Die Rueckkehr der Templer - Roman
blockiert?«
»Willst du mir tatsächlich weismachen, die Christen wissen um diesen Schatz und al-Hafiz weiß es nicht?« Khaled sah sie ungläubig an. »Auch bei den Muslimen sagt man, dass der lang ersehnte Erlöser am Besitz der Bundeslade zu erkennen sein wird.«
Melisendes Hand kroch wie eine Schlange seine Schenkel hinauf und versuchte vergeblich, das Laken beiseitezuziehen. »Ich weiß«, sagte sie und sah ihn von unten herauf an, als könnte sie kein Wässerchen trüben. » |244| Glaubst du,
wenn
al-Hafiz wüsste, welchen Schatz er in seinen Kammern beherbergt, dass er ihn noch nicht genutzt hätte, um die Bundeslade zu finden und sich als Herrscher der Welt aufzuspielen?«
»Schon möglich«, murmelte Khaled, während sein Kopf schwirrte. »Aber vielleicht ist der Besitz des Kelches auch bloß ein Gerücht.«
»Dann wäre mein Sohn nicht hinter diesem Gerücht her wie der Teufel hinter der armen Seele«, erwiderte Melisende mit einem unschuldigen Augenaufschlag. »Ich habe einen seiner engsten Berater bestochen, weil ich wissen wollte, warum Askalon so wichtig für uns ist. Von ihm weiß ich, dass Balduin über einen geheimen Zuträger aus Konstantinopel verfügt, der ihn in das Geheimnis eingeweiht hat. Die Griechen sind genauso interessiert wie wir, an den Schatz zu gelangen, aber ihnen fehlen die Möglichkeiten, al-Hafiz aus seiner Festung zu vertreiben. Sie benötigen die Unterstützung der Lateiner. Das ist der Grund, warum Balduin zehnmal lieber Askalon eingenommen hätte als Damaskus. Dummerweise ist dort außer dem Kelch nicht viel zu holen. Im Gegensatz zu Damaskus, das allen Beteiligten reiche Beute verspricht. Aber Balduin kann ja schlecht mit seinem Wissen bei seinen Verbündeten hausieren gehen und kundtun, was sich wahrhaftig hinter den Mauern von Askalon verbirgt. Damit würde er nicht nur die Griechen brüskieren, sondern auch die Templer und noch etliche andere Hyänen, die ihn zum Schweigen verpflichtet haben. Ehe er sich versieht, planen sie einen eigenen Angriff auf Askalon, mit dem Risiko, kläglich zu scheitern, wenn al-Hafiz ihre Pläne vorzeitig durchschaut.«
Khaled sah sie scharf an. Wenn sie recht behalten sollte, was er im Moment noch bezweifelte, konnten die Folgen weit schlimmer ausfallen als gedacht.
»Wenn dieser Hund von einem Kalifen ahnt, was sich hinter seinen Mauern verbirgt«, sagte er, » und die Bundeslade tatsächlich auf diese Weise findet, wird er keine Skrupel haben, sich selbst zum verborgenen Imam Mahdi oder sahib-ul-zaman – dem Fürsten der Zeit – ausrufen zu lassen. Zu den Insignien seiner Wiederkunft gehört, dass er das Schwert Dhu’l Figar und die Bundeslade mit sich führt und damit zahlreiche Wunder vollbringen wird. Und für die Christen würde es ebenso viel bedeuten – eine Rückkehr der Bundeslade ist mit der sehnsüchtig erwarteten Wiederauferstehung Jesu verbunden.«
|245| Khaled stockte einen Moment, während ihn die Vorstellung, dass al-Hafiz so unvermittelt eine solche Macht zufallen könnte, erschauern ließ. »Wenn die Bundeslade in die Hände des ägyptischen Kalifen fällt, ist die Katastrophe perfekt. Seine Macht würde die Christen aus dem Land fegen – und auch ein großer Teil jener Muslime wäre betroffen, die eine abweichende Glaubensauslegung verfolgen.« Sein nachdenklicher Blick blieb an Melisendes schmalen Lippen haften. »Bedeutet das, der Unbekannte in Blanche Garde weiß, wie du an den Kelch kommen könntest?«
»Ich wollte den Kelch über einen Mittelsmann von ihm kaufen«, führte die Königin scheinbar unbeeindruckt aus, »bevor jemand anderes auf die Idee kommt, die Stadt zu erobern und ihn an sich zu reißen.«
»Und woher wusstest du, dass der Mann vertrauenswürdig genug sein würde, ein solches Risiko zu rechtfertigen?«
»Er ist ein Nizâri wie du und spioniert im Dienste des Kalifen. In Wahrheit steht er auf unserer Seite. Meine Agenten arbeiten schon länger mit ihm zusammen.«
»Weiß er, um was es geht?« Khaled konnte sich kaum vorstellen, dass es so war, weil ein Nizâri sich eine Gelegenheit, die Bundeslade zu finden und sie seinem eigenen Großmeister zu übergeben, gewiss nicht entgehen lassen würde. Die Ismailiten waren die Letzten, die sich ausgerechnet einen Fatimiden wie al-Hafiz als verborgenen Imam vorstellen wollten.
»Natürlich nicht«, erwiderte Melisende. » Ihm wurde gesagt, der Kelch sei ein Andenken an meine Mutter, Gott hab sie selig. Sie hat ihn von meinem Vater zu meiner
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