Die Rueckkehr der Templer - Roman
umzufunktionieren. Währenddessen riss die Kamelstute wie von Sinnen an ihren Stricken. Arnaud registrierte zwei umherlaufende Schatten, die nicht nur sein Kamel in Panik versetzten, sondern auch ihn selbst. Löwen! Es waren zwei – mindestens –, und sie besaßen ein buschiges, braungoldenes Fell. Er hatte schon einiges über die Löwen von Judäa gehört, sich aber nie vorstellen können, dass sie so gewaltig sein würden. Die beiden Löwen begannen ihre Kreise um ihn und das Kamel immer enger zu ziehen. Ihre knurrenden Laute ließen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass sie ebenso hungrig waren wie er selbst. Wobei diese Bestien bestimmt keinen Unterschied zwischen Kamelfleisch und Menschenfleisch machen würden, wenn sich ihnen die Gelegenheit dazu bot.
Arnaud hatte noch nie gegen ein Tier gekämpft. Gewiss waren ihm in seiner Heimat Wölfe und Bären begegnet, aber entweder hatten er und seine Kameraden sie mit Lanzen und Steinschleudern verscheuchen können, oder sie hatten sie mit einer Armbrust erlegt.
Doch diesmal würde der Kampf ein anderer sein, weil er allein war und außer einem vier Fuß langen Schwert und einem Dolch nichts besaß, womit er sich hätte verteidigen können. In einer Hand den Anderthalbhänder, in der anderen einen brennenden Stock, stellte sich Arnaud vor die Kamelstute, die zu spüren schien, dass er sie schützen wollte. Doch die Löwen zeigten sich wenig beeindruckt. Inzwischen war das Knurren in ein bedrohliches Brüllen übergegangen, und plötzlich konnte Arnaud den größeren sehen, wie er geduckt vor ihm saß und fauchend sein Maul aufriss. Sein verstorbener Komtur Henri d’Our hatte nicht untertrieben, wenn er ihnen des Öfteren von seinen seltenen Begegnungen mit dieser Art von Dämonen berichtet hatte, denen es angeblich nichts ausmachte, einen Ritter samt Rüstung zu verschlingen. Unter den rosigen Lefzen des Löwen blitzten elfenbeinfarbene Dolche, die darauf brannten, sich in Muskeln, Knochen und Sehnen eines Opfers zu bohren.
Arnaud nahm all seinen Mut zusammen und streckte der Bestie die Schwertspitze entgegen. Aber der Löwe hatte augenscheinlich Blut gewittert. |387| Er setzte zu einem Sprung an. Arnaud duckte sich, um den ausgefahrenen Krallen zu entgehen. Als die monströse Katze direkt über ihm war, rammte er seine Klinge tief in ihren Leib hinein. Warmes Blut regnete auf ihn herab, und es stank übel nach fauligen Verdauungssäften. Das Tier überschlug sich hinter ihm und brüllte vor Wut. Mit seinen Tatzen hatte es im Fallen Arnauds linke Hand gestreift und ihn ins Straucheln gebracht. Er fiel auf die Knie, versuchte aber schnell wieder auf die Beine zu gelangen. Dabei ignorierte er die tiefe Fleischwunde auf seinem Handrücken. Er machte einen Satz nach vorn und stach wie von Sinnen auf den im Todeskampf strampelnden Löwen ein, bis dieser alle vier Tatzen von sich streckte und leblos liegen blieb.
Arnaud war im Eifer des Gefechts die Fackel in den Sand gefallen, und er betete zu Gott, dass es ihm gelang, sie in den spärlichen Flammen des Lagerfeuers abermals zu entzünden.
Aus den Augenwinkeln erspähte er, wie der zweite Löwe in einiger Entfernung lauernd zum Sprung auf die völlig verängstigte Kamelstute ansetzte. Die Raubkatze schlug ihr die Krallen in die Flanken und biss sich in ihrem schmalen Hinterteil fest. Das Kamel bäumte sich auf vor Schmerz und versuchte vergeblich zu entkommen. Arnaud sprang herbei und stach auf den Rücken des Löwen ein. Es überraschte ihn, als er mit einem wütenden Fauchen sogleich von der Stute abließ, herumschnellte und ihm seitlich entwischte. Einen Moment lang verlor Arnaud im Halbdunkel die Orientierung. Keuchend vor Anstrengung und am ganzen Körper zitternd, taumelte er zum Feuer, um mehr Holz aufzulegen. Der Löwe war immer noch in der Nähe, und es blieb abzuwarten, ob Arnaud ihn schwer genug verletzt hatte.
Plötzlich wurde es hell. Türkisfarbenes Licht flammte auf. Gebannt starrte Arnaud auf den Schein, der sich ein paar Schritte vor ihm zu einer kleinen, metallischen Kiste formte und dann zu seiner großen Enttäuschung wieder erlosch.
Mit rasendem Herz näherte sich Arnaud dem aus dem Nichts aufgetauchten Gegenstand, und obwohl er ahnte, dass es nur eine Botschaft seiner Auftraggeber sein konnte, dauerte es eine ganze Weile, bis er sich überwand, die Kiste zu öffnen. Darin lag ein Papier – keine Pistole, wie er sie im Augenblick so dringend hätte gebrauchen können. Mit zitternden Händen
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