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Die Rueckkehr der Phaetonen

Titel: Die Rueckkehr der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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Menschheit eine einzige große Familie darstellt? Werden die Menschen jemanden, der aus der Tiefe der Zeit gekommen ist, etwa nicht wie einen geliebten Bruder und Sohn empfangen wollen? Die Welt der Zukunft, die unsere Welt für Wolgin ist, mit eigenen Augen zu sehen — was kann für ihn verlockender sein als das? Erinnert ihr euch noch daran, dass Wolgin im Alter von neununddreißig Jahren gestorben ist? Was, außer inniger Dankbarkeit, können Lucius und Io von einem Menschen erwarten, den sie nach dem Tod, der so früh gekommen ist, wieder ins Leben zurückholen werden?«
    Noch nie wurde die Psychologie eines Menschen mit solchem Interesse diskutiert. Es hatte seit langem keine Frage mehr gegeben, die die Gemüter buchstäblich aller Erdbewohner derart in Aufruhr versetzt hätte. Vom Mars, von der Venus und auch von anderen Planeten wurde berichtet, dass die Pro und Contra auch dort intensiv diskutiert wurden. Nur diejenigen, die sich weit außerhalb des Sonnensystems auf interstellaren Flügen befanden, blieben von diesem weltweiten Disput verschont.
    Die Entscheidung wurde mit ungeheurer Spannung erwartet. Alle wussten, dass nur der Wissenschaftsrat diesen Streit beenden konnte, der, wie Io vorausgesagt hatte, endlos zu werden drohte. Beide Seiten bestanden hartnäckig auf ihren Standpunkten.
    Am Tag der Sitzung war die majestätische Halle, die für sechzigtausend Personen gebaut war, zum Bersten voll mit Menschen, die persönlich bei der Besprechung eines solch ungewöhnlichen Themas dabei sein wollten. Es war bekannt, dass viele der größten Wissenschaftler eine Rede halten wollten — und auch wenn man sie sehen und hören konnte, ohne aus dem Haus zu gehen, zogen es viele dennoch vor, sie persönlich zu hören.
    Io hatte keinerlei Zweifel mehr. Er war sich absolut sicher, dass er Recht hatte und zweifelte deshalb nicht an der Entscheidung, die getroffen werden würde. Als er zu der Sitzung gekommen war, war er in bester Laune.
    Dagegen war Lucius in einer ganz anderen Gemütsverfassung. Als Autor und Initiator der Idee verspürte er nun eine seltsame Gefühlsspaltung. Die langen Gespräche mit seinem Vater hatten doch noch Wirkung gezeigt und ab und zu verspürte er sogar Gewissensbisse. Manchmal bekam er Mitleid mit dem menschlichen Wesen, mit dem er einen so furchtbaren Versuch durchführen wollte. Auf einmal bekam er Angst vor den Folgen dieses Versuchs. Wenn er in der Stille seines Labors über die Worte seines Vaters und seines Gegners Iossi nachdachte, versuchte er, sich in die Lage des Menschen zu versetzen, der vor ihm auf dem Labortisch lag. Er sah sich die unbeweglichen Züge des inzwischen so vertrauten Gesichts an und versuchte immer wieder, eine Antwort zu finden, während er dem gleichmäßigen Rascheln des künstlichen Herzens lauschte. Aber eine Antwort gab es natürlich nicht und es konnte auch keine geben. >Es wird sicher eine geben, dachte Lucius, >es wird eine geben, wenn unter dieser hohen Stirn wieder ein lebendiger menschlicher Gedanke pulsiert, wenn sich diese geschlossenen Augen öffnen und mich ansehen. Was werde ich in ihnen lesen? Dankbarkeit oder einen bitteren Vorwurf? Wer werde ich in den Augen dieses Menschen sein — ein Wohltäter oder ein Henker?<
    Es gab Momente, in denen Lucius wünschte, dass der Rat sich gegen seinen Vorschlag entschied, damit er endlich aufhören konnte, über die Konsequenzen der Wiederbelebung nachzudenken. Aber sein Verstand eines Wissenschaftlers fing sofort an, gegen derartige Gedanken zu protestieren. Lucius war müde und genervt. Als er zu der Sitzung kam, blieben in seinem Verstand nur noch Leere und Gleichgültigkeit gegenüber jeder Entscheidung, die bald getroffen werden sollte.
    Man gab ihm das erste Wort. Der Einladung des Vorsitzenden folgend, ging Lucius auf die hohe Tribüne. Die zahlreichen Teleoffs, die in der gesamten Halle verteilt waren, zeigten sein niedergeschlagenes und abgemagertes Gesicht. Während er am Fuße einer gigantischen, fünfzig Meter hohen Leninstatue stand, sah Lucius die gesamte Weite der gewaltigen Halle vor sich. Die hinteren Reihen verschwammen im leichten Dunst, der von den Sonnenstrahlen durchstochen war, die durch eine transparente Decke drangen. Lucius ließ den Blick über die Ratsmitglieder wandern - über die größten Wissenschaftler auf dem Planeten, die hier versammelt waren, um ihr Urteil zu fällen. Iossi sah diesen Blick und lächelte ermutigend. Der Vater von Lucius schien ihn dagegen gar nicht

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