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Die Rueckkehr der Phaetonen

Titel: Die Rueckkehr der Phaetonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgi Martynow
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gesprochen und sogar die Menschen des neununddreißigsten Jahrhunderts, die an die Wunder der Technik und Wissenschaft gewöhnt waren, waren verblüfft von der Gewagtheit dieses Vorhabens. Dennoch hatte niemand Zweifel über die Durchführbarkeit dieses Versuchs geäußert - wenn schon die größten Wissenschaftler sich dazu bereit erklärten, dann hatten sie zweifellos auch die Mittel zur Verfügung, die für die erfolgreiche Durchführung dieses beispiellosen Experiments notwendig waren. Die Frage bestand demnach nur darin, ob Muncius nun mit seiner Behauptung, dass dieser Mensch, der gegen seinen Willen wieder zum Leben erweckt wäre, tief unglücklich sein würde, Recht oder Unrecht hatte.
    Besonders starken Eindruck hatte die Bemerkung gemacht, dass Wolgin (oder wer es auch war) mit Sicherheit Familie, Kinder, Verwandte und Freunde gehabt hatte, die nun alle bis auf den letzten in seinen Augen im selben Augenblick sterben würden. Das könnte wirklich ein Grund für eine Tragödie sein und die Menschen, die es gewohnt waren, einander mit Liebe und Fürsorglichkeit zu behandeln, fürchteten sich vor diesem Gedanken. Muncius, der von der Richtigkeit seiner Annahmen überzeugt war, hatte es geschafft, die Menschen für sich zu gewinnen und einen vorläufigen Sieg über seinen Hauptopponenten zu erringen - über Iossi, der beim Projekt von Lucius und Io die Verteidigung übernommen hatte. Die widersprechenden Stimmen waren so zahlreich, dass von einer eigenmächtigen Durchführung des Versuchs definitiv nicht die Rede sein konnte.
    Im neununddreißigsten Jahrhundert gab es keinerlei administrative Einrichtungen mehr und alle Formen der Staatsverwaltung waren längst vergessen worden. Die einzigen Institutionen zur Klärung entstandener Fragen und Arbeitsplanung, die für alle die gleiche Autorität besaßen, waren der Wissenschaftsrat und der Technikrat. Die Entscheidungen dieser Räte wurden immer widerspruchslos akzeptiert und als Entscheidungen der gesamten Menschheit angenommen. Die Mitglieder dieser Räte waren Wissenschaftler und Ingenieure, die die besten auf ihren Gebieten waren. Es war der Rat der Wissenschaft, an den sich Lucius und Io mit der Bitte gewandt hatten, die Frage über Wolgins Wiederbelebung zu entscheiden.
    Vor der eigentlichen Sitzung des Rats entstand eine lange und hitzige Diskussion. Die Meinungen waren geteilt. Die einen bestanden auf dem Standpunkt der Projektautoren und behaupteten, dass man im Interesse der Wissenschaft das Risiko, einem Menschen eventuelle Schäden zuzufügen, auf jeden Fall eingehen sollte. Alle ihre Argumente basierten letztendlich auf einer Wahrheit, die so alt war wie die Welt selbst: »Der Zweck heiligt die Mittel.« Die anderen, die die Meinung von Muncius’ teilten, behaupteten, dass derartige Versuche niemals ohne die Zustimmung des Versuchsobjekts durchgeführt werden sollten und dass keine wissenschaftlichen oder anderen Überlegungen die Gewalt am freien Willen rechtfertigen konnten. In der Geschichte der Menschheit hatte es in den letzten eineinhalbtausend Jahren keinen einzigen Fall gegeben, in dem ein Mensch über einen anderen ohne seine Zustimmung verfügte. »Wer also kann Lucius oder einem anderen Wissenschaftler das Recht geben«, sagten die Gegner, »im Interesse seiner Wissenschaft gegen die unerschütterlichen Gesetze der Gesellschaft zu verstoßen? Auf diese Weise können wir leicht zurück zu den prähistorischen Ansichten gelangen, dass die einen Menschen durch andere ausgebeutet werden sollen!«
    Darauf antwortete Iossi, der Lucius’ Gleichgesinnte anführte, dass es manchmal auch Fälle gibt, in denen man nicht die gewohnten Ansichten berücksichtigen kann. Die Gesetze der modernen Gesellschaft konnten nicht auf diesen Ausnahmefall angewandt werden, jedenfalls nicht ohne wesentliche Korrekturen.
    Eine andere Frage war, wie der Mensch selbst auf seine Wiedergeburt reagieren würde. Iossi behauptete, dass ihm dadurch keinerlei Schaden zugefügt wären: »Die Familie und alle, die er liebte? Ja, das ist ein ernstes Argument. Aber außer einer Familie besitzt ein Mensch auch noch einen Verstand. Wolgin wird in jedem Fall verstehen, dass er selbst viel früher gestorben ist als seine Familie und seine Freunde.«
    Ebenso kritisierte Iossi Muncius’ Behauptung darüber, dass ein Mensch, der sich in einer fremden Welt wiederfinden würde, tief einsam wäre. »Von welcher Einsamkeit kann man denn in unserer Welt reden, in der die gesamte

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