Die Rueckkehr der Templer - Roman
hatte.
Arnaud orientierte sich an den Sternen. Seit Gero ihre genaue Position berechnet hatte, war es für ihn kein Problem zu wissen, wo er sich genau befand. Bethanien und das Kloster der schönen Frauen, wie er für sich Sankt Lazarus nannte, ließ er links liegen. Von dort aus war das Übel wahrscheinlich gekommen, und er würde nicht den Fehler begehen, noch mal dort anzuklopfen, damit man ihn kurze Zeit später an Montbard und seine Verbündeten auslieferte.
Beinahe lautlos erreichte er gegen Morgen sein Ziel. Schon von weitem sah er die Dattelpalme mit dem eingeritzten Kreuz. Jetzt musste er nur noch eine Nacht und zwei Tage warten, dann würde Tom ihn in die Zukunft zurückholen.
Arnaud band das Kamel an den Stamm und setzte sich zu seinen Füßen. In der Hast hatte er vergessen, Wasser zu kaufen, und so blieb ihm nur die kleine Flasche, die ihm Samira mit auf den Weg gegeben hatte.
Er nahm einen Schluck und gab auch der Kamelstute etwas zu trinken. Der Wind blähte seinen Jilbab auf, in dem er sich auf eine seltsame Weise geborgen fühlte. Als der Morgen anbrach, dachte er an Hannah, Freya und Amelie und was sie wohl dazu sagen würden, wenn er solch schlechte Nachrichten überbrachte. Den Tag über verkroch er sich hinter einem halbhohen Dornenstrauch vor der sengenden Hitze und auch vor möglichen Reisenden, die ihm Fragen stellen konnten. Doch in dieser Einöde ließ sich niemand freiwillig blicken.
In der darauffolgenden Nacht hallten unheimliche Tierlaute durch die Ebene. Vorsichtshalber entzündete Arnaud ein Feuer, das ihn wärmte, aber nicht tröstete. Der Gedanke, als Einziger in die Zukunft zurückkehren zu müssen und dabei seine Freunde einem ungewissen Schicksal zu überlassen, machte ihn halb wahnsinnig.
|385| Daran änderte auch der beeindruckende Sternenhimmel nichts, der über ihm aufgezogen war. Lediglich die leuchtend helle Mondsichel erinnerte ihn an die Muttergottes, die darauf bei manchen Heiligendarstellungen balancierte. In seiner Verzweiflung begann er wieder zu beten. Stunde um Stunde wechselten das Ave-Maria mit dem Vaterunser. Die Zeit verrann in unerträglicher Langsamkeit, und der Tag wechselte erneut zur Nacht. Arnaud versuchte möglichst nicht einzuschlafen, weil er nicht wissen konnte, ob ihm Ordensritter und Stadtsoldaten nicht doch auf die Spur gekommen waren. Jedoch als eigentlicher Feind entpuppte sich seine zunehmende Mutlosigkeit, die immer stärker wurde, als zum vereinbarten Zeitpunkt kein Zeichen von Toms Teufelsmaschine zu entdecken war. Seine Zunge klebte am Gaumen, weil ihm das Wasser inzwischen ausgegangen war.
Bei Anbruch der Dunkelheit beschloss Arnaud, noch eine weitere Nacht in dieser Einöde zu verbringen, auch wenn er kaum noch Hoffnung hatte und fast umkam vor Durst. Die Kamelstute schien den Wassermangel nicht im Geringsten zu spüren, sie knabberte munter an dem trockenen Dornenbusch. Arnaud tätschelte, von Müdigkeit gezeichnet, ihren Hals, dabei spürte er unter dem Fell das sanfte Pulsieren ihres Blutes. Wie in Trance zog er sein Messer und schabte die kurzen, braunen Härchen an ihrem gebogenen Hals ein wenig ab und ritzte die schwach darunter hervorstehende Ader nach einer alten Ordensempfehlung. Das Tier zuckte ein wenig, beruhigte sich dann jedoch wieder, als Arnaud gierig das herausrinnende Blut zu lecken begann. Es schmeckte warm und metallisch.
Als der Strom langsam versiegte, strich er mit der flachen Hand über die Wunde und dankte dem Tier mit ein paar beschwichtigenden Worten für seine Großzügigkeit. Vollkommen erschöpft setzte er sich an seinen angestammten Platz unter die Palme und betete noch inbrünstiger als in den Tagen zuvor, dass endlich etwas geschehen möge. Vor seinem geistigen Auge manifestierte sich der türkisfarbene Nebel, der ihn an jenen Ort zurückbringen würde, der ihm einzig Rettung versprach. Aber als er sich mühsam erhob, um ihn zu berühren, musste er sich eingestehen, dass ihm sein Geist einen bösen Streich gespielt hatte.
Ein dumpfes, grollendes Geräusch ließ ihn zusammenfahren. Leider war es nicht Toms Maschine, die ihn erlöste, sondern das Fauchen eines wilden Tieres, das auch sein Kamel in Unruhe versetzte. Sofort |386| war Arnaud hellwach und sprang auf die Füße. Er zog sein Schwert und musterte aufmerksam seine Umgebung. Das Feuer war beinahe heruntergebrannt. Die unklare Situation ließ es ratsam erscheinen, mehr Holz aufzulegen und einen Stecken in eine brennende Fackel
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