich, einen Freund anrufen – falls ich Freunde habe –, und mir von ihm helfen lassen.
Endicott kannte die Schlichen der örtlichen Strafverfolgungsbehörden gut genug und wusste, dass die Leute auf der Jagd nach Byron Deitz genauso denken würden und in den vergangenen Stunden sichergestellt haben dürften, dass Deitz sich in keinem dieser Wohn- und Außengebäude aufhielt. Und trotzdem wurde Deitz nach Stunden noch immer als »flüchtig« eingestuft.
Also … half jemand Byron Deitz.
Nach allem, was Endicott über Byron Deitz’ Charakter wusste, und er hatte den Mann recht gründlich studiert, war es unwahrscheinlich, dass ihm jemand aus reiner Freundlichkeit zu Hilfe kommen würde. Das abgerechnet, blieben Angst und Eigeninteresse.
Oder beides.
Vermutlich beides.
Wer also waren die Topkandidaten? Endicott verfügte über eine Akte mit allen auffallenden Merkmalen des Bankraubes von Gracie, aber eine Tatsache, die er eben von einer Quelle vor Ort erfahren hatte, war bisher verborgen geblieben. Die Tatsache war in einer E-Mail enthalten. Endicott öffnete sie. Sie betraf einen internen Aktientransfer innerhalb der Sicherheitsfirma von Byron Deitz.
Quellen vor Ort bestätigten außerdem, dass sich eine Übertragung der Stimmrechtsanteile von Enterprise Syndicate, der Mantelfirma von Byron Deitz, in Vorbereitung befand, der nur noch Deitz’ Unterschrift fehlte.
Die Übertragung hätte einem Unternehmen namens Golden Ocean Ltd. 50 Prozent der Stimmrechtsanteile garantiert. Alleininhaber von Golden Ocean Ltd. war Andy Chu, bei Deitz als IT -Experte angestellt.
»Entzückend«, sagte Endicott, lehnte sich zurück und zündete sich fast eine Zigarette an, aber nicht ganz. »Der unergründliche Chinese wandelt noch immer unter uns. Was hatte dieser Andy Chu gegen Byron Deitz in der Hand, um ihn dazu zu bekommen, seine halbe Firma einem nerdigen Reisfresser zu überschreiben? Und wie war Andy Chu darauf gestoßen? Und wie passt Phil Holliman in dieses Bild? Ist er einfach nur ein williges Werkzeug?«
Und die Erpressung?
Nichts leichter als das.
Andy Chu war ein IT -Geek.
Die wissen, wie man Sachen aufspürt.
Und in der kaputten Lebensgeschichte von Byron Deitz etwas Faules aufzuspüren konnte für einen ernsthaft verstimmten Computergeek kein großes Ding sein. Seine eigene Lektüre des Buches Byron hatte Endicott überzeugt, dass Deitz mehr durch sein Leben geschlittert
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