Die Rückkehr der Königin - Roman
Kieran schaute al’Tamar überrascht an.
»Du möchtest Miranei verlassen, Kieran?«, wiederholte al’Tamar. »Und was ihr soeben gesehen habt, würde dem anderen zustoßen, wenn du es tätest. Ohne dich würde Anghara den Wölfen ganz allein gegenüberstehen – und es wird Wölfe geben, denn sie ist erst achtzehn, eine gekrönte Königin, die einen Erben braucht, um ihren Thron zu festigen. Es gibt immer Männer, die ganz erpicht darauf sind, ihren Samen für eine königliche Dynastie zu geben. Und wenn Kieran jetzt geht, Anghara, und sein Glück in fernen und fremden Orten sucht, wird die Erinnerung an Miranei und die Frau, die er dort zurückgelassen hat, für immer an ihm fressen, bis seine Seele verblasst – wie die weiße Hindin. Aber gemeinsam ...«
»Verlassen?«, fragte Anghara mit großen Augen. »Warum?«
Er drückte noch einmal ihre Finger, dann ließ er ihre Hand los. »Wie kann ich bleiben?«
»Ich dachte, es sei vorüber. Ich dachte, die Trennungen seien vorbei und dass wir jetzt zusammenbleiben«, sagte sie leise.
Jetzt erst schaute er sie direkt an. Schmerz stand in seinen Augen. »Anghara«, stieß er verzweifelt vor. »Ich liebe dich. Es hat vielleicht schon angefangen, als wir noch Kinder waren und ich für dich wie für eine Schwester empfunden habe – aber ich weiß schon seit Langem, dass es nicht die Schwester war, nach der ich all diese Jahre gesucht habe. Und jetzt – jetzt bist du Königin, wirst bald gekrönt, und ich kann keinerlei Anspruch auf dich erheben.«
»Aber du warst derjenige, der geholfen hat, mich hierher zu bringen«, sagte sie.
»Ich weiß«, sagte er. »Aber das ist, wohin du gehörst.«
»Und wohin gehörst du?«
Er schaute beiseite. »Ich weiß es nicht«, antwortete er mit düsterer Miene. »Ich bin der Sohn eines Bergarbeiters, ein Soldat, ein Ritter. Die Umstände haben mich gezwungen, eine Gruppe Männer anzuführen, um gegen einen Tyrannen zu kämpfen. Ich wurde nicht für eine Krone geboren, wie du. Und diese Krone schränkt deine Möglichkeiten sehr ein. Königinnen können nicht ...«
» Diese Königin kann«, erklärte sie und zog mit dem Zeigefinger liebevoll seine Kinnlinie nach.
Er griff blitzschnell nach ihrer Hand. Seine Absicht war nicht klar. Wollte er die Hand festhalten oder wegwischen. Als Anghara in seine Augen blickte, waren ihre voll Tränen.
»Du warst immer für mich da und bei mir«, flüsterte sie. »Als Sif meine Seele gestohlen hatte, hast du sie für mich getragen. Wo waren meine Augen, dass ich es nicht gesehen habe? Kieran ... wie könnte ich ohne dich weiterleben?«
Er hatte sie in vielen Erscheinungen erlebt. Da war die junge Brynna gewesen, der seine brüderliche Zuneigung gegolten hatte; dann die geflügelte Göttin, ai’Bre’hinnah, bei deren Erschaffung er selbst mitgeholfen hatte. Dann war sie die königliche Erbin, die letzte der Kir Hama Dynastie. Doch dazwischen war sie immer und ewig seine Anghara geblieben, Teil seines Herzens, Teil seiner Seele. Und jetzt hier an einem weißen Wintertag in den Bergen Miraneis gehörte sie niemandem außer ihm.
Du bist der Falke, den ich aussende, um sie zu suchen ...
Bist du ihr qu’mar?
Ich sehe eine große Liebe, beinahe verloren ... und gewonnene Schlachten ... und dann ... dann ist da eine Krone.
Bitte mich um alles, was ich habe, denn es hat schon immer dir gehört ...
Sie wird einen Freund brauchen ...
So sei es.
Er blickte in ihre Augen und lächelte.
Glossar
Einige Namen und Ideen stammen aus verschiedenen Teilen der Welt und sind der Einfachheit halber erläutert z. B.
Kheldrin (K); Roisinan (R); Shaymir (S); Tath (T)
Adamo Taurin : Zwilling von Charo Taurin, Chellas
jüngere Söhne, später wichtig für Anghara
afrit (fem. afrita; Pl. afriti) böser Wüstengeist
-ah (K) feminines Suffix, an Wörter angehängt, um weibliches Geschlecht zu kennzeichnen; manchmal auch innerhalb eines Worts (wie in havallah), Hinweis auf angeborene Anmut, Schönheit oder weibliche Qualität des Begriffs, den das Wort beschreibt.
ai’Dya (K): kheldrinische Göttin, Herrin der Winde
ai’Farra ma’Sayyed : Archivarin in Al’haria, höchste an’sen’thar im Turm von Al’haria
ai’Jihaar ma’Hariff : blinde kheldrinische Priesterin (vgl. an’sen’thar ); Angharas Freundin und Lehrerin
ai’Lan (K): Sonnengöttin: vergleichbar mit Avanna in Roisinan, abgesehen davon, dass ihre Verehrung blutrünstiger ist – kann für ein angemessenes Opfer große Macht und
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